Geben die Franziskaner ihren Standort in Hofheim auf?

Der Franziskaner-Orden hat enorme Nachwuchssorgen - jetzt droht dem Hofheimer Kapellenberg das Aus.
Hofheim - 2003 hatte das Kreisblatt schon einmal getitelt: „Bleiben die Franziskaner?“ Ein gutes halbes Jahr später fiel damals beim Provinzkapitel die Entscheidung, den Standort Hofheim zu halten und das zweite Exerzitienhaus der damaligen thüringischen Provinz in Bad Soden-Salmünster aufzugeben. „Wir bleiben und führen das Haus weiter – zumindest für die nächsten 10 bis 15 Jahre“, hatte der damalige Provinzial Pater Helmut Schlegel aber eingeschränkt. Dieser Zeitraum ist abgelaufen. Und wieder steht hier die offene Frage: „Bleiben die Franziskaner?“
Noch 250 Franziskaner-Brüder in Deutschland

Das jüngste Kapitel, eine Vollversammlung der deutschen Ordensprovinz, das in der vergangenen Woche im fränkischen Vierzehnheiligen getagt hat, ließ offen, welches der beiden großen Häuser für Exerzitien und Bildung erhalten bleiben soll. Der Nachwuchsmangel, der alle Orden hierzulande mit nur geringen Unterschieden schwer trifft, zwingt auch die Franziskaner zu weiteren Einschnitten. „Wenn wir uns die Personalentwicklung ansehen, müssen wir sagen: Was ist eine realistische Perspektive“, erläutert Bruder Stefan Federbusch, der Leiter des Hofheimer Exerzitienhauses. 250 Brüder gehören aktuell noch zur deutschen Provinz, davon sind Zweidrittel älter als 70 Jahre. In gut zehn Jahren seien allenfalls rund 120 Brüder von ihrem Alter her in der Lage, Funktionsstellen in den Einrichtungen des Ordens zu bekleiden. Deshalb wurden in Vierzehnheiligen weitere Entscheidungen über die Aufgabe von Niederlassungen getroffen. Das Kloster Engelberg unweit von Miltenberg etwa, oder der bekannte Wallfahrtsort Neviges gehören dazu. Verabschiedet wurde aber auch eine Positiv-Liste mit elf Standorten, die in jedem Fall erhalten bleiben sollen zwischen München und Berlin. Einen zwölften trauen sich die Brüder noch zu. Ob es das Bildungshaus in Ohrbeck (Niedersachsen) sein wird, oder eben das Exerzitienhaus in Hofheim, blieb aber offen.
Geteilte Trägerschaft beim Haus Ohrbeck in Niedersachsen
Haus Ohrbeck sei kein klassisches Exerzitienhaus, sondern habe den Status einer „Heimvolkshochschule“, weiß Bruder Stefan. Neben dieser Besonderheit, die eine Beteiligung des Landes Niedersachsen ermöglicht, teilen sich zudem dort das Bistum Osnabrück und die Franziskaner die Trägerschaft. In Hofheim wird das „Zentrum für spirituelle Begegnung“ auf dem Kapellenberg dagegen allein vom Orden getragen, der so auch allein für die finanziellen Lasten zuständig ist. Daher hatte das Bistum Limburg vor 16 Jahren, als erstmals die Entscheidung über die Zukunft des Hauses anstand, Unterstützung für die nötige Modernisierung vor allem der Gästezimmer zugesagt. Kein unwichtiger Faktor bei der damaligen Entscheidung pro Standort Hofheim.
Lesen Sie auch: Kran stürzt in Hofheim auf Wohnhaus
Für Hausleiter Bruder Stefan ist das Bistum auch diesmal der wichtigste Gesprächspartner, wenn es darum geht, Ideen für die Weiterführung des Hauses zu entwickeln. Die Provinzleitung werde auf Antrag der beiden betroffenen Konvente in Hofheim und Ohrbeck eine Kommission einsetzen, die ein Sondierungsverfahren durchführen solle, kann er berichten. Geprüft werden müssten neben finanziellen etwa auch rechtliche, bauliche und personelle Fragen. Bis wann eine Entscheidung falle, sei derzeit nicht abzusehen. Stefan Federbusch macht deutlich, dass es Zielperspektive sei – „auch des Bistums“ – , das Haus in seiner jetzigen Funktion in jedem Fall zu erhalten und nicht etwa als teuren Baugrund zu veräußern.
Refugium des Bistums hofft auf Erhalt des Exerzitienhauses am Kapellenberg
Ein großes Interesse daran, dass es im Exerzitienhaus weitergeht, hat auch das „Refugium“, eine Bistums-Einrichtung für Mitarbeiter in Caritas und Pastoral, die hier seit 2001 ihren Sitz hat. Es zu erhalten, sei eminent wichtig, ist Refugium-Leiter Pfarrer Ludwig Reichert, der auch Sprecher des Priesterrats im Bistum Limburg ist, überzeugt. Der Hofheimer Pfarrer Helmut Gros würde es begrüßen, wenn möglichst mit allen, die Interesse am Fortbestand des Hauses haben, nach Lösungen gesucht würde. Als Standortvorteil nennen alle neben der zentralen Lage in Deutschland die Umgebung des Hauses mit seinem großen Park und dem direkt anschließenden Wald. „Es ist ja wirklich wie eine Oase“, sagt Gros. Erlebbar sei hier zudem jene „Offenheit für Menschen, die kirchlicherseits eher am Rand stehen“, so Bruder Stefan, die den Franziskanern wichtig sei. Auch Bistumssprecher Stephan Schnelle sagt: „Wir wissen um die Bedeutung, die das Exerzitienhaus Hofheim und das Refugium haben.“ Wie das Bistum helfen könne, müsse man sehen.
Der Kapellenberg hat sich in den vergangenen Jahren sehr gewandelt. Er ist vom Weinberg zur Nobelgegend geworden. Erst kürzlich hat das umstrittenes HWB-Projekt „Wir am Klingenborn“ am Kapellenberg Richtfest gefeiert.
Box: Zur Geschichte
1926 errichtete die thüringische Franziskanerprovinz das Exerzitienhaus St. Josef auf dem damals noch weitgehend unbebauten Kapellenberg in Hofheim. Die Nazis schlossen das Haus 1940 und beschlagnahmten es als Lazarett. Nach dem Krieg war es zunächst Lungenheilanstalt. 1955 konnten die Franziskaner zurückkehren. Die Profilschärfung hin zu einem Geistlichen Zentrum mit vielfältigen spirituellen Angeboten und klarer franziskanischer Prägung wird von den 1990er Jahren an vorangetrieben.1996 gründet sich ein Freundeskreis zur ideellen und auch ganz handfesten Unterstützung. Umbauten und Modernisierungen erfolgen Anfang der 1980er Jahre und 2005/06. Aktuell besteht der Konvent in Hofheim aus sechs Franziskanern; das Exerzitienhaus, das über 50 Gästebetten verfügt, hat zudem 13 Mitarbeiter.