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Die Stromtrasse soll weit weg - bloß wohin genau?

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7169f097-41cf-4ae0-af6e-91b018fd78d3.jpg © Patrick Pleul (dpa-Zentralbild)

Die Bürgerinitiative gegen Ultranet hatte zur Podiumsdiskussion in die Wildsachsenhalle geladen. Es gab viel Wahlkampf, Schelte für die Grünen, verschiedene Ansichten aber durchaus auch übereinstimmende Ziele.

Eine Zuschauerin hatte ein Problem. „Das war ja eine reine Wahlkampfveranstaltung“, erklärte sie beim Verlassen der Wildsachsenhalle. Allerdings konnte der Verlauf der Podiumsdiskussion nicht wirklich überraschen – wenn man ein paar Tage vor der Landtagswahl die Kandidaten auf die Bühne holt, schielen, diese natürlich auf die Wählerstimmen.

Insofern hatte auch Dirk Lorbach ein Problem. Der sollte die Debatte moderieren, kennt sich im Thema aber besser aus als alle Kandidaten zusammen und hatte auch das Bedürfnis, in Details einzusteigen, von Grenzwerten angefangen bis hin zu anstehenden Gesetzesnovellierungen. Und so gab es für eine Wahlkampfveranstaltung zu viele Details und für einen Infoabend zu viel Wahlkampf.

Christs Problem

Ein besonderes Problem hatte Oliver Christ, Direktkandidat der Grünen auf Listenplatz 44, also ohne echte Chance, in den Landtag einzuziehen. Der hatte das Pech, dass aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Antwort der FDP-Bundestagsfraktion eindeutig hervorgeht, dass die hessische Landesregierung im Jahre 2014 befürwortet hat, die geplante Gleichstromleitung Ultranet einfach auf die Masten der vorhandenen Wechselstromleitung zu spannen. Federführend war das grün geführte Wirtschaftsministerium.

Das kommt in Wildsachsen und Langenhain, wo die Häuser ganz dicht an der Leitung stehen, nicht gut an. Die Landesregierung habe es damals für plausibel gehalten, nicht noch zusätzliche Masten aufzustellen, so Christ. Die große Sensibilität für das Thema Abstand zur Wohnbebauung habe sich erst später entwickelt. In dem Punkt, räumte er ein, gebe es bei den Grünen in Wiesbaden noch Luft nach oben. Wenn der Leitungsbetreiber, die Firma Amprion, es jetzt eilig habe mit dem Projekt, dann bedeute dies auch die Chance, dass sich das Unternehmen noch auf Kompromisse zugunsten der betroffenen Bürger einlasse,.

„Nur Rendite zählt“

Freilich wollten die anderen Diskussionsteilnehmer die Grünen mit solchen Aussichten nicht davonkommen lassen. Die Landesregierung wolle den schnellen Bau der Leitung, und das über die Köpfe der Bürger hinweg, so die FDP-Kandidatin Kornelia Ahr-Wiehe. Und für Linken-Kandidat Ingo von Seemen hat das alles sowieso System. „Wenn die Konzerne kommen und von Rendite reden, dann schalten die Regierungen das Gehirn aus, und die Menschen haben das Nachsehen.“

Von Seemen plädierte für eine dezentrale Energiewende, die ohne solche Leitungen auskommt. Dabei wird weithin bezweifelt, dass Ultranet überhaupt dem angegebenen Zweck dient, Windstrom nach Süddeutschland zu schaffen, oder ob es nicht vielmehr um den Transport von Braunkohlestrom geht.

Alexander Feist, CDU-Ersatzkandidat aus Kriftel, neigt schon eher der Windstrom-Theorie zu und warnt vor einer Verteufelung des Planes. Er sieht eine Parallele zum Mobilfunk: Keiner wollte die Masten in der Nachbarschaft, aber jeder mit dem Handy telefonieren.

Dezentrale Versorgung

Wie von Seemen sprach sich Hofheims Bürgermeisterin Gisela Stang (SPD) für eine dezentrale Energieversorgung aus, Ultranet werde dafür nicht gebraucht. Sie wies auf die Einschätzung der Stadt Hofheim hin, dass schon die bestehende Leitung nicht zweifelsfrei genehmigt seien; dies werde auch ein Thema sein für die anstehende gerichtliche Auseinandersetzung.

„Die Frage muss gestellt werden, ob die bestehende Leitung so betrieben werden kann“, sagte Andreas Nickel (FWG), der nicht für den Landtag kandidiert, aber Stangs Nachfolger in Hofheim werden will. Stang schimpfte, die Landesregierung habe ihren Job nicht ordentlich gemacht und die gesundheitlichen Belange der Bürger nicht ins Verfahren eingebracht.

Dass die Auswirkungen einer Kombination von Wechsel- und Gleichstromleitungen auf den Menschen nicht ausreichend untersucht seien, kritisierten alle Diskussionsteilnehmer. Am liebsten wäre allen, wenn die Leitung, so sie überhaupt kommt, jenseits des Rheins gebaut würde – der Vorwurf wurde nicht ausgeräumt, dass diese Option nicht ausreichend geprüft wurde.

Die zweitbeste Lösung wäre eine Erdverkabelung, wie sie auch in Bayern vorgesehen ist, und wenn daraus nichts wird, soll die Leitung wenigstens so verschwenkt werden, dass sie überall einen Abstand von 400 Metern zur Wohnbebauung einhält.

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