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Hattersheim: Von Land, Leuten und Gastfreundschaft begeistert

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Im Jahr 2019 entstand das Foto, auf dem Caspari mit Vertretern der Verwaltung auf der Insel Santiago zu sehen ist. FOTO: Privat/Caspari/
Im Jahr 2019 entstand das Foto, auf dem Caspari mit Vertretern der Verwaltung auf der Insel Santiago zu sehen ist. © Privat/Caspari

Bernd Caspari und seine Frau Barbara haben die Partnerschaft mit den Kap Verden am Leben erhalten.

Okriftel -Bernd Caspari besitzt viele Andenken, Fotos und Reiseführer der Inselgruppe Kap Verde. Am eindrücklichsten unterstreicht jedoch eine Landkarte die Begeisterung des Okriftelers für den westafrikanischen Staat. Die Kartenansicht der neun bewohnten Inseln ist mit roten Stecknadelköpfen übersäht, die wie kleine Pilze aus der Karte sprießen. Die auffälligen Punkte markieren alle Orte, die Caspari in den vergangenen drei Jahrzehnten besucht hat.

Seit die Stadt Hattersheim im Jahr 1989 eine Partnerschaft mit der Region Santa Catarina auf der Insel Santiago einging, gehören die Casparis zu den leidenschaftlichsten Unterstützern. Nach Sarcelles in Frankreich und Mosonmagyaróvár in Ungarn ist Santa Catarina die am weitesten entfernte Partnerschaft Hattersheims. Rund 5000 Kilometer liegen zwischen der Mainstadt und der Inselgruppe vor der Westküste Afrikas.

Die Hattersheimer Verwaltung hatte Anfang dieses Monats in den Alten Posthof eingeladen, um Interessierte zu finden, die den Austausch mit den Partnerstädten wiederbeleben. Kontakte waren durch Sparmaßnahmen im Zuge der Hattersheimer Haushaltskonsolidierung und durch Corona eingeschlafen. Bernd Caspari nahm dies zum Anlass, um von seiner langjährigen Erfahrung mit Kap Verde zu berichten.

„Meine Frau und ich haben uns in das Land und die Menschen verliebt“, erklärt der Okrifteler Schreinermeister. Bereits 20 Mal nahm das Paar die rund sechsstündige Flugreise auf sich - zuletzt im Jahr 2019, anlässlich des 30. Geburtstags der Verschwisterung. Die Casparis haben bereits alle neun Inseln besucht und im Lauf der Jahre viele Freundschaften geschlossen. Die ehemalige portugiesische Provinz Kap Verde erlangte im Jahr 1975 ihre Unabhängigkeit. 1989 entschloss sich Hattersheim zur Partnerschaft mit Santa Catarina. Dabei habe der Gedanke, südliche Länder in ihrer Entwicklung zu stärken, eine Rolle gespielt, erinnert sich Caspari. Hattersheim habe eine Unterstützung von einer Mark pro Einwohner zugesagt, was auf einen jährlichen Betrag von 20 000 Mark hinauslief. Die finanzielle Unterstützung sei von Anfang an wichtig gewesen, weil die Inseln über keinerlei Bodenschätze verfügten. Als Hattersheim zur Schutzschirmkommune wurde, fiel diese Unterstützung weg.

Gleich im ersten Jahr der Partnerschaft machte sich Caspari ein persönliches Bild von der befreundeten Region. Der damals kommunalpolitisch aktive Okrifteler reiste mit einer Hattersheimer Abordnung auf die Insel Santiago. Der 82-Jährige erinnert sich noch gut daran, dass mehrere Teilnehmer der Verschwisterungsfeier ihren Aufenthalt spontan verlängerten, weil sie so begeistert vom Land und der Gastfreundschaft waren. All dies täuschte aber nicht über offensichtliche Probleme hinweg: Unter anderem seien Schulbildung und medizinische Versorgung sehr rückständig gewesen. „In größeren Städten gab es eine Sozialstation, wo alle 14 Tage ein Arzt vorbei kam“, berichtet Caspari. Außerdem hätten die Bewohner wenige Verdienstmöglichkeiten auf den Inseln gehabt. Zwei Drittel der Bevölkerung würden außerhalb leben.

Der Schreinermeister hat private Hilfsprojekte angestoßen und unterstützt. Unter anderem setzte er sein handwerkliches Geschick ein, um Kindern eine Schaukel zu bauen. Andere Bitten gab er weiter - etwa die Sorge von Fischern, die nur Ruderboote für ihre Arbeit hatten. Die evangelische Gemeinde aus Okriftel habe daraufhin einen Außenbordmotor finanziert. „Mein Prinzip war immer, dass ich direkt mit den Menschen in Verbindung komme“, erzählt Bernd Caspari. Oft habe er auf seinen Reisen einen Koffer mit Kleidung dabei gehabt, die er den Menschen in Santa Catarina überreichte. Viele Jahre lang sei ein Sportplatz der größte Wunsch der jungen Bewohner gewesen. Mittlerweile sei das Spielfeld in der Stadt Assomada gebaut worden, erzählt Caspari, der zur Fertigstellung Fußbälle mitbrachte. Der Okrifteler hat auch gelernt, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen Unterstützung wünschen. Auf Santiago kenne man auch die Rebelados - zurückgezogen lebende Gemeinschaften, die Reformen der katholischen Kirche aus den 1940er Jahren ablehnen und eine traditionelle Lebensweise pflegen.

In den vergangenen Jahren habe der Tourismus als Geschäftsmodell zugenommen - vor allem auf der Insel Sal, die den internationalen Flughafen von Kap Verde beherbergt. Aus Sicht von Bernd Caspari hat dies nicht nur Vorteile: „Das Urtümliche hat mir besser gefallen“, sagt der 82-Jährige.

Bungalows, in denen er schon mehrfach einkehrte, seien mittlerweile mit Mauern abgeschirmt. „Man hat die Einheimischen auf Distanz gehalten“, erläutert der Kenner der Region. Bei seinem jüngsten Besuch im Jahr 2019 überbrachte er Stofftaschen aus Hattersheim, um die Verantwortlichen in Santa Catarina für Alternativen zu Plastik zu sensibilisieren. Abfall, der vom Wind über die Insel geweht werde, sei ein großes Problem, weiß Caspari.

Ob der Anstoß aus der Partnerstadt tatsächlich Anklang auf Santiago finden wird, kann er nicht sagen. „Aber zumindest muss man aufzeigen, wie es geht“, meint der langjährige Unterstützer und Freund der Region. sas

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