Stromtrasse in Hofheim soll unter die Erde

Eine ganze Reihe von Beschlüssen hat die Stadtverordnetenversammlung zum Thema Ultranet gefasst. So soll ein Akteneinsichtsausschuss die Rechtslage um die bestehende Leitung klären.
Man kann wirklich gespannt sein, was das Ergebnis des Akteneinsichtsausschusses sein wird, den die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag der Grünen eingesetzt hat. „Die Stadt ist nicht die Genehmigungsbehörde, es gibt keine Akten“, erklärte der SPD-Stadtverordnete Werner Wittchen. Die Stadt sei Grundeigentümerin und ohnehin an Genehmigungsverfahren beteiligt worden, so dagegen die Linken-Stadtverordnete Barbara Grassel. Dazu müsse es auch Unterlagen geben.
Zumindest in dieser Frage wird sich im Ausschuss zeigen, wer Recht hat. Der muss eingerichtet werden, wenn auch nur eine Fraktion es verlangt. Es dauerte eine Weile, bis die Mehrheit sich darauf einließ, den Ausschuss so groß zu machen, dass auch die kleinen Parlamentsfraktionen vertreten sind. Auch zu dem Vorwurf, das Thema des Ausschusses sei so nicht genau genug bestimmt, gab es allerlei Diskussionen. Die Linke ließ sich aber nicht beirren: Wenn „alle Hochspannungsleitungen“ im Antrag stehen, dann sind auch alle gemeint. Da kann es auch keine Unklarheit geben.
Hintergrund ist, dass es Zweifel daran gibt, dass die bestehende Leitungstrasse über Bremthal, Wildsachsen und Langenhain überhaupt genehmigt ist. Die Kritiker der Trasse argumentieren, dass es sich ohne eine Genehmigung bei der geplanten neuen Gleichstromleitung Ultranet eben um einen Neubau handele. Und dann müsse der gesetzlich notwendige Schutzabstand von 400 Metern zur Wohnbebauung eingehalten werden. Das aber wäre in den drei genannten Orten nicht möglich.
Messungen veranlassen
Die Bundesnetzagentur teilt diese Einschätzung übrigens nicht. In einem Schreiben an die Stadt Hofheim wird die Auffassung vertreten, maßgeblich sei die Einhaltung der geltenden Grenzwerte für die Belastung durch die elektrischen und magnetischen Felder - und zwar unabhängig vom tatsächlichen Leitungsabstand. Auch die Firma Amprion, die die Leitung bauen möchte, hat schon die Auffassung vertreten, dass der Schutzstreifen nur aus optischen Gründen eingehalten werden muss.
In dem Zusammenhang interessiert die Stadtverordneten, welchen Belastungen die Anwohner jetzt schon ausgesetzt sind, also ohne Gleichstromleitung. Derzeit ist nur eine Wechselstromleitung in Betrieb. Einstimmig wurde beschlossen, das der Magistrat in allen betroffenen Stadtteilen, auch Marxheim und Diedenbergen gehören dazu, Messungen durchführen soll. In Auftrag gegeben werden sollen diese Untersuchungen bei einer unabhängigen Stelle wie TÜV oder Dekra. Sollte auch der Main-Taunus-Kreis solche Messungen veranlassen, wird die Stadt auf eigene Untersuchungen verzichten, sich aber vom Landratsamt die Ergebnisse geben lassen.
Argumentationshilfen
Nicht ganz einig sind sich die Kritiker des Vorhabens, ob eine andere Trassenführung, etwa durch Hunsrück, oder ein Erdkabel die bessere Lösung wäre. Für das Erdkabel wird ins Feld geführt, dass die linksrheinische Variante durch Festlegungen für andere Abschnitte schon gar nicht mehr realisierbar sei. Für die Forderung nach einer ganz anderen Trassenführung wird geltend gemacht, dass dies die Chance bedeuten könnte, gleich auch die bestehende Wechselstromleitung loszuwerden.
In einer einstimmig verabschiedeten Resolution fordert die Stadtverordnetenversammlung, dass ein Erdkabel verlegt wird, so wie in anderen Bundesländern auch, um alle Bürger gleich zu behandeln. Die Bundesnetzagentur steht auf dem Standpunkt, rechtlich keine andere Möglichkeit zu haben als die Freileitungsversion. Daher fordert die Stadt das Bundeswirtschaftsministerium auf, die ihr unterstellte Bundesnetzagentur zu einer Änderung ihrer Auffassung zu veranlassen.
Die Bevölkerung entlang der neuen Trasse sei sogar schutzbedürftiger als die Menschen an den anderen Leitungen, weil bei Ultranet weltweit erstmals Gleich- und Wechselstromleitungen über die gleichen Masten gespannt werden sollen. Netzbetreiber Amprion argumentiert, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass dies mit Gefahren für die menschliche Gesundheit verbunden sei. Demgegenüber betonen die Kritiker, dass eine solche Hybridleitung, da bisher noch nicht realisiert, in ihren Auswirkungen noch gar nicht ausreichend untersucht sein könne.
Die Stadt Hofheim möchte aber auch die Bürger unterstützen, die als Anlieger im anstehenden Genehmigungsverfahren als Privatpersonen Anregungen und Bedenken vortragen möchten. Zu diesem Zweck soll die Verwaltung eine Argumentationshilfe erarbeiten, die die Bürger bei der Formulierung ihrer Stellungnahme verwenden können.