Das Gremium der Etablierten

Der Polit-Nachwuchs im Kreis hat mächtig für sich geworben. Die Wähler haben es nicht honoriert.
Sie haben viel Energie in den Wahlkampf gesteckt, eigene Kampagnen kreiert und sie wollten ihre Themen stark machen (wir berichteten). Ein Ziel hat sie parteiübergreifend geeint: Sie wollten, dass möglichst viele junge Menschen in den Kreistag einziehen. Doch das hat nicht wirklich funktioniert, wie der Blick auf die Wahllisten zeigt, nachdem sie von den Wählern auf ihren Endstand umgemodelt worden sind.
Für die Junge Union hatte der erst 18-Jährige Fabian Beine, Jurastudent aus Kelkheim, eine eigene Kampagne entworfen. Auf Platz 40 war er von seiner Partei gesetzt worden. Nach all der Plackerei steht er da nun immer noch. Dennoch sagt er: „Die Mühe war auf keinen Fall vergebens.“ Jenseits des Wahlergebnisses habe sie für die äußere und die innerparteiliche Wahrnehmung viel gebracht. Schönreden, sagt der Jung-Politiker, wolle er das aber nicht. Er selbst habe ja immerhin noch seinen Platz gehalten, sagt Beine. Seine Mitstreiter Frederic Schneider (von Platz 10 auf 17) und Sebastian Brekner (von 44 auf 50) rutschten dagegen runter statt rauf. Aber im Kreis gebe es eben viele „die schon seit 50 Jahren durch die Städte und Gemeinden tingeln“ und einfach bekannter seien. Für Beine ist damit klar: Wenn die Partei die Jungen wirklich dabei haben wolle, müsse sie ihnen mit guten Listenplätzen helfen.
Auch Juso Christian Matz ist nicht unzufrieden, obwohl er von Platz 5 auf 10 gerutscht ist. „Wenn ich mir ansehe, wer an mir vorbei ist: Das sind alles Bürgermeister oder frühere Bürgermeisterkandidaten.“ Dass die prominenter seien, sei keine Frage. Das Ziel der Jusos sei zudem zumindest in der Hinsicht erreicht, dass mit ihm selbst und Jessica Weber (von Platz 13 auf 16) zwei aktive Jusos Sitz und Stimme haben.
Der Grüne Lukas Schauder sagt, er sei „sehr glücklich“, es mit Platz 9 (vorher 8) in den Kreistag geschafft zu haben. „Es ist schließlich meine erste Kandidatur und es liegt in der Natur der Sache, dass man da nicht so bekannt ist.“ Auch die Energie, die er in die Kampagne der Jungen Grünen gesteckt hat, hält er für gut investiert. „Viel traffic auf unserer Facebook-Seite“ lasse auf neue Mitglieder hoffen.
Für die Jungen Liberalen hat es Kilian Karger (Platz 21, vorher 20) nicht in den Kreistag geschafft. Er sei trotzdem „vollkommen zufrieden“, sagt der Hofheimer, denn sein Hauptziel, den Einzug in die Stadtverordnetenversammlung, habe er erreicht. Und im Wahlkampf habe er auf seine Kandidatur viel positives Echo erhalten.
Und die Etablierten? Bei den Grünen, der FWG, der FDP und der AFD sind die Plätze von denen besetzt worden, die laut Liste dafür vorgesehen waren, wenn auch mit minimalen Verschiebungen. Das Hofheimer FWG-Urgestein Bodo Tadewald machte aber einen Sprung von Platz 13 auf 6 und ist nun erster Nachrücker seiner Partei.
Die Linke hat einen neuen Star: Dr. Barbara Grassel (früher SPD) holte die meisten Stimmen. Bei der SPD machten vor allem die Bürgermeisterinnen Antje Köster (von 8 auf 5) und Christiane Augsburger (von 11 auf 6) Plätze gut, den größten Sprung schaffte aber der Hattersheimer Dr. Philipp Neuhaus(12 statt 24).
Gar um 14 Plätze nach oben stieg Hofheims Erster Stadtrat Wolfgang Exner bei der CDU (von 25 auf 11). 10 Plätze nach vorn schoben die Kumulierer den in Eschborn als Bürgermeister vor zwei Jahren abgewählten Wilhelm Speckhardt. Hattersheims Bürgermeisterkandidat Klaus Schindling (von 23 auf 14) und Hofheims Stadtverordnetenvorsteher Wolfgang Vater (von 35 auf 27) stiegen ebenfalls auf, während der Kreistagsvorsitzende Wolfgang Männer aus Kelkheim 5 Plätze verlor. Der ganz besondere Knalleffekt: Tanja Seitz, Ehefrau des Krifteler Bürgermeisters, machte 23 Plätze gut und landete damit noch vor dem Hofheimer CDU-Chef Christian Vogt auf Platz 30, der dritten Nachrücker-Position.