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Hofheim: Wahlkampf unter merkwürdigen Vorzeichen

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In der Hauptstraße hatten die Parteien Samstagvormittag ihre Stände aufgebaut. Doch das Interesse der Passanten, sich über politische Themen zu informieren, hielt sich in Grenzen.
In der Hauptstraße hatten die Parteien Samstagvormittag ihre Stände aufgebaut. Doch das Interesse der Passanten, sich über politische Themen zu informieren, hielt sich in Grenzen. © Knapp

Unterwegs in der Hauptstraße: An den Ständen der Parteien sind oft Präsente begehrter als politische Gespräche.

Hofheim. -Nur eine Person sei erlaubt, meinte eine Wahlkämpferin, ein anderer war sicher, dass die Parteien auch zwei Vertreter unter ihren Sonnenschirm in der Fußgängerzone schicken durften. Andere summierten diese Vermutungen und stellten sich zu dritt hin. Man könne ja keinem Parteikollegen verwehren, am Stand einmal stehen zu bleiben, hieß es. Nun, die beiden Mitarbeiter der Ordnungspolizei, die gegen 12 Uhr durch die Fußgängerzone streiften, hatten an der gesamten Szenerie nichts auszusetzen.

Ganz klar, die Corona-Pandemie beeinflusst auch den Straßenwahlkampf. Gelegentlich wird sie dabei auch zum Thema. Aus einem vorbeifahrenden Auto sei sie am Stand in einer anderen Kommune angebrüllt worden, dass in der Pandemie kein Platz sei für Infostände, berichtete die Linken-Stadtverordnete Barbara Grassel. Und überhaupt, der Ton ist streckenweise ruppig. Manche kommen, um Dampf abzulassen, sagt FDP-Wahlkämpfer Ralf Weber, dem das ganz und gar nicht passt. "Dafür stehen wir hier nicht rum."

Ältere Passanten suchen das Gespräch

Für was aber sonst? Es kämen nur wenige Passanten auf die Wahlkämpfer zu, und politische Inhalte würden gar nicht angesprochen, bedauert Werner Steinmann, ebenfalls FDP. Das hat Elli Wagner (CDU), Ortsvorsteherin der Kernstadt, anders wahrgenommen. Gerade ältere Passanten suchten das Gespräch, hat sie beobachtet. Auch FWG-Fraktionschef Andreas Nickel hat sich über manches vernünftige Gespräch gefreut.

Eher enttäuscht ist demgegenüber Haluk Kaya, der für die Grünen kandidiert. Bei den vorherigen Wahlen sei alles viel lebhafter gewesen, vergleicht er. Anita Vogt von den Linken beklagt sich gar nicht, sondern freut sich über mehrere Kommentare in der Richtung, dass ihre Partei genau die richtige Art von Oppositionspolitik in der Stadt mache. Das wird von den Koalitionsparteien naturgemäß anders gesehen, da braucht man nicht zu fragen.

"Wann ist eigentlich die Wahl?"

Man kann das negativ beurteilen, wenn man will, aber viele Parteien haben auch die Erfahrung gemacht, dass man über die Kleinigkeiten zum Verschenken gut ins Gespräch mit den Bürgern kommt. Bei den Grünen gibt es insektenfreundliche Pflanzen im Topf, bei der BfH Primeln. Außerdem jene bunt bemalten Steine, die die Aktivisten rund um die Stadt versteckt haben und die seit ein paar Wochen auf viel positive Resonanz gestoßen sind. Vor allem die Kinder interessieren sich dafür, hat BfH-Kandidat Michael Schulze festgestellt. Die schicken aber ihre Eltern vor, um nach einem Stein zu fragen - und schon werden die Eltern in ein Gespräch verwickelt. Wobei das Informationsbedürfnis gelegentlich überraschend groß ist. "Manche fragen, wann denn Wahl sei", wundert sich Linken-Wahlkämpferin Barbara Grassel.

Nicht alle kommen wegen der Politik. "Gibt es einen Kugelschreiber", fragt eine Frau bei den Christdemokraten nach und berichtet, sie brauche ihn für die Kreuzworträtsel. Kaum hat sie ihn in der Hand, lässt sie ihn in der Tasche verschwinden und geht weiter. Da hat die SPD mit einem speziellen Give-Away mehr Glück. Der Stift mit Desinfektionsmittel zum Sprühen kommt ganz gut an, wird gleich am Stand auch schon ausprobiert - und in der Zeit lässt sich auch das eine oder andere Gespräch anzetteln.

"Ganz nachhaltig ist das nicht", räumt die SPD-Kandidatin Anette Wenzel ein - Plastikverpackungen haben einfach keinen guten Ruf mehr. Aber Nachhaltigkeit ist im Wahlkampf weithin nicht der Aspekt, der herausgehoben wird - eigentlich geben alle etwas heraus, von dem sie wissen, dass es bleibenden Wert nicht hat. Dass die ebenfalls verteilte Erdbeermarmelade immerhin aufgegessen wird, davon geht Wenzel fest aus.

Die Freien Wähler zeigen sich schlecht vorbereitet, haben aus der Not aber eine Tugend gemacht. Zu wenig neues Wahlkampfmaterial habe man besorgt, sagt Fraktionschef Nickel. Aber er hat Nachdrucke von historischen Postkarten aus Hofheim im Schrank gefunden, die gut und gerne für eine Wahl in den achtziger oder neunziger Jahren hergestellt worden sein können. Die werden jetzt verteilt und von dem einen oder anderen auch gerne mitgenommen.

Debatte um erlaubte Wahlkämpfer

Die FWG hat sich auch der Debatte um die Zahl der erlaubten Wahlkämpfer dadurch entzogen, dass sie einfach auf dem Kellereiplatz noch einen zweiten Infostand aufgemacht und dort alle Passanten für sich alleine hat. Auch die CDU hat ihre Präsenz insofern verteilt, als dass Landwirt Jürgen Pauly ein großes Plakat mit allen Kandidaten auf dem Anhänger mit seinem Traktor durch die Innenstadt zieht. Ansonsten, so drängt sich der Eindruck auf, sind die Beteiligten froh, wenn dieser Wahlkampf, der runter merkwürdigen Vorzeichen stattfindet vorbei ist. Wobei am kommenden Samstag, direkt vor der Wahl, das Spektakel in der Fußgängerzone schon noch einmal eine Neuauflage erleben soll.

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