Hofheim: Österreichischer Finanzinvestor kauft Maschinenbauer Polar Mohr

Alle 300 Mitarbeiter werden übernommen. Aber die Zukunft der Tochterfirma Dienst ist noch unklar.
Hofheim. Es ist das Ende eines Familienunternehmens - aber immerhin nicht das Ende des Unternehmens an sich: Der Hofheimer Maschinenbauer Polar Mohr und die noch traditionsreichere, bereits 1906 gegründete Adolf Mohr Maschinenfabrik haben den Besitzer gewechselt und dazu den Namen und firmieren jetzt als „Polar Cutting Technologies GmbH“. Damit sei das Schutzschirmverfahren für diese Teile der Polar Group „erfolgreich beendet“. Das hat das Unternehmen gestern Nachmittag bekanntgegeben.
100 Prozent der Unternehmensanteile, die zuvor die 16 Gesellschafter gehalten hatten, allesamt Nachfahren des Firmengründers Adolf Mohr und seiner Söhne Karl und Rudolf, werden vom österreichischen Finanzinvestor SOL Capital übernommen. Unternehmenssitz bleibt Hofheim. Geschäftsführer der Polar Cutting Technologies ist Thomas Raab, der erst im Laufe des Schutzschirmverfahrens zusätzlich in die Geschäftsführung der Polar Group geholt worden war, die seit März 2020 von Michael Wombacher geleitet wurde.
Nach eigenen Angaben stellt die SOL Capital Management mit Sitz in Wien Unternehmen „Eigenkapital in Restrukturierungsphasen oder Sondersituationen zur Verfügung“. Ein Managementteam, so heißt es, begleite dann die Geschäftsführung des Beteiligungsunternehmens. Investiert wird grundsätzlich „in Industrie-, Produktions- und Dienstleistungsunternehmen mit Firmensitz im deutschsprachigen Raum“. Voraussetzung ist ein Mindestumsatz von 20 Millionen Euro. Die Kapitalgeber erhoffen sich am Ende natürlich Gewinne für die Investoren, die die Fonds speisen, mit deren Mitteln das Geschäftsmodell betrieben wird.
Für den Hofheimer Maschinenbauer die wichtigste Botschaft: Alle rund 300 Mitarbeiter in Hofheim und Shanghai sollen ohne Auswirkungen auf ihre Arbeitsverhältnisse in das neue Unternehmen übernommen werden. Nach Unternehmensangaben unterstützt der langjährige Partner Heidelberger Druckmaschinen AG die Investorenlösung und sichere auch den weltweiten Vertrieb und Service von Polar-Produkten.
Noch nicht klar ist, was aus der Dienst Verpackungstechnik und ihren rund 70 Mitarbeitern wird. Sie bleibt vorerst weiter unter dem Schutzschirmverfahren. Die Gespräche mit Interessenten liefen „auf Hochtouren weiter“, heißt es. Polar Mohr hatte das Hochheimer Unternehmen, das vor allem Verpackungsmaschinen für die Lebensmittelindustrie wie Pizzakartons herstellt, 2011 übernommen und 2020 nach Hofheim umgesiedelt.
Für die Mitarbeiter von Dienst hoffe man nun auf „eine vergleichbare Lösung“ wie für Polar und die Adolf Mohr Maschinenfabrik, lässt die Familie Mohr verlauten. Sie äußert sich insgesamt erfreut über die „zukunftsweisende Lösung“ für das nicht zuletzt infolge von Zulieferproblemen in finanzielle Schieflage geratene Traditionsunternehmen, das seit Jahren mit sich verändernden Marktbedingungen und verspäteten Anpassungen an diese kämpft.
Der neue Geschäftsführer Thomas Raab zeigt sich zuversichtlich, dass es dem Unternehmen Polar Cutting Technologies nun gelingen wird, „unsere Innovationsführerschaft weiter auszubauen und zu festigen“. Durch den Neustart und die zusätzlichen Eigenmittel werde „unsere Stellung als Branchenleader“ beflügelt. Auch der neue Managing Partner der SOL, Haiko Stüting, will die „Marktführerschaft weltweit stärken und ausbauen.“
Rechtsanwalt Dr. Robert Schiebe, der im Rahmen des Schutzschirmverfahrens als Generalbevollmächtigter der Polar Gruppe eingesetzt war. In nur fünf Monaten sei sowohl der Verkauf des rund 48 000 Quadratmeter großen Firmengeländes wie der beiden Schneidemaschinen-Unternehmen gelungen. Das Geld der SOL wird nicht zuletzt für ein neues Werk - möglicherweise in Diedenbergen - gebraucht, das, so Polar, „heutigen Produktionsanforderungen entspricht.“ babs