Anne Zegelmans „Glückskind“ hat viel durchgemacht

Schon vor neun Jahren hat Anne Zegelman ihren nun veröffentlichten Roman geschrieben. Eine glückliche Fügung spielte dem „Glückskind“ in die Karten. Es erzählt die bewegende Geschichte aus drei Generationen.
Sie war für das Höchster Kreisblatt schon frühmorgens um 3 Uhr mit einem Zeitungsausträger in Langenhain bei Eis und Schnee auf Reportage-Tour. Oder hat sich bei der Taunus-Zeitung für ein Sport-Experiment Elektroden anheften lassen, so dass die Haare zu Berge standen. Bei der Fahrt mit dem Nachtbus von Frankfurt nach Hofheim hat sie skurrile Dinge erlebt und veröffentlicht. Denn Schreiben, das ist die Leidenschaft von Anne Zegelman, die in Kelkheim wohnt und in Schwalbach aufgewachsen ist. Schon bevor sie ihre berufliche Karriere nach dem Studium als Freie Mitarbeiterin beim Kreisblatt startete, hatte sie sich den Wort-Gedankenspielen, dem Geschichtenerzählen verschrieben.
Glückliche Fügung
Dass sie ihr Metier beherrscht, das hat die 35-Jährige nun wieder unter Beweis gestellt. Ihr zweites Buch „Glückskind“ ist seit wenigen Wochen auf dem Markt. Nach einer langen Suche hat ihr der Geest-Verlag aus Vechta eine Chance gegeben. Dank einer glücklichen Vorgeschichte: Denn Anne Zegelman liebt es, auch Kurzgeschichten und Gedichte zu schreiben. Im Auto kam ihr die Idee für neue Verse, die sie aufnahm, dann abtippte und bei einem Wettbewerb des Geest-Verlages einreichte. Den 1. Preis gewann sie damit zwar nicht, reichte aber später ihr „Glückskind“ nach und freute nach der Zusage aus dem Norden selbst wie ein rundum glückliches Kind. Einige Jahre Suche nach einem Verleger ihres bereits 2009 verfassten Romans waren nun von Erfolg gekrönt.
Wobei sie den Titel schon mit einer Portion Ironie verstanden wissen will und ihn deshalb offiziell auch „glueckskind“ schreibt. Denn in den Geschichten von Martha, deren Tochter Tessa und der Enkelin Marie geht es nicht immer himmelhochjauchzend zu. Durch ein tragisches Ereignis, das eine Freundin erlebt hat, sei sie auf die Idee für die Erzählung gekommen, erzählt Anne Zegelman, die nach einiger Zeit bei der Frankfurter Neuen Presse nun bei der „Ärzte Zeitung“ arbeitet. Sie habe daraus eine Kurzgeschichte machen wollen, sei dann aber im Text in einer anderen Generation gelandet – und schließlich wurden deren drei Familienepochen in „Glückskind“ daraus.
Auch der aufregende Beginn hat einen wahren Kern: Während im Buch Großvater Jakob eine Fahne der Tschechoslowakei bei der Fronleichnamsprozession 1951 in einem ostdeutschen Dorf hisst, so habe dies eine Koreanerin in Schwalbach bei dem katholischen Fest tatsächlich einmal gemacht. Das erzählt die zweifache Katzen-Mama, während es sich ihre Siam-Samtpfote „Tiger“ auf dem Esszimmertisch gemütlich macht. Genau dort, und fast nur dort, schreibt Anne Zegelman auf dem Laptop an ihren Geschichten. Und vieles geht spontan: „Bei mir fallen die Puzzleteile plötzlich im Kopf zusammen. Bei mir strickt es sich, wenn ich schreibe.“ Es habe große Vorteile, seine eigene Leserin zu sein und Dinge im Gegensatz zum fertigen „Drehbuch“ verändern zu können.
Und so wird auch das „Glückskind“ zu einer Achterbahnfahrt durch das Leben der drei Frauen, von Liebe und Tod, von der Nachkriegszeit bis heute, zwischen Deutschland, Indien und Amerika, von der gut behüteten Familie bis in eine wilde Kommune. „Das Glückskind hat schon viel durchgemacht“, sagt Anne Zegelman zur Entstehungsgeschichte. Bei ihrem ersten, im Societäts-Verlag erschienen Lifestyle-Roman „Frankfurt liebt dich“ habe sie gelernt, dass die Arbeit mit dem fertigen Buch erst anfängt: Lesungen terminieren (siehe „Info“), Werbung platzieren, Klinken putzen. In ihren zuletzt drei Wochen Urlaub sei sie vor allem in Sachen Hobby als Autorin unterwegs gewesen. „Wenn jemand Lust hat, das Buch zu verfilmen, gerne“, sagt sie mit Blick auf eine gute Vorlage für laufende Bilder.
Freiheit genießen
Auch wenn sie schon davon träume, mal den großen Wurf zu landen, so bleibt sie doch auf dem Boden. „Mir war immer klar, dass ich niemals davon werde leben können“, räumt sie ein. Kunst sei kein einfaches Geschäft. Aber sie wolle vielleicht auch gar nicht die Bestseller-Autorin wie Nele Neuhaus oder Joanne K. Rowling sein. Die eine stehe für Taunus-Krimis, die andere für magische Geschichten, „sie können sich ja gar nicht mehr ausprobieren“. Sie wiederum habe als Autorin im Nebenjob „immer die Möglichkeit, mich neu zu erfinden“. Und es gibt für Anne Zegelman ja noch ein Leben neben dem Schreiben – das ihrem Lebensgefährten, den Freunden, den Katzen und dem Reisen gilt.
„Glückskind“ im Handel
Das Buch ist auch in Kelkheimer Buchhandlungen erhältlich für 12 Euro (ISBN: 978-3-86685-629-5).