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Rechenzentren: Kein neues Lärmgutachten, aber ein Versprechen des Betreibers

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Unweit des Hugo-Hoffmann-Rings stehen die Rechenzentren an der Voltastraße. Auch zwischen der Mainzer Landstraße und A66 sollen künftig solche Server-Hallen entstehen.
Unweit des Hugo-Hoffmann-Rings stehen die Rechenzentren an der Voltastraße. Auch zwischen der Mainzer Landstraße und A66 sollen künftig solche Server-Hallen entstehen. © Sascha Kröner

Der SPD-Antrag nach einem weiteren Gutachten wurde abgeschmettert. Doch NTT, Betreiber der Rechenzentren, möchte wegen Lärmbeschwerden auf die Anwohner zugehen.

Hattersheim - Es war ein kleiner Ausschussmarathon, der da vergangene Woche im Hessensaal des Alten Posthofs abgehalten wurde. Hintereinander tagten am Mittwochabend die Ausschüsse für Soziales, Kultur und Sport, für Umwelt, Bauen und Verkehr sowie der Haupt- und Finanzausschuss. Dass es dabei dann etwas lauter wurde, lag allerdings nur daran, dass einige Zuschauerinnen in den hinteren Reihen baten, die Redner sollten nicht zu leise sprechen. Einen wirklichen Aufreger gab es auf keiner Tagesordnung. Mit einer Ausnahme: der Antrag der SPD-Fraktion betreffend eines weiteren, unabhängiges Lärmgutachtens für die „Erweiterung Gewerbegebiet Nord“ (Bebauungsplan N 116).

„Wer zahlt, gibt in einem gewissen Rahmen auch das Ergebnis vor“

Zum Hintergrund: Wie bereits an der Voltastraße, sollen auch zwischen der A 66 und der Mainzer Landstraße - hinterm Friedhof - Rechenzentren gebaut werden. Die Sozialdemokraten befürchten, es könnte am neuen Standort zu ähnlichen Beschwerden von Anwohnern kommen, wie es sie zuletzt an der Voltastraße gab. Dort wurde ein anhaltendes Brummen, verursacht durch die Belüftung der Server-Hallen, mehrfach beklagt. Deswegen möge die Stadtverordnetenversammlung nun den Magistrat beauftragen, ein eigenes, unabhängiges Lärmgutachten in Auftrag zu geben.

Dass ein solches schalltechnisches Gutachten, nebst zahlreicher anderer, im Bebauungsplanverfahren ohnehin vorgenommen werden muss, reichte der SPD-Fraktion nicht. „Wer für das Gutachten zahlt, der gibt in einem gewissen Rahmen auch das Ergebnis vor“, begründete SPD-Mann Thomas Abicht den Antrag: „Wir wollen keinen Gutachter, der vom Bauherr beauftragt wird, und weiß, von wem er bezahlt wird.“ Den Vorwurf, der zwischen diesen Zeilen mitschwang, griff die CDU-Fraktion auf.

„Wir leben zum Glück in einem Rechtsstaat“, betonte Christdemokrat Michael Minnert. Der CDU-Fraktionsvorsitzende erinnerte daran, dass das Bebauungsplanverfahren eines der strengsten in Deutschland sei. „Was wollen Sie denn noch?“, fragte Minnert in Richtung der SPD-Kollegen, ehe er einige Formulierungen aus deren Antrag zitierte. Dass das von der SPD-Fraktion geforderte Gutachten „neutral“ und „vertrauenswürdig“ sei, ließ sich so deuten, dass das vom Bauherr NTT per Gesetz in Auftrag zu gebende Gutachten das alles nicht sei. „Diese Unterstellung halten wir für eine Frechheit“, schloss Minnert ab. Das wiederum wertete Abicht als Affront gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die sich über den Lärm an der Voltastraße beschwerten. Damit habe die CDU den Anwohnern „eine Klatsche erteilt“, so Abicht.

„Wenn ich jetzt noch ein Gutachten beauftragen lasse, lande ich womöglich wegen Steuerverschwendung vor Gericht“, äußerte sich schließlich Klaus Schindling (CDU) zu der Causa. Ob der Bürgermeister tatsächlich derartige Konsequenzen zu befürchten hätte, sei dahingestellt - zumal im Antrag der SPD-Fraktion gefordert wird, die Kosten vom Investor NTT tragen zu lassen. In jedem Fall erachtete Schindling ein weiteres Gutachten als „Unfug“, was er inhaltlich auch begründete. Der Rathauschef verwies auf den Unterschied zwischen einem Lärmgutachten einerseits und einer Lärmmessung andererseits.

„Ein Lärmgutachten legt einen Schwellenwert fest. Das passiert, bevor gebaut wird“, holte Schindling aus und fuhr dann mit einem Beispiel fort: „Angenommen das ursprüngliche Gutachten ermittelt einen Wert von zehn Dezibel in der Nacht - dann sind es im nächsten Gutachten wieder zehn Dezibel.“ So weit zum Soll-Zustand. Den Ist-Zustand - also die tatsächliche Lärmbelastung nach Bau und Inbetriebnahme eines Rechenzentrums - werde per Lärmmessung ermittelt.

Lärmmessung an der Voltastraße läuft - Auswertung bis Ende November

Eine solche Messung wird aktuell für die Rechenzentren an der Voltastraße vorgenommen. Beauftragt wurde die Maßnahme durch den Betreiber NTT, der dabei mit dem Regierungspräsidium Darmstadt zusammenarbeitet. Bis Freitag, 20. Oktober, sollen die Messungen erfolgt sein, die Auswertung der Messdaten werde nach Angaben von NTT-Sprecher Günter Eggers dann nach vier bis sechs Wochen vorliegen. Das bedeutet, dass spätestens Ende November Klarheit herrscht, ob die Serverhallen an der Voltastraße lauter sind, als erlaubt. Sollte dies der Fall sein, ist der Betreiber aufgefordert, Maßnahmen zur Senkung der Geräuschkulisse durch die Belüftung der Hallen zu ergreifen. Doch in jedem Fall sollen die Betroffenen Gehör finden.

„Auch wenn die gemessenen Werte im gesetzlichen Rahmen liegen, suchen wir das Gespräch mit den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern“, versichert Günter Eggers. Die Rechenzentren von NTT seien auf eine durchschnittliche Nutzungsdauer von mindestens 30 Jahren ausgelegt. „Schon aus diesem Grund strebt NTT eine gute Nachbarschaft an“, betont der Unternehmenssprecher.

Der SPD-Antrag fand in den Ausschüssen keine Mehrheit, CDU, FDP und Freie Wähler stimmten dagegen, die Grünen enthielten sich. (rk)

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