1. Startseite
  2. Region
  3. Main-Taunus
  4. Hofheim

Hofheim ist sein Heimathafen

Erstellt:

Kommentare

Immer gut drauf: Julian Jüttner fühlt sich als Biking-Guide auf hoher See so richtig wohl. Im Hintergrund die Aidanova im Hafen von Arrecife auf Lanzarote.
Immer gut drauf: Julian Jüttner fühlt sich als Biking-Guide auf hoher See so richtig wohl. Im Hintergrund die Aidanova im Hafen von Arrecife auf Lanzarote. © Geiselhart

Julian Jüttner wagt bei der Aida Kreuzfahrtflotte nach dem Abitur den Aufbruch zu neuen Ufern. Als „Activity-Guide“ begleitet er sportbegeisterte und abenteuerlustige Urlauber auf deren Ausflugstouren. Das klingt wie ein Traumjob, ist aber auch harte Arbeit.

Hofheim/Lanzarote. Seid ihr alle gut drauf?“ Na klar. Mit dem Fahrrad einen sechsstündigen Ausflug auf Lanzarote zu machen, die Naturschönheiten der kanarischen Inselwelt bewundern zu dürfen, und dabei mehr über Land und Leute zu erfahren, darauf kann man sich doch nur freuen. Nicht zu vergessen den ausgiebigen Badestopp, der einem, an dem von Lavagestein schwarzen Sandstrand, auch noch bevorsteht. Julian Jüttner aus Hofheim ermöglicht sportbegeisterten Kreuzfahrern solch ein Abenteuer. Als „Activity-Guide“ sorgt er dafür, dass Fahrradfans auf ihre Kosten kommen und sich ganz nebenbei auch manche leckere Kalorie wieder abstrampeln können. Immerhin gilt es heute auf hügeligem Terrain auf 45 Fahrkilometern auch knapp 500 Höhenmeter zu bewältigen.

5000 Passagiere und 1300 Mitarbeiter

Februar 2023. Die Aidanova ist mit gut 5000 Passagieren und etwa 1300 Besatzungsmitgliedern rund um die Kanarischen Inseln und Madeira unterwegs, um Mitte April die Transreise über Portugal, Spanien, England, Belgien, Norwegen nach Kiel anzutreten, von wo aus sie dann den Sommer über in Norwegen und Dänemark ihre Runden drehen wird. Mit an Bord ist Julian Jüttner. Er wirkt immer gut drauf - und das nicht nur, weil die klimatischen Bedingungen dazu einladen, mit der Sonne um die Wette zu strahlen.

Was sich wie immerwährender Urlaub anhört, ist aber auch harte Arbeit. Urlauber zu Radausflügen zu begleiten, ist für den 18-jährigen Reiseleiter nicht alles. Bestens vorbereitet zu sein, heißt nicht nur, sich über Land und Leute, Geschichte, Kultur und Sehenswürdigkeiten am Ort des jeweiligen Landganges ausreichend zu informieren. Gegebenenfalls muss zum Beispiel eine neue Strecke bereits am frühen Morgen auf Probe abgefahren werden, während die Urlauber gemütlich beim Frühstück sitzen.

Auch an Seetagen wird’s nichts mit Ausruhen. Dann müssen die 126 bordeigenen Räder und E-Bikes gereinigt und gewartet werden. An Bord gibt es aber auch einen Klettergarten mit 15 Hindernissen auf Deck 17 unter einer Glaskuppel. Da Julian Jüttener den Kletterschein besitzt, darf er die sportlichen Gäste in die richtige Sicherung und Benutzung einweisen und sie auf ihrem Abenteuer begleiten. Dann steht da noch die Ausflugsberatung am Schalter an und nicht zuletzt „Side-Dutys“ - also Nebenaufgaben - wie die Moderation auf der Bühne im Theatrium, wenn den Gästen Fahrradausflüge oder andere Landgänge vorgestellt werden. Auch die Begleitung der Teilnehmer, hinter dem Überwachungsbildschirm, im Mystery Room und vieles andere mehr gehört zum Job. Insgesamt also kein Achtstundentag, sondern eine intensive Siebentagewoche. Und dennoch Abwechslung pur.

Dass er viel Spaß an seiner neuen Arbeit hat, das merkt man dem sportlichen Weltenbummler sofort an. Dass er aber auch die Heimat ein wenig vermisst, gibt der 18-Jährige gerne zu. „Auf dem Schiff gibt’s in der Crew-Kantine keine Avocados. Einen Toast mit dieser Frucht, das wird mein erstes Gericht sein, das ich mir daheim zu essen wünsche“, freut er sich jetzt schon auf die gute Küche seiner Mutter, denn „da kommt kein Sterne-Restaurant mit. Hofheim ist mein Heimathafen“.

Weihnachten auf dem Schiff

Als er knapp vier Monate an Bord war, war Weihnachten. „Es war ein wenig komisch“, erinnert er sich. Es war zwar festlich und stimmungsvoll an Bord, aber eben nicht wie daheim. Als dann an Silvester plötzlich die Eltern bei ihm standen, um eine Woche mitzufahren, war er total verwirrt „und ganz weg“, muss Julian Jüttner heute lachen.

Die Crew kommt aus mehr als 30 Nationen. Während für die Gäste die Bordsprache Deutsch ist, kommuniziert die Besatzung untereinander auf Englisch. Natürlich hat man eine eigene Bar und Kantine, in der es Köche aus asiatischen Ländern gibt, um für die Mitarbeiter landestypisches, gewohntes Essen zu kochen. „Da lernt man kulturell und kulinarisch einiges dazu“, schwärmt der junge Seefahrer. „Wenn man sich jeden Tag bei der Arbeit und in der Freizeit sieht, bilden sich sehr schnell Freundschaften.“

Was seine berufliche Perspektive angeht, da ist der junge Mann noch ein wenig ratlos. „Ich schwanke zwischen einem Studium in der wirtschaftlichen Richtung oder der Luft- und Raumfahrttechnik“, so seine Idee. „Nach dem Abitur wollte ich nicht gleich studieren, und meine Eltern wollten nicht, dass ich so einfach in den Tag hineinlebe. Da ich gerne unter Menschen bin und bei mir immer was los sein muss, ich Action brauche und eben auch sehr gerne reise, habe ich über Social Media mal gesucht, was man so machen könnte. Arbeiten, Sport und Reisen gleichzeitig, das hörte sich gut an“, ist er auch heute noch überzeugt, das Richtige gefunden zu haben.

Rückkehr im Sommer

Wenn er im Sommer heimkommt, will der Globetrotter mit ein paar Freunden per Interrail reisen. Er möchte aber auch Freunde, die er hier gefunden hat, besuchen. Also in Rom, Barcelona und Finnland. „Dann glaube ich, dass ich gerne noch mal ein Jahr Aida machen möchte, am liebsten in der Karibik oder um Madagaskar, die Seychellen und Malediven“, blickt er schon mal schwärmend voraus. Brigitte Geiselhart

Auch interessant

Kommentare