Flörsheim: WWS moniert Aufhebung von Tempo 30

Kritiker halten Ergebnis der Verkehrszählung in der Raunheimer Straße für eine Farce.
Weilbach -Es geht hin und her in der Raunheimer Straße. Die Rede ist nicht etwa vom Verkehr, der in der Weilbacher Durchgangsstraße regelmäßig in beide Richtungen fließt. Nein, auf und ab geht es derzeit auch bei den Geschwindigkeitsregelungen. Obwohl sich die Stadt seit einiger Zeit für eine Tempo-30-Begrenzung in der gesamten Raunheimer Straße einsetzt, trat nun genau das Gegenteil ein. Am Freitag mussten die bestehenden Tempo-30-Schilder wieder abgehängt werden. Das skurrile daran: Schuld daran könnte die Corona-Pandemie haben.
Ein kurzer Rückblick: Obwohl die Raunheimer Straße von der Polizei nicht als Unfallschwerpunkt eingestuft wurde, wies die Stadt bei ihren Messungen immer wieder Geschwindigkeitsübertretungen nach - einige davon extrem. Teilweise waren Autofahrer innerhalb der Ortschaft mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde unterwegs. Da es sich um eine Landesstraße handelt, kann die Stadt die Höchstgeschwindigkeit nicht selbst festlegen. Im Jahr 2020 gab es schließlich grünes Licht für eine Tempo-30-Regelung im nördlichen Straßenabschnitt zwischen Alten Friedehof und Frankfurter Straße. Die Anpassung aus Lärmschutzgründen wurde als Maßnahme des Hessischen Lärmaktionsplans umgesetzt. Seither strebte die Verwaltung eine Ausweitung dieses Tempolimits bis zum Ortsausgang an der Jahnturnhalle an.
In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung kam allerdings die Überraschung: Bürgermeister Bernd Blisch (CDU) verkündete, dass die Stadt vom Regierungspräsidium (RP) angewiesen worden sei, die Tempo-30-Schilder abzuhängen, weil neueste Zahlen keine Überschreitung der Lärmgrenze mehr zeigen würden. Das kürzlich von Hessen Mobil veröffentlichte Ergebnis der bundesweiten Straßenverkehrszählung 2021 verzeichne einen Rückgang der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke von 5239 Fahrzeugen im Jahr 2015 auf nur 4852 Fahrzeuge im Jahr 2021. Der Flörsheimer Verwaltungschef ging davon aus, dass ein Rückgang des Durchgangsverkehrs während der Corona-Pandemie ausschlaggebend war. Anstatt das Tempo in der zweiten Straßenhälfte zu reduzieren, darf nun wieder durchgehend 50 gefahren werden.
Diese plötzliche Umkehr der erhofften Regelung, stößt bei einige Weilbachern auf Unverständnis - allen voran Vertreter der Vereins „Weilbach wehrt sich“ (WWS). „Anstatt sich mit den für die Weilbacher Umgehung nötigen Genehmigungen zu befassen, deren Bau die Diskussion um Tempolimits überflüssig machen würde, macht das RP den Anwohnern in der Raunheimer Straße das Leben schwerer und gefährlicher“, moniert WWS-Sprecher Werner Siebel.
Hinzu komme noch, dass Menschen, die entlang der Durchgangsstraßen B 519 und B 40 wohnen, einer permanenten Lärm- und Schadstoffbelastung ausgesetzt seien. WWS verweist auf eine Verkehrszählung aus dem Jahr 2021, die ergeben habe, dass der Lkw-Verkehr zwischen Weilbach und Eddersheim im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent zugenommen habe. Die Vereinsmitglieder können auch nicht verstehen, wieso einerseits bei den Neubauten neben der Jahrnturnhalle eine drei Meter hohe Lärmschutzmauer angeordnet wurde, während andererseits durch die Aufhebung der Tempo-30-Limits mehr Lärm zugelassen wird. „Wie passt das zusammen?“, fragt Werner Siebel.
Bürgermeister Bernd Blisch hielt in der Stadtverordnetenversammlung daran fest, dass die Stadt eigentlich Tempo 30 für die gesamte Raunheimer Straße anstrebe. Er hoffe auf die nächste Runde des Lärmaktionsplans. Vor nächstem Jahr werde es aber wohl keine Neuregelung eben, erläuterte der Verwaltungschef auf Nachfrage dieser Zeitung. Hoffnung, dass Raser gebremst werden, gibt es dennoch: Wie Bürgermeister Bernd Blisch mitteilte, sollen im April zwei neue Radarsäulen im südlichen Straßenabschnitt aufgestellt werden. sas