Flörsheim: Nach dem Grasen wachsen völlig neue Kräuter auf den Wiesenflächen

Die Schafherde von Jeanette Klein ist per Vertrag für die Stadt im Einsatz.
Flörsheim -Die neuesten Mitarbeiter der Flörsheimer Grünpflege sind stets als Gruppe im Stadtgebiet anzutreffen. Sie machen keine Mittagspause und kennen das Wort Gehaltserhöhung nicht. Tatsächlich legen sie überhaupt keinen Wert auf finanzielle Entlohnung. Eine ordentliche Ladung Gras und ein paar Streicheleinheiten reichen ihnen völlig aus. Dafür stört sich auch niemand daran, wenn die gesamte Mannschaft ihre Notdurft mitten auf den Wiesen verrichtet. Dies gilt sogar als vorteilhaft. „So wird gleichzeitig noch gedüngt“, erläutert Schäferin Jeanette Klein. Ihr gehören die Tiere, die sich seit 2021 durch verschiedene Grünflächen fressen.
Die Schäferin hat sich vor zwei Jahren vertraglich mit der Stadt auf die Nutzung bestimmter Gebiete geeinigt. Spaziergänger und Wanderer können ihre Herden unter anderem am Mainufer und im Bereich des Regenrückhaltebeckens hinter dem Weilbacher Schloss antreffen. Dort tragen die Schafe durch ihr Fressverhalten zur natürlichen Grünpflege bei. Nach zwei Jahren der Zusammenarbeit ziehen beide Seiten ein zufriedenes Zwischenfazit. Die Erfahrungen der beteiligten Ämter seien durchweg positiv, teilt die Verwaltung auf Nachfrage mit. Auch andere Kommunen würden Interesse zeigen und im Rathaus nach den Erfahrungen mit dem Projekt fragen.
Die derzeit von den Schafen beweidete Fläche beträgt rund 72 000 Quadratmeter. Es handele sich um elf Teilflächen mit einer Größe zwischen 1500 und 19 000 Quadratmetern, heißt es aus dem Rathaus. Die Stadt spare durch die besondere Pflege Arbeitsstunden. Der Baubetriebshof müsse bei den erwähnten Flächen lediglich in geringem Maße nacharbeiten. Der Betrag, den die Schäferin für die Bereitstellung ihrer Tiere gezahlt bekommt, sei günstiger als der Einsatz der städtischen Grünpflegeteams, hatte Erste Stadträtin Renate Mohr (GALF) bereits vor einem Jahr erläutert. Nach Angaben aus der Verwaltung wird die Beweidung derzeit kontrolliert auf einzelne Streuobstwiesen ausgedehnt. Eine Fortsetzung sei gewünscht und geplant. Auch seitens der Bevölkerung werde die ungewöhnliche „Grünpflegekolonne“ sehr positiv aufgenommen.
Jeanette Klein hat die Erfahrung gemacht, dass ihre Schafe selbst hartnäckiges Gestrüpp, wie etwa Disteln, vertilgen. Darüber hinaus stellt die Schäferin fest, dass im Anschluss völlig neue Kräuter auf den Flächen wachsen. Dies liege daran, dass die Tiere Samen in ihrer Wolle mittragen, die sie beim Fressen verlieren. Neben den städtischen Wiesen setzt sie ihre Herden auf Flächen des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) ein. In diesem Jahr nahm die Schäferin außerdem erstmals mit einem Stand am „Tag der Erde“ in den Weilbacher Kiesgruben teil. Für die Zukunft plane sie Informationsveranstaltungen zum Thema Wolle, berichtet Jeanette Klein, deren tierisches Grünpflege-Team in den vergangenen Monaten gewachsen ist. 30 neue Lämmer seien in den vergangenen Monaten geboren worden. Damit besitzt Jeanette Klein mittlerweile über 70 Schafe und vier Ziegen.
Der Einsatz der wolligen Vierbeiner in der Nähe von öffentlichen Wegen verlief nicht immer reibungslos. Jeanette Klein erzählt vom Konflikt mit einer Hundehalterin, deren Malteser einen Stromschlag an einem der Elektrozäune entlang der Weiden abbekam. Außerdem sei ein Hund über einen Zaun des Winterquartiers an der Flörsheimer Warte gesprungen und habe Schafe verletzt. „Solche Zwischenfälle passieren“, sagt Jeanette Klein. Das sei zwar unangenehm, lasse sich aber nicht immer vermeiden. Aus Sicht der Flörsheimer Verwaltung haben sich die anfänglichen Schwierigkeiten mit Hundebesitzern nun gelegt. sas