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Tag der offenen Ateliers in Okriftel: „Hoffentlich bleibt ihr hier für alle Zeiten“

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Marten Großefeld (Mitte) von der Phrix K22-Künstlergemeinschaft zeigt am Tag der offenen Ateliers Inge und Heino Bornemann einige seiner Bilder. Der Maler war bereits Teil der Gruppe, die zwischen 2002 und 2018 in der ehemaligen „Papierhalle“ der stillgelegten Fabrik ihre Quartiere bezog.
Marten Großefeld (Mitte) von der Phrix K22-Künstlergemeinschaft zeigt am Tag der offenen Ateliers Inge und Heino Bornemann einige seiner Bilder. Der Maler war bereits Teil der Gruppe, die zwischen 2002 und 2018 in der ehemaligen „Papierhalle“ der stillgelegten Fabrik ihre Quartiere bezog. © Barbara Schmidt

Die Künstler der K22-Ateliergemeinschaft gewähren Einblicke in ihre Räumlichkeiten in der alten Phrix-Villa. Der Zuspruch ist groß, die Zukunft allerdings offen.

Okriftel - Der Hinweis auf einer alten Staffelei „Offene Ateliers“ weist den Weg. Und viele finden ihn am vergangenen Wochenende. Er führt auf dem Gelände der früheren Phrix am Mainufer in die alte Fabrikanten-Villa vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Über eine für heutige Verhältnisse enge Holztreppe steigen die Besucher in den ersten Stock. Hier setzen aktuell vier Künstler unter dem Label K22-Ateliergemeinschaft (nach der Adresse Kirchgasse 22) die schon recht lange währende Tradition fort, die einst leerstehende ehemalige Cellulose- und Papierfabrik als Raum für Kreativität zu nutzen. Mit der Umnutzung der lange als „Lost Place“ geltenden Fabrikruine, in der seit 2020 hochpreisige Wohnungen entstehen, mussten die Künstler weichen. In der Villa bekamen zumindest einige von ihnen von 2018 an unter.

Finanzierbare Ateliers sind immer schwerer zu finden

Marten Großefeld ist heute der letzte aus der Reihe der früheren Phrix-Künstler, der hier sein Atelier hat. Die große Resonanz darauf, mal wieder am Tag der offenen Ateliers teilzunehmen, hat ihn und seine Kollegen sehr positiv überrascht. Die Frage, wie die Perspektive für die Künstler hier ist, nennt er „eine gute“. Erst einmal sei der Mietvertrag nicht zeitlich begrenzt. „Hoffentlich bleibt ihr hier für alle Zeiten“, merkt eine der Besucherinnen an, die durch die Gemeinschaftsküche, in der Großefeld gerade Kaffeetassen gespült hat für die nächsten Gäste, in Richtung seines Ateliers strebt. „Das wird wahrscheinlich nicht der Fall sein“, gibt der Künstler zurück. Großefeld ist Maler und macht gern „große Sachen“, wie er sagt. Entsprechend nutzt er den größten der Räume im ersten Stock.

Dass es im hochpreisigen Rhein-Main-Gebiet immer schwieriger wird, ein finanzierbares Atelier zu finden, weiß Großefeld, Viele Künstlerkollegen aus Frankfurt kämen mittlerweile auf den Geschmack, „raus aufs Land“ zu gehen, weil steigende Mieten sie verdrängten. Umso froher ist er, mit Vermieter Schäfer, mit dem man ein gutes Verhältnis habe, die Lösung in der Villa gefunden zu haben. Die sei wohl ein „eher schwieriges Objekt“, da zumindest die Fassade unter Denkmalschutz stehe, und daher bisher nicht an einen Investor verkauft werden konnte, glaubt Großefeld.

Dass es hier im Sommer sehr warm und im Winter kalt sei, meint eine Dame, „das war schon immer bei Künstlern so“. Tatsächlich sei er daran gewöhnt, als freischaffender Maler „keine Sicherheit zu haben“, meint Großefeld, der mit Malunterricht ein zweites Standbein zum Broterwerb hat. Dass die Corona-Jahre schwer waren für sie, bestätigen auch die Atelier-Kollegen, die Inflation, die auch die von ihnen benötigten Materialien verteuert hat, ist nun die nächste Bürde.

Ateliergemeinschaft wird an Wochenenden zum „Pop-up-Erlebnispunkt“

Umso mehr wissen es die Künstler zu schätzen, dass zumindest die Resonanz am Wochenende Wertschätzung signalisiert. Die Lage der Phrix am Main-Radweg macht die Ateliergemeinschaft am Samstag und Sonntag zu einer Art „Pop-up-Erlebnispunkt“, an dem viele Radfahrer eine Pause einlegen, egal ob gezielt oder eher zufällig. Geguckt wird an solchen Tagen gern, gekauft eher selten. „Man merkt auch, dass das Geld für Sich-was-gönnen nicht mehr so locker sitzt“, sagt Großefeld,

Auch Diana Colloseus, die ebenfalls malt, und der bildnerisch arbeitende Joachim Hopp, die sich einen weiteren Raum teilen, sowie Foto-Künstler Achim Reissner sehen den Wert des „Offenen Ateliers“ aber vor allem in den Kontakten und im Austausch. „Die Verbindung mit anderen Künstlern könnte noch mehr sein“, findet Joachim Hopp.

Achim Reissner ist froh, just mit Pandemie-Beginn einen Vollzeit-Brotberuf gefunden zu haben. Eine freischaffende Tätigkeit sei „ja immer mal wieder prekär“, weiß er aus Erfahrung. Die Festanstellung als Fotograf im Industrie-Bereich habe ihm sogar „deutlich mehr Luft für das freie Arbeiten“ verschafft, hat er festgestellt, Das möchte er keinesfalls missen und hofft wie seine Mitstreiter auf eine Fortsetzung der Künstler-Tradition in der Phrix - auf welchem Wege auch immer. (babs)

Info: Von der „Papierhalle“ in die Villa

Die Cellulosefabrik Phrix wurde 1884 gegründet, am 4. September 1970 von der BASF aufgekauft und dann geschlossen. In einem gut erhaltenem Komplex der Fabrikruine gründete sich 2002 die Phrix-Künstlergemeinschaft. Auf 800 Quadratmetern wurden in der ehemaligen „Papierhalle“ professionell ausgestattete Künstler-Werkstätten eingerichtet. 2018 erfolgte der Umzug in die Villa an der Kirchgrabenstraße, einem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Fabrik. (red)

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