„Nicht wirklich was Berauschendes“

Reaktionen der Basis auf die Ergebnisse des Synodalen Wegs
Main-Taunus. Quasi vor der Haustür hat er am vergangenen Wochenende seinen Abschluss gefunden, der „Synodale Weg“, mit dem die römisch-katholische Kirche in Deutschland auf dem Boden der Erkenntnisse aus der Missbrauchsstudie (MHG-Studie) einen Reformprozess einleiten wollte. Wie kommt an der Basis an, was da am Ende beim Ringen der rund 200 Synodalen herausgekommen ist?
„Nicht wirklich was Berauschendes“ steht für Isabelle Clessienne nach fünf Jahren Beratungen unter dem Strich. „Immerhin haben sie etwas aufs Papier gekriegt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, wie man so schön sagt“, meint die Ärztin aus Kriftel, engagiertes Mitglied der Pfarrei St. Elisabeth. Zumindest die Handlungsempfehlung, nach der Segensfeiern für queere und wiederverheiratete geschiedene Paare künftig möglich werden sollen, ist für Clessienne etwas Greifbares. Das sieht auch Bruder Norbert Lammers aus Hofheim ähnlich.
Segensfeiern gibt es doch schon längst
Der Franziskaner hatte sich Anfang 2022 am Projekt „#Out In Church - für eine Kirche ohne Angst“ beteiligt, mit dem kirchlich engagierte Menschen ihre sexuelle Orientierung öffentlich machten, um so einen Beitrag zu mehr Ehrlichkeit zu leisten und eine Veränderung des kirchlichen Arbeitsrechts zu erreichen. Er habe sich schon gefreut, „dass das Thema Segensfeiern jetzt aus den Hinterhöfen raus ist“, so Lammers. Warum es dazu aber erst einen Ritus braucht, was den Start bis 2026 hinausschieben soll, ist für Lammers wie für Clessienne fragwürdig. Zum einen gebe es längst solche Segensfeiern. Zum anderen fragt der Ordensmann aus dem Haus vom Guten Hirten ganz grundsätzlich: „Braucht es da wirklich einen offiziellen Ritus?“ Ihr fehle da ein wenig an „Vertrauen, dass die, die es machen, es schon geistgeleitet machen“, meint Isabelle Clessienne.
Nur kleine Fortschritte in Sachen Reformen
„Ich bin gespannt, wie’s umgesetzt wird“, sagt die Pastoralreferentin Odila Machill, die zum Pastoralteam der Pfarrei St. Elisabeth Hofheim, Kriftel, Eppstein gehört. Dass die sexuelle Orientierung und die Frage nach einer erneuten Heirat nach Scheidung zumindest im Bistum Limburg schon keine Bedingung mehr für ein kirchliches Beschäftigungsverhältnis ist, „das finde ich gut“, sagt die Seelsorgerin. Im Herbst, als es so viel Gegenwind aus Rom wie von einigen deutschen Bischöfen für den Synodalen Weg gegeben habe, sei sie „schon sehr enttäuscht“ gewesen, meint Machill. Daher habe es sie doch positiver gestimmt, dass es nun in Frankfurt zumindest kleine Fortschritte in Sachen Reformen gegeben habe.
Odila Machill erinnert aber auch daran, dass ihrer Berufsgruppe vor Jahren schon einmal mehr zugetraut und ermöglicht worden ist. „Ich komme und halte die Messfeier, aber Sie predigen“, habe ihr etwa ein alter Priester damals ganz selbstverständlich gesagt. Dass dies offiziell noch immer nicht erlaubt ist und ein Vorstoß in diese Richtung auch in Frankfurt so nicht durchkam, ist für die Theologin ein Zeichen für zu wenig Veränderungsbereitschaft. „Ich wünsche mir schon mehr Mut“, wie ihn Bischof Georg Bätzing in bewundernswerter Weise zeige. Für die Pfarrgemeinderatsvorsitzende von St. Elisabeth, Dagmar Hirtz-Weiser aus Eppstein, führt an synodalen Beratungen und den damit verbundenen Kompromissen auch in Zukunft kein Weg vorbei, wenn man zu „etwas progressiveren Ergebnissen“ kommen wolle.
Die pensionierte Richterin ist etwa überzeugt, dass die katholische Kirche „auf Dauer“ nicht umhinkomme, die Weihe von Frauen zu erlauben. Sie wünscht sich eine Kirche mit „offenem, menschlichem Gesicht“. Das zu zeigen sieht sie auch als eigene Aufgabe, zumal die Kirche so viel Positives zu geben habe.
Barbara Lecht aus Kelkheim, seit Neuestem der weibliche Part im Leitungs-Duo der Kirchenregion Main-und Hochtaunus als neuer mittlerer Ebene, ist ebenfalls sicher, dass die Kirche „eine Veränderung, eine Diversität braucht“. Sie fand gut, dass darüber auch intensiv und gründlich diskutiert worden sei. „Die Stärke Jesu war, nach den Menschen zu gucken. Wenn wir das nicht hinbekommen, sind wir nicht glaubwürdig“, ist die Lehrerin überzeugt.
Auch in der evangelischen Kirche werden die Reformbestrebungen der Katholiken verfolgt, Pfarrer Reinhardt Schellenberg von der Marxheimer Thomasgemeinde ist angesichts der Römischen Kritik aber vorsichtig. „Mal gucken, ob’s klappt“, sagt er. „Ich wünsche es der katholischen Kirche von Herzen.“
Und dann gab’s da noch einen ganz kurzen Kommentar von Pater Anto Batinic, Franziskaner und Priester im Pastoralteam von St, Elisabeth, zum Synodalen Weg in seiner Sonntagspredigt: „Hoffentlich wird etwas draus!“