Als die Bauern Marxheim prägten

Seltene Bilder und seltene Tiere lockten die Besucher. Wer kennt schon eine der ältesten deutschen Landhühnerrassen, die „Krüper“?
Zufrieden waren die Veranstalter der Doppelausstellung, die sich mit der Kleintierzucht und Landwirtschaft in Marxheim beschäftigte. Im Bürgerhaus fand am Wochenende die Rassenausstellung des Kleintierzuchtverein (KZV) statt. Der Verein für Heimatgeschichte in Marxheim schloss sich mit einer eindrucksvollen Schau von historischen Dokumenten und Fotos an. „Bewahrung und Erhalt“ zählen für beide Vereine zu den Leitzielen und bildeten den gemeinsamen Nenner der Veranstaltung. Der Heimatverein dokumentiert, archiviert und fotografiert alles, was mit dem Leben in Marxheim zu tun hat. Ob Veränderungen in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft – anhand der Dokumente kann die Entwicklung der Ortsgeschichte nachvollzogen werden. Heute sei die Vergangenheit von morgen, sagt Heimatliebhaber Stefan Schmelz, der wie seine Mitstreiter für sein Ehrenamt brennt. Deshalb sei es auch wichtig das Hier und Jetzt zu dokumentieren. „Wer weiß, ob der Rewe hier neben dem Bürgerhaus in 50 Jahren noch steht“, fügt er erklärend hinzu. Und: Viele Bilder gebe es heute digital, ein Großteil davon werde nicht mal mehr ausgedruckt, obwohl es wichtig bleibe, Veränderungen aufzuzeigen.
Das Highlight der Ausstellung war übrigens eine Fahne, die mit der Aufschrift „Bauernschaft Marxheim“ bestickt ist. Von diesem historischen Stück ist jetzt ein Foto aufgetaucht, das 1925 einen Umzug zeigt, bei dem einer der Reiter die Fahne in der Hand hält. „Die muss also über 90 Jahre alt sein“, sagt Stefan Schmelz nicht ohne Stolz. Es ist ein Erinnerungsstück aus Tagen, in denen die Bauern das Marxheimer Ortsbild prägten. Wie sehr sich die Zeiten geändert haben, zeigt ein aktuelles Verfahren vorm Höchster Amtsgericht. Ein Nachbar hat gegen die Marxheimer Familie Stengel geklagt, weil er sich vom Krähen eines Hahns belästigt fühlt (das Kreisblatt berichtete). Vor 90 Jahren wäre das sicher unvorstellbar gewesen . . .
Während die Geschichts-Schau im Foyer zu sehen war, wurden 200 Tauben, Hühner und Kaninchen im großen Saal des Bürgerhauses präsentiert. Auch hier spielte „Historisches“ eine Rolle. Dr. Horst Beckmann, Vorsitzender des Kleintierzuchtvereins Marxheim, etwa zeigte eine alte Landhühner-Rasse, die „Krüper“. Diese fanden schon 1550 Eingang in die Literatur. Heute gibt es nur noch 100 Hennen und 33 Hähne in Deutschland. „Die stehen auf der roten Liste ganz oben“, merkt Beckmann an. Er ist nicht nur aus Leidenschaft Züchter. Der Biologe Dr. Beckmann forscht beispielsweise, warum es bei dieser alten Rasse so schwierig ist, Nachkommen zu zeugen. Sein Spezialgebiet ist die Epigenetik, die sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit Umwelteinflüsse Gene beeinflussen. Beckmann füttert nun seine Tiere mit den kurzen Beinen und dem schimmernd grünen Rücken mit einer speziell angefertigten Nahrung und will dabei herausfinden, ob das Auswirkungen auf den Bruttrieb hat.
Die Zeit, die jeder Züchter für die Hege und Pflege seiner Tiere aufbringt, ist gut investiert. Das belegen die vielen regionalen und überregionalen Auszeichnungen, die der Marxheimer Verein in den vergangenen Jahren erringen konnte. Der Kleintierzuchtverein hat 80 Mitglieder, die nicht nur auf die Schönheit ihrer Tiere achten, sondern eben auch daran arbeiten, seltene vom Aussterben bedrohte Rassen zu erhalten.
(ily)