Hattersheim: Yaskawa setzt auf Expansionskurs

Technologie-Unternehmen mit Milliarden-Umsatz stellt neue Europazentrale mit 220 Mitarbeitern vor.
Hattersheim -Es war kein roter, sondern ein blauer Teppich, über den zahlreiche Gäste den Weg in die neueste Gewerbeimmobilie an der Philipp-Reis-Straße fanden. Blau ist die Farbe des Technologielieferanten Yaskawa. Sowohl der Firmenschriftzug, als auch zahlreiche von Yaskawa produzierte Geräte erstrahlen in der kühlen Farbe, die vielerorts mit Innovation und Harmonie gleichgesetzt wird. Gestern eröffnete das international erfolgreiche Unternehmen seine neue Europa-Zentrale im Hattersheimer Industriepark.
Dass mit Yaskawa kein kleiner Betrieb in der Kommune heimisch geworden ist, wurde schon in der Empfangshalle deutlich, wo geladene Kunden in einem mehrsprachigen Stimmengewirr diskutierten, bevor sich die Türen zum - ebenfalls blau ausgeleuchteten - Schauraum öffneten. Auf dem Programm stand ein „Technologietag“, in dessen Verlauf Experten der Automatisierungsbranche über technologische Herausforderungen referierten. Neben Geschäftspartnern aus ganz Europa waren Vertreter des japanischen Mutterkonzerns zur Auftaktveranstaltung in Hattersheim angereist - darunter der seit März im Amt befindliche Yaskawa-CEO Masahiro Ogawa.
Das vor über hundert Jahren in Japan gegründete Unternehmen hat sich auf die Bereiche Robotik sowie Antriebs- und Steuerungstechnik spezialisiert. Marketing-Direktor Armin Schlenk erläuterte, dass von Yaskawa produzierte Roboter unter anderem in der Produktion von Smartphone-Teilen zum Einsatz kommen. Antriebssysteme des Unternehmens finden derweil in Rolltreppen und Aufzügen Verwendung. Die Produktspanne reicht von Frequenz-Umrichtern über Servoantriebe und -motoren bis zu Steuerungssystemen sowie Chip-Technik. Der heute übliche Begriff „Mechatronik“ gehe auf Systeme zurück, die Yaskawa 1969 entwickelte, erklärte der Unternehmenssprecher. Im vergangenen Geschäftsjahr habe Yaskawa einen Umsatz von rund 3,7 Milliarden Euro erzielt.
Mit der Ansiedlung in Hattersheim setzt Yaskawa seine Expansionsstrategie fort. Der neue Firmensitz fungiert als Hauptquartier für ein riesiges Einzugsgebiet, das die Firma mit EMEA abkürzt. Gemeint sind Europa, der Mittlere Osten und Afrika. Insgesamt 220 Mitarbeiter sollen ab sofort auf dem Anwesen an der Philipp-Reis-Straße tätig sein. Es sei bei Bedarf durchaus möglich, die Büroflächen auf bis zu 300 Arbeitsplätze zu erweitern, erklärte Bruno Schnekenburger, Vorstandsvorsitzender Yaskawa Europe. Der Technologie-Vorreiter ist mit seiner Zentrale von Eschborn nach Hattersheim umgezogen. Auf der Suche nach einem neuen Standort habe man zunächst auch in Eschborn gesucht, so Schnekenburger. Den Ausschlag für Hattersheim habe letztlich die gute Anbindung des Industrieparks sowie die Nähe zum Flughafen gegeben.
Außerdem hätten sich die Hattersheimer Verwaltung und Wirtschaftsförderer Alexander Schwarz sehr aktiv für das Unternehmen eingesetzt. Kein Wunder: Sicherlich dürfte die Ansiedlung der internationalen Yaskawa-Zentrale ein beachtliche Summe an Gewerbesteuer in die Stadtkasse spülen. Yaskawa hat sich für seine EMEA-Vertretung nicht irgendeinen beliebigen Firmensitz an die Philipp-Reis-Straße gestellt: Herzstück des vierstöckigen Gebäudes ist ein moderner „Show Room“, der für Präsentationszwecke genutzt werden kann. Über diesem „Vorführraum“ befindet sich ein großzügiger Innenhof, an dessen Seiten die Büros der oberen Stockwerke grenzen. Die Gesamtbürofläche umfasst 3450 Quadratmeter.
Zudem beherbergt die Zentrale das europäische Yaskawa-Schulungszentrum auf 1150 Quadratmetern sowie ein Innovationszentrum mit 206 Quadratmetern. Kunden aus dem gesamten Einzugsgebiet sollen in Hattersheim im Umgang mit den verfügbaren Technologien geschult werden. Außerdem strebt Yaskawa eine Kooperation mit der benachbarten Heinrich-Böll-Schule an. Das Unternehmen stehe bereits in enger Verbindung zur Schulleitung, erklärte Armin Schlenk, der die Hoffnung äußerte, dass die Begeisterung für technische Berufe durch Einführungen in die Roboter-Steuerung geweckt werden könne. „Wir wollen junge Menschen an Technik heranbringen“, betonte Bobbie Linkenbach, Präsident der Drives Motion Control Abteilung. In Hattersheim liege dies aufgrund der räumlichen Nachbarschaft zur Heinrich-Böll-Schule besonders nahe.
Innovativ zeigt sich der Roboterproduzent auch bei der Technik, die in dem neuen Gebäude steckt. Yaskawa hat seinen Europasitz als höchst energieeffizienten Bau konzipiert. Verschiedene Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Zentrale den Energieeffizienz-Standard KfW 40 erfüllt. Durch eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach können 40 Prozent der benötigten Energieversorgung abgedeckt werden. Weiterhin setzt Yaskawa auf moderne Klimatechnik in den Büroräumen sowie stromsparende LED-Leuchten. Die Wärmeerzeugung des Gebäudes läuft über eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Von den 175 Parkplätzen im eigenen Parkhaus verfügen 40 über Lade-Anschlüsse für Elektroautos.
Yaskawa hat das Grundstück in Hattersheim im Jahr 2019 erworben und im Sommer 2021 den Baubeginn gefeiert. Im vergangenen Monat konnte das neue Domizil bezogen werden. Als nächste Investition in Deutschland plant das Unternehmen die Erweiterung seiner Produktionsanlagen in Allershausen. sas