Hofheim: Schon wieder muss ein Heimleiter gehen

Martha-Else-Haus trennt sich von Sönke Seeler. Während viele über die Gründe der Entlassung rätseln, ist Seniorenbeiratschefin Schulze entsetzt.
Hofheim. Für Kopfschütteln. Unruhe und Verwunderung sorgt wieder einmal eine Personalentscheidung des Stiftungsvorstands: Kurz vor Ablauf der Probezeit musste der neue Heimleiter des Martha-Else-Hauses, Sönke Seeler, in der vergangenen Woche seinen Schreibtisch schon wieder räumen. Das bestätigt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Gabriele Binder-Isele auf Nachfrage dieser Zeitung. "Aus arbeits- und datenschutzrechtlichen Gründen", so Rechtsanwältin Binder-Isele, könne zu Fragen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ansonsten "keine Auskunft erteilt werden".
Bürgermeister Christian Vogt (CDU), der Mitglied des Stiftungsvorstands ist, zeigte sich am Wochenende von der Nachricht völlig überrascht. Noch vor wenigen Wochen habe er mit der Seniorenbeiratsvorsitzenden Ingrid Schulz gemeinsam das Altenheim besucht und mit Seeler gesprochen. "Wir beide hatten einen guten Eindruck." Den hatte auch der Heimbeirat, der sich ebenfalls positiv über die Entwicklung des Hauses unter Seelers Leitung geäußert hatte. Seeler war unter anderem die Einstellung von Pflegepersonal und damit die Beendigung des Leasings von Pflegekräften gelungen. Die Tagespflege hatte nach dem Umbau der Räume, die ursprünglich für eine Arztpraxis vorgesehen waren, endlich wieder ein eigenes Domizil erhalten. Ingrid Schulz reagierte gestern ebenfalls betroffen auf die Personalentscheidung. "Was ist denn da los? Ich bin entsetzt", so die Seniorenbeiratsvorsitzende
Interims-Leitung eingesetzt
In einem Schreiben an die Angehörigen teilt Binder-Isele namens des Vorstands mit, man habe "gemeinsam im Vorstand aus Verantwortung über die uns allen ans Herz gewachsene Sache, für die wir satzungsgemäß einstehen und auch kämpfen, diese auch für uns nicht leichte Entscheidung treffen müssen". Als Interims-Leitung wurde erneut Doris Röhlich-Spitzer eingesetzt, die schon nach der Trennung von Hausleiter und Geschäftsführer Axel Urban im vergangenen August bis zur Verpflichtung von Seeler diese Aufgabe übernommen hatte.
Der Fall Seeler erinnert an den Rausschmiss von Stephan Bentz, der 2014 ebenfalls kurz vor Ende seiner Probezeit gehen musste. Er hatte damals ein Haus in finanzieller Schieflage und mit großen Personalproblemen übernommen und nach dem Eindruck vieler einen guten Job gemacht.
Acht Hausleitungen in zehn Jahren
Insgesamt hat das Martha-Else-Haus in den vergangenen gut zehn Jahren eine ganze Reihe von Hausleitungen gesehen. Auf Wolfgang Kippert, der jahrzehntelang für Kontinuität und Ansehen stand, folgten seit Ende 2011 Magda Haßdenteufel, Klaus Reimann, Stephan Bentz, Heinz Honrath und Axel Urban, der Ende 2016 geholt wurde und den Vorstand von einem kompletten Neubau des Hauses mit neuem Konzept überzeugen konnte. Mit ihm schien Stabilität eingekehrt in die Einrichtung, die auf eine Stiftung der Schwestern Martha und Else Heilscher zurückgeht und als "Evangelisches Feierabendheim" 1963 in Betrieb ging. Doch mit dem Neubau gab es größere Probleme und immer wieder Kostensteigerungen. Kurz nach dem Umzug der Bewohner ins neue Haus wurde dann bekannt, dass das Arbeitsverhältnis mit Axel Urban am Ende war.
Nun also erneut eine Interims-Leitung. Dass der fünfte Wechsel in der Heimleitung in nur sechs Jahren nicht zuletzt auf den Vorstand kein gutes Licht werfe, hatte diese Zeitung schon im August 2014 formuliert. Nun wird wieder nach der Mitverantwortung des Vorstandsvorsitzenden Manfred Sterlepper und seiner Stellvertreterin Binder-Isele an den vielen Leitungswechseln gefragt.
Wie schon seit Jahren ist nach wie vor der Stiftungsvorstand nicht komplett besetzt. Laut seiner eigenen Satzung müsste das Gremium "mindestens fünf Mitglieder" zählen, doch neben Sterlepper und Binder-Isele sind aktuell nur noch der Architekt Michael Knoell aus Frankfurt und Hofheims Bürgermeister Christian Vogt dabei.
Unbesetzt ist nach wie vor der für die evangelische Kirche vorgesehene Vorstandsposten. Diesen hatte zuletzt Stefan Schlimmer inne, der ihn 2014 aus Protest gegen die Entlassung von Bentz niederlegte.
Auch der für den Hofheimer Rathauschef vorgesehene Vorstandssitz war viele Jahre vakant, weil Bürgermeisterin Gisela Stang (SPD) ihn nicht mehr wahrnehmen wollte. Vogt hatte sich zunächst für den Sitz im Stiftungs-Vorstand entschieden, will aber inzwischen sein "Mandat dort aus Zeitgründen überprüfen". Dass so wichtige Personalentscheidungen getroffen werden, anscheinend ohne ihn einzubeziehen oder zumindest zu informieren, mag dabei auch eine Rolle spielen.
Extra: Baustelle ruht
Im zweiten Bauabschnitt errichtet die Stiftung Martha-Else-Haus aktuell ein Haus für betreutes Seniorenwohnen. "Der Aushub ist fertig und die vorbereitenden Arbeiten für das Einbringen der Bodenplatte sind abgeschlossen", lässt Vorstandsmitglied Binder-Isele auf Anfrage wissen. Weil aber ein wichtiges Teil, das in die Bodenplatte eingesetzt werden müsse, derzeit nicht lieferbar sei, seien die Arbeiten unterbrochen worden. Man hoffe, sie "zeitnah" fortsetzen zu können. babs