Hattersheim: Ein Vorbild gab es vor zehn Jahren

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen engagierte sich schon damals für erneuerbare Energien und fordern nun "mehr Nachhaltigkeit im Bausektor".
Hattersheim -Zweifellos gehört die einstige Rosenstadt zu den prosperierenden Kommunen im Rhein-Main-Gebiet, wenn es um die wirtschaftlich Entwicklung geht. Zugleich damit einhergehend sind die Anforderungen, die Umwelt trotzdem möglichst nicht zu beeinträchtigen, nicht nur im Hinblick auf die CO 2-Vorgaben begrenzt. So stellt sich für die Kommunalpolitiker die Frage, wie sie die Quadratur des Kreises bewerkstelligen, die sie sich zum Beispiel beim Bau von Wohnungen stellt. Denn kein Bauvorhaben kommt beispielsweise ohne eine versiegelte Fläche oder ohne Energieverbrauch aus. Doch die Schaffung von neuem Wohnraum wird als dringend angemahnt, das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm der rot-grün-gelben Bundesregierung verdeutlicht dies. Sowohl bei der Versiegelung von Grund und Boden wie auch bei der Energieversorgung verstärkt das Minimieren - weniger Versiegelung sowie Energieverbrauch.
In Hattersheim sollen die Rechenzentren dazu beitragen, dass die in den Gebäuden nicht benötigte Energie umgeleitet und damit an anderer Stelle effizient genutzt wird. Über Monate hinweg hatte Bürgermeister Klaus Schindling (CDU) mit den Betreibern des Rechenzentrums an der Voltastraße darüber Gespräche geführt und verhandelt. Das Ergebnis ist bekannt: Die Abwärme aus den benachbarten Rechenzentren-Gebäuden wird für ein neues Baugebiet in der Nachbarschaft zur Wärmeversorgung genutzt.
Das Vorhaben wurde nun noch einmal von den Grünen thematisiert. Die Hattersheimer Grünen stellen in diesem Zusammenhang die Frage: "Wie steht es nun um die CO 2-Neutralität in unserer Stadt?" - und geben sich selbst die Antwort dazu. "Hattersheim hat die besten Voraussetzungen eine Vorbildrolle einzunehmen", ist sich die Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Nathalie Ferko, sicher. Neue Baugebiete könnten CO 2-neutral errichtet werden, meint die Fraktionssprecherin weiter. Denn durch die neuen Rechenzentren, die sich in Hattersheim angesiedelt haben und weiter ansiedeln werden, könne "Ökologie und Ökonomie verknüpft werden und die Abwärme zur Beheizung der Wohnhäuser genutzt werden". Allerdings brauche "es klare Ziele und verbindliche Vorgaben von den Verantwortlichen der Stadt Hattersheim". Deshalb seien die Grünen "hoffnungsvoll, dass nun unseren Forderungen, die Abwärme zu nutzen, ernsthaft nachgegangen wird". Die Hoffnung hat sich in der Zwischenzeit bereits erfüllt, wie Rathauschef Klaus Schindling vor einigen Wochen bereits bekannt gab.
Die ehemalige hauptamtliche Erste Stadträtin von Hattersheim, Karin Schnick (Grüne), sieht in diesem Zusammenhang beim Thema CO 2-Neutralität die Chance, "das gute Image der Stadt Hattersheim als ,Energiekommune' wieder zu beleben". Vor genau zehn Jahren erhielt Hattersheim nämlich diese Auszeichnung. Die ehemalige Erste Stadträtin meint dazu weiter: "Technisch hat sich seitdem viel getan und auch immer mehr Menschen wollen sich aktiv beteiligen. Die Bevölkerung ist oft weiter als die Politik."
"Energie-Kommune des Monats"
Vor über zehn Jahren ging es darum, die Photovoltaik sowie die Solarthermie zu nutzen sowie eine dezentrale Versorgung mit Hilfe von erneuerbaren Energien über Strom- und Nahwärmenetze zu gewährleisten, die von Blockheizkraftwerken gespeist werden. Als die Stadt in den neunziger Jahren im Zuge der Liberalisierung des Strommarkts begann , die Versorgungsnetze der Stadt zu rekommunalisieren, war dies dem bis dahin zuständigen Energieversorgungsunternehmen, der Süwag, einer Tochter der RWE, gar nicht recht. Und da die Stadtverwaltung keinerlei Erfahrungen mit Versorgungsnetzen sowie den Rechtsvorschriften hatte, holte sie sich Rat von anderen Kommunen und kommunalen Unternehmen. Die ersten Leitungen wurden dann in einem Baugebiet verlegt, das noch nicht fertig erschlossen war. Die Straßen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich. Somit konnte das Konzessionsrecht der Energieversorgungsunternehmen umgangen werden. Als gelungener Schachzug entpuppte sich die Entscheidung der Verwaltung, das gleiche Unternehmen mit der Herstellung des sogenannten Areal-Netzes zu betrauen, die auch für die Süwag die Netzverbindungen herstellte. Somit kam der gleiche Standard zum Einsatz und ein eventueller Verkauf des Netzes an Süwag wäre im Notfall möglich gewesen. Nach langwierigen Verhandlungen hatte die Süwag dann die Betriebsführung des Netzes übernommen, die Stadt blieb Eigentümerin der Leitungen. Derzeit sind nach Angaben der Verwaltung rund 600 Wohneinheiten an das Areal- und das Nahwärmenetz angeschlossen.
Übrigens weisen die Grünen auf den - inzwischen schon historisch zu nennenden - Internet-Eintrag zur damalige Auszeichnung hin. Er ist unter "Energie-Kommune des Monats: Hattersheim - Agentur für Erneuerbare Energien (unendlich-viel-energie.de) abrufbar. red