Hattersheim: Neustart „von Null auf Hundert“ an zwei Tagen

Riesenandrang bei den 32. Klassikertagen: Zehntausende Besucher und 2500 Oldtimer.
Hattersheim -Zögerlich schlich ein Junge um den weißen Oldtimer, der auf der Wiese neben dem Stadtweiher geparkt war. Das Kind beäugte den Wagen mit der Nummer 53 von allen Seiten, bevor es sich traute, den Besitzer anzusprechen. „Lebt der Herbie wirklich“, wollte der junge Besucher der Klassikertage wissen. Eigentümer Jörg von der Marwitz schmunzelte. „Ich hab schon mal das Lenkrad losgelassen, aber von selbst fahren kann er nicht“, erklärte der Oldtimerfreund, der leuchtende Kinderaugen gewohnt ist, seit er seinen VW Käfer, Baujahr 1963, im Stil des Filmautos „Herbie“ gestaltet hat.
Jörg von der Marwitz hat seinen Käfer am Wochenende zum ersten Mal nach Hattersheim „ausgeführt“. Er besitze den Wagen seit drei Jahren und habe die Komplett-Überarbeitung im vergangenen Jahr abgeschlossen, erzählte der Teilnehmer. Genau in diesem Zeitraum setzten die Hattersheimer Klassikertage aus. Das etablierte Oldtimertreffen pausierte drei Jahre lang wegen der Corona-Pandemie. Nun feierte die Stadt mit der 32. Auflage die Fortsetzung der Großveranstaltung. Auch für Jörg von der Marwitz war die Rückkehr ein Neustart. Früher sei er mit großen amerikanischen Karossen zu den Klassikertagen gefahren, berichtete der Autoliebhaber. Aus dieser Szene habe er sich mittlerweile jedoch verabschiedet. Der Käfer sei „volkstümlicher“ und komme besser bei den Besuchern an.
Ursprünglich erwarb Jörg von der Marwitz den Wagen aus nostalgischen Gründen. „Ich wollte einen Käfer, wie meine Mutter einen hatte“, erklärt der Hobby-Schrauber. Erst beim Restaurieren sei ihm dann die Idee gekommen, das Modell mit dem Schiebedach in das Filmauto „Herbie“ zu verwandeln. Zum Rennwagen wurde der 34 PS starke Käfer damit aber höchstens optisch. „Von null auf hundert in einem Tag“, sagt der Oldtimer-Fan lachend. Wichtig war es dem Teilnehmer der Klassikertage, am Wochenende die richtige Kulisse zu haben. Er sei extra um 9 Uhr angereist, um einen Platz direkt am Weiher zu bekommen, erzählt Von der Marwitz. „Wo hat man das schon, dass man mitten im Park stehen darf?“, fragt der Käfer-Fahrer.
„Herbie“ war nicht der einzige ungewöhnliche Rennwagen, der die Blicke im Veranstaltungsgelände auf sich zog. Gleich auf der anderen Seite des Weihers hatte Wolfgang Jenner einen unübersehbaren Stellplatz für seinen Citroen 2 CV gefunden. Bei dem umgangssprachlich als Ente bekannten Wagen handelte es sich nicht um ein alltägliches Modell. Auf der Motorhaube glänzte die Nummer 80, während die beiden Frontscheinwerfer mit Gittern gegen Steinschlag geschützt waren. Der Kfz-Meister hat den französischen Pkw so umgebaut, dass er der Ente entsprach, die an der Rallye Paris - Dakar teilnahm. Jenner berichtete, dass er den kleinen Oldtimer seit drei Jahrzehnten besitze und schon mehrmals in Hattersheim zu Gast gewesen sei. An Wüstenrennen hat der Autoexperte zwar noch nicht teilgenommen - dennoch ist er mit seinen Fahrzeugen viel gereist. Er habe schon Enten-Treffen in Kroatien, Schottland und Portugal besucht, erzählt das Mitglied des Enten-Stammtischs Rhein-Lahn. Zeitweise seien sogar mehrere Familienmitglieder mit jeweils eigenen Enten angereist. Die nächste Generation steht mittlerweile in den Startlöchern: Am Samstag hatte Wolfgang Jenner seine Enkel auf dem Rücksitz dabei.
Auf städtischer Seite herrschte große Zufriedenheit über die 32. Klassikertage. Die Oldtimer würden bis über die Grenze des Veranstaltungsgebiets hinaus stehen, berichtete Klimaschutzmanager Andreas Flettner. Natascha de Coster vom Hattersheimer Kulturforum schätzte die Gesamtteilnehmerzahl auf 2500 Fahrzeuge. Diese sei mehr, als sich die Organisatoren von der Rückkehr der Veranstaltung erhofft hatten. sas