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Der Außenseiter

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André Kruschke lebte eine Weile in Hofheim, ihn zieht es jetzt aber wieder nach Kelkheim zurück.
André Kruschke lebte eine Weile in Hofheim, ihn zieht es jetzt aber wieder nach Kelkheim zurück. © babs

Sie haben alle eine Art „Migrationshintergrund“, der für den Main-Taunus-Kreis längst typisch ist. Drei „Eingeplackte“, die aus Köln und Berlin stammen, wollen an die Spitze des Landratsamtes, ein gebürtiger Oberhesse will dort weitere sechs Jahre bleiben. Für eine kleine Serie zur Landratswahl am Sonntag, 4. Juni, hat Barbara Schmidt alle vier Kandidaten unter anderem gefragt, was sie zur Politik gebracht hat, welchen Führungsstil sie haben oder welche drei Themen ihnen für den MTK in den nächsten Jahren die wichtigsten sind.

Hofheim -Corona, sagt Dr. André Kruschke, sei für ihn der Auslöser gewesen, der aus seinem grundsätzlichen Interesse an der Politik hat Engagement erwachsen lassen. Zu sehen, wie „praktisch auf Fingerschnipp“ Grundrechte einkassiert worden seien, sei ihm als Jurist doch sehr gegen den Strich gegangen, meint der 42-Jährige. Zunächst hat Kruschke, der damals in Kelkheim wohnte, bei der CDU angeklopft und Interesse an einer Kandidatur bei der Kommunalwahl 2021 bekundet. Listenplatz 16 erhielt er als Parteiloser, auch die Christdemokraten, mit denen er zu tun hatte, seien nett gewesen.

Doch der Experte für Finanzrecht, der für eine große Fonds-Gesellschaft als Syndikusanwalt arbeitet, hat im Herbst 2022 dann politisch eine andere Heimat gefunden. Bei einem „Stammtisch“-Termin der noch jungen Partei „Die Basis“ im Alten Rathaus von Münster hat ihm nicht nur die „tolle Truppe“ dort gefallen, die ihn gleich „sehr herzlich aufgenommen“ habe, auch die Chance, schon bald darauf im Vorstand mitarbeiten zu können, glaubt er, böten etablierte Parteien so nicht.

Als „Säulenbeauftragter Freiheit“ kümmert sich Kruschke bei der „Basis“, die es bislang in kein Parlament geschafft hat , nun um eines der vier Grundthemen dieser Partei, die aus der „Querdenken“-Bewegung hervorgegangen ist. Dass einer der Co-Landesvorsitzenden in Hessen früher bei der Linken war, irritiert den konservativ ausgerichteten Kruschke nicht. Da halte er es mit Sahra Wagenknecht und ihre Einschätzung, dass solche Einordnungen nicht mehr passten. Nicht ohne Stolz erzählt er, bereits beim Bundesparteitag im Tagespräsidium dabei gewesen zu sein und am Landtagswahlprogramm der Basis mitgeschrieben zu haben. Auf Bundesebene werde er nun in einer Art „Denkfabrik“ mitwirken, die im Entstehen sei.

Der gebürtige Berliner, der im Stadtteil Reinickendorf aufgewachsen ist, hat an der Berliner Humboldt-Universität Jura studiert und im Bereich Wirtschafts- und Steuerrecht promoviert. Bei den Montagsdemonstrationen in Hofheim, die seine Partei einmal im Monat unter martialisch wirkendem Trommelklang durchführt, ist Kruschke nicht dabei. Seine Begründung: Jeder setze sich in der Partei so ein, wie es für ihn passe. Er tut es lieber am Schreibtisch. Dort befasst sich der Vielleser nun auch mit kommunaler Politik, die bislang, wie er einräumt, nicht so in seinem Blick gewesen sei. Dass er sich kaum auskennt, nicht einmal weiß, wie groß die Behörde ist, um deren Leitung er sich bewirbt, wird im Gespräch schnell klar.

Für die Basis-Vertreter im MTK offenbar nicht entscheidend. Sie hätten in ihm den richtigen Kandidaten für die Landratswahl am 4. Juni gesehen und er habe dazu auch gern ja gesagt, meint Kruschke. Typisch für diese Partei: Auf die Frage, welche drei politischen Themen er im Main-Taunus anpacken wolle, sagt der Kandidat, er würde da lieber die Bürger fragen: „Sagt mir Eure drei Punkte“. Ohnehin halte er es für richtig, dass sich die Menschen mit den Themen beschäftigten und ihre Meinung äußerten. Auf die Nachfrage, wie genau eine solche Bürgerbeteiligung in der politischen Arbeit umgesetzt werden soll, antwortet das Vorstandsmitglied auf Kreisebene, das werde in der Partei noch überlegt und sei „ein ganz großes Thema“.

Kruschke nennt dann aber doch noch Bereiche, die er als Landrat in den Fokus nehmen würde. Da er selbst monatelang auf einen Arzttermin warten müsse, frage er sich, wie es mit der Versorgung der Bürger im Blick auf Krankenhäuser, Ärzte und Pflegeeinrichtungen aussehe. Die Kinderbetreuung sei für junge Familien wichtig, ist er sicher. Und in Sachen Mobilität sieht er Verbesserungsbedarf beim Öffentlichen Nahverkehr und frage sich, ob sich die Menschen die E-Autos, die ihnen verordnet würden, auch leisten könnten.

Der geschiedene Vater einer Tochter, der gerade eine neue Beziehung mit einer Parteifreundin eingegangen ist, ordnet sich selbst als „den absoluten Außenseiter“ bei der Landratswahl ein. 2010 führte ihn der Beruf ins Rhein-Main-Gebiet. Aus der Frankfurter Innenstadt zog der Jurist zunächst nach Bergen-Enkheim, dann nach Kelkheim. Den Main-Taunus-Kreis habe er schon früh als „schöne Gegend“ empfunden, sagt Kruschke. Alle zwei Tage ziehe es ihn in den Wald zum Joggen, er möge aber auch „das Traditionelle“, wie die kleinen Läden in der Hofheimer Altstadt. Auch die Leute seien alle sehr freundlich. In den vergangenen zwei Jahren hat er in der Kreisstadt gelebt, mit dem Wahlkampfauftakt zieht er nun zurück in die Möbelstadt. „Ich bin gerade ziemlich gut ausgelastet“, sagt André Kruschke, „aber es macht mir einfach Spaß.“

Der nächste Teil

Am Freitag stellen wir den Landratskandidaten der Linken, Thomas Völker, vor.

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