Wirbelschleppe beschädigt Dach
Es gehört fast schon zum Alltag in Flörsheim, dass im Norden und Nordosten der Stadt reihenweise Ziegel von den Dächern purzeln, wenn in niedriger Höhe Flugzeuge diese Bereiche überfliegen. Am Donnerstag war es wieder so weit.
Von SASCHA KRÖNER UND NIKLAUS MEHRFELD
Das Haus in der Riedstraße 75 ist eines der letzten Gebäude vor dem Feldrand im Flörsheimer Nordosten. In unmittelbarer Nähe zum Neuen Friedhof ist dies eigentlich eine ruhige Wohngegend. Seit der Eröffnung der Nordwest-Landebahn im Jahr 2011 düsen die im Landeanflug befindlichen Flugzeuge jedoch in niedriger Höhe über das Wohngebiet hinweg. Der Lärm der Turbinen ist dabei nicht die einzige Belastung für die Anwohner unter der Einflugschneise. Am Donnerstagnachmittag kam es in der Riedstraße zu einem Wirbelschleppen-Schaden.
Luftwirbel, die durch einen Überflug ausgelöst wurden, rissen ein Loch in das Dach und hinterließen im Hof ein Bild der Zerstörung. „Das ganze Haus hat gewackelt“, berichtet die 14 Jahre alte Alina Weindorf, die zum Zeitpunkt des Vorfalls zu Hause war. „Es klang so, als würde in weiter Ferne eine Bombe runterkommen“, erzählt das Mädchen. Nachdem sie gegen 14 Uhr den lauten Knall gehört hatte, lief sie sofort an die Tür. Ziegel waren vom Dach gerutscht und hatten eine Überdachung im Hof durchschlagen. Scharfkantige Teile des Plastiks hingen herab, während Trümmer von Ziegeln sowie weiteren Dachteilen mehrere Meter weit über den Hof verstreut lagen. Die Familie hatte großes Glück, dass sich zum Zeitpunkt des Vorfalls niemand vor dem Haus aufhielt. An der Stelle, an der die Tonscherben das Dach des Carports zerschlugen, stehe normalerweise das Auto der Familie, sagt Alina Weindorf.
Helga Reisz, Mitarbeiterin eines Flörsheimer Bestattungsunternehmens, bemerkte die Wirbelschleppe während einer Trauerfeier vom angrenzenden Friedhof aus. Zunächst sei ihr aufgefallen, dass sich ein Flugzeug in tiefem Anflug der Riedstraße näherte, sagt die Augenzeugin. „Ich habe mich noch gewundert, ob der schon hinter der Kapelle auf dem Friedhof landen will“, erzählt Helga Reisz. Dies sei gegen 13.58 Uhr gewesen.
Als sich die Flörsheimerin einen Moment später in Richtung der Glocke vor der Trauerhalle umdrehte, traute sie ihren Augen nicht. Sie sah, dass sich die Bäume am Rande des Friedhof bewegten, als sei eine heftige Sturmböe aufgekommen. Dann beobachtete sie, wie sich die Ziegel auf dem Dach des Wohngebäudes in der Riedstraße anhoben und klappernd vom Dach rutschten. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“
Die stärksten Argumente der Kläger
Vorfälle wie diese sind in der Zwischenzeit die stärksten Argumente der Stadt sowie des Vereins „Für Flörsheim“, die immer noch juristisch gegen den Planfeststellungbeschluss zum Flughafenausbau vorgehen. „Für Flörsheim“-Vorsitzender Hans-Jakob Gall war, sofort nachdem er von der Wirbelschleppe in der Riedstraße erfuhr, mit Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) an den Unglücksort geeilt.
Der erneute Schaden stärke die Argumente vor Gericht, weil die Klagen der Stadt und des Vereins unter anderem auf den Wirbelschleppen beruhen, erläutert Gall. Es werde dabei das Ziel verfolgt, dass besonders schwere Flugzeuge – sogenannte „Heavys“ – trotz des Programms zur Dachsicherung nicht fliegen dürfen. Doch dieses Ansinnen wurde von den Richtern in Kassel bereits zurückgewiesen.
Bürgermeister Michael Antenbrink ruft die Hauseigentümer in Flörsheim dazu auf, vom Dachsicherungsprogramm der Fraport Gebrauch zu machen. „Der Vorfall zeigt erneut, wie wichtig es ist, die Dächer klammern zu lassen und damit mögliche Schäden zu verhindern“, sagt Antenbrink.