1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Taunus

Tragischer Unfall auf A66: Ermittlungen decken neue Details zu „illegalem Autorennen“ auf

Erstellt:

Von: Sabine Schramek

Kommentare

Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghini verlor die Kontrolle über sein Auto. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der A66 bei Hofheim aus.
Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghini verlor die Kontrolle über sein Auto. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der A66 bei Hofheim aus. © Privat

Tödlicher Unfall auf der A66 bei Hofheim: Eine Frau stirbt in einem brennenden Skoda. Der Verdacht eines illegalen Autorennens besteht – neue Details kommen ans Licht.

Hofheim/Frankfurt – Um den fatalen Unfall am frühen Samstagnachmittag des 10. Oktober auf der A66 letzten Jahres ist es still geworden. Eine Schlagzeile jagte die nächste, nachdem eine 71-jährige Frau in ihrem weißen Skoda verbrannt ist, zwei weitere Menschen verletzt wurden, ein Lamborghini zu Schrott ausgebrannt ist und weitere Wagen zu Schaden kamen. Die Politik mischte sich ein, noch bevor die Staatsanwaltschaft richtig anfangen konnte zu ermitteln. Der Tatvorwurf „Mordverdacht“ gegen drei von 12 Männern, die rasante Sportwagen fuhren, wurde wenige Tage später wieder fallen gelassen. Die Empörung war groß. Auch in der Politik. Dann wurde es leise. Sehr leise. Ermittelt wird seither wegen fahrlässiger Tötung gegen einen Pfarrer. Der Verdacht eines illegalen Autorennens besteht weiterhin.

An einem sonnigen Herbsttag am 10. Oktober 2020 auf der A66 bei Hofheim war es zu einem verheerenden Unfall gekommen*. Ein Dutzend Sportwagen hatten sich bei einer sogenannten „Ride along“-Tour bei einem Veranstalter angemeldet, die von Kelkheim 170 Kilometer weit durch den Taunus in die Klassikstadt nach Fechenheim führen sollte. Fahrer aus ganz Deutschland trafen sich zum Frühstück und wollten am frühen Nachmittag nach einer Ausflugsfahrt durch den Taunus in Frankfurt sein. Die Kolonne fiel auf den Straßen auf wie bunte Hunde. Sehr laute Motoren und schnittige Wagen teuerster Fabrikate, die man selten als ganzes Dutzend sieht oder hört, waren unterwegs.

Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghini verlor die Kontrolle über sein Auto. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der A66 bei Hofheim aus.
Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghini verlor die Kontrolle über sein Auto. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der A66 bei Hofheim aus. © Privat

Katastrophe auf der A66 bei Hofheim: Frau stirbt in brennendem Skoda

Um 13.23 Uhr geschah die Katastrophe. Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghinis verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der Autobahn aus. Während sich der Mann aus dem Sportwagen gerade noch vor den Flammen retten konnte, kam die 71-jährige Fahrerin in ihrem Wagen zu Tode.

„Illegales Autorennen, Mord aus niedrigen Beweggründen“ lauteten die Schlagzeilen. Es hieß, dass zwei Lamborghini und ein blauer Porsche sich ein illegales Rennen lieferten und es deswegen zum tödlichen Unfall kam. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) äußerte sich und forderte in der FAZ „harte Strafen“. Der Rechtsrahmen müsse ausgeschöpft werden, auch um potenzielle Nachahmer abzuschrecken. „Wer so egoistisch und rücksichtslos das Leben seiner Mitmenschen gefährdet, hat nichts hinter dem Lenkrad eines Sportwagens zu suchen, sondern gehört hinter Schloss und Riegel.“

Tödlicher Unfall auf der A66: Drei Männer festgenommen

Der vermeintliche Unfallfahrer wurde noch im Krankenhaus festgenommen, der Porschefahrer stellte sich kurze Zeit später. Der Fahrer des weißen Lamborghinis wurde sechs Monate später gefasst und ist ebenfalls wieder auf freiem Fuß. Die weiteren Teilnehmer der „Ride Along“-Tour blieben straffrei. Ihnen wird nichts vorgeworfen. Auch kein illegales Autorennen.

Fünf Tage lang blieben der damals 26-jährige Fahrer des blauen Porsche und der jetzt 30-jährige Fahrer des olivfarbigen Lamborghinis in Untersuchungshaft, bevor sie wieder das Gefängnis verlassen durften. Sie kamen raus, weil ein Video eines Augenzeugen aufgetaucht war. Es zeigt genau den Moment des Unfalls. Ein orange-roter Opel wechselt ohne zu blinken von der mittleren Fahrspur auf die linke. Dabei rammt er den ihn überholenden Lamborghini hinten rechts, drückt ihn in die Leitplanke und beide Wagen schleudern quer über die Fahrbahn.

Fahrer von Sportwagen aus ganz Deutschland trafen sich zu einer Ausflugsfahrt durch den Taunus nach Frankfurt.
Fahrer von Sportwagen aus ganz Deutschland trafen sich zu einer Ausflugsfahrt durch den Taunus nach Frankfurt. Dann passierte auf der A66 das Unglück. © Privat

Opel-Fahrer könnte tödlichen Unfall auf der A66 bei Hofheim verursacht haben

Am 19. Oktober 2020 hatte die Staatsanwaltschaft erklärt, dass offenbar ein „noch Unbekannter“ aufgrund eines Manövers für den Unfall verantwortlich sei. Das Fahrzeug sei zum Überholen von der Mittelspur nach links ausgeschert, in Folge sei der Sportwagenfahrer in die Mittelleitplanke und danach in einen weiteren Wagen gekracht. Während Beuth keine weiteren öffentlichen Kommentare machte, meldete sich in der „Bild“-Zeitung der Hessische Landtagsabgeordnete Ismail Tipi (CDU) zu Wort. „Ich kann die Entscheidung unserer Gerichte nicht verstehen. Hier ist eine Frau verbrannt. So schnell dürfte der, der es verursacht, nicht freikommen“, kommentierte er trotz des Ermittlungsergebnisses der Staatsanwaltschaft.

Der Fahrer des Opels, der unvermittelt und ohne zu blinken auf die linke Spur zog, ist ein evangelischer Pfarrer aus Hessen. Bei dem tödlichen Crash wurde auch er verletzt. Gegen den Mann ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. Offenbar ist er bis heute im Besitz seines Führerscheins.

Lamborghini-Fahrer bestreitet Vorwurf des illegalen Autorennens auf der A66 bei Hofheim

Bereits im Krankenhaus hatte der Lamborghini-Fahrer vehement bestritten, dass die Sportwagenfahrer Rennen gefahren sind. Stattdessen erinnerte er sich daran, beim Überholvorgang auf der linken Spurt hinten rechts touchiert und dadurch gegen die Leitplanke gedrückt worden zu sein, bevor er ins Schleudern geriet. Direkt aus dem Krankenhaus kam er in Untersuchungshaft.

Auch der Porschefahrer kam ins Gefängnis. Nach fünf Tagen ließ sich der Mordverdacht nicht mehr halten. Morddrohungen gab es hingegen jede Menge. Nicht von den Fahrern, sondern vor allem gegen den Lamborghini-Fahrer, der als Influencer 1,1 Millionen Follower auf seinen Social-Media-Accounts hatte und dessen Name bundesweit durch die Presse lief. Er musste seine Accounts stilllegen. Mehr als 20.000 Hasskommentare, Drohungen und Beschimpfungen sind bei ihm eingegangen. Juristisch bleibt der Verdacht wegen eines mutmaßlichen illegalen Autorennens bestehen. Die Führerscheine der Sportwagenfahrer sind weiterhin eingezogen. Beide waren vorher polizeilich nicht aufgefallen.

Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghini verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der A66 aus.
Der damals 29 Jahre alte Fahrer eines olivfarbigen Lamborghini verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Kurz danach standen sein Wagen und ein weißer Skoda in Flammen, brannten komplett auf der A66 aus. © 5vision.media/dpa

Tödlicher Unfall auf der A66 bei Hofheim: Frau im Skoda kann nicht mehr geholfen werden

Ein Video zeigt sogar, wie Lamborghini-Fahrer, der gerade noch den Flammen in seinem Wagen entkommen kann, verletzt und humpelnd zu einem Polizisten an die Stelle läuft, an dem der Skoda brennt. Er ruft gestikulierend, dass sich in dem Wagen noch ein Mensch befindet. Der Frau zu helfen war wegen der Hitze und der riesigen Flammen unmöglich. Die Ermittlungen dauern an. „Ob, gegen wen und wegen welches Vorwurfs Anklage erhoben wird erst mit Abschluss der Ermittlungen entschieden“, erklärt die Staatsanwaltschaft. (Sabine Schramek) *fnp.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion