Hornau: Die Gagern werden jetzt zu Kino-Helden

Film über berühmte Hornauer Familie vollendet / Viel Lob und Vorschlag, ihn in die Schulen zu bringen
Hornau. Ein Blick auf und in die Paulskirche von verschiedenen Seiten. Eine Stimme aus dem Hintergrund beginnt mit starken Worten: „Deutschland will eins sein.“ Bald der Szenenwechsel zum Fischbacher Staufen, ein Flug über den Mannstein. Die Tafel „Staufenschwur“ naht - Sprecher Michael Quast, der bekannte Schauspieler, untermauert den erhebenden Moment: „Nur eine deutsche Fahne sollte wehen. Vom Ostseestrand bis zu den Alpenhöhn’.“ Dann die Frage: Wie kam es zu diesem Schwur der Hornauer Brüder Friedrich, Heinrich und Max von Gagern, die auf dem Gipfel gelobt haben, sich für die Einheit stark zu machen?
In den folgenden fast 22 Minuten wollen die Stadt als Auftraggeberin, Experten der Familie von Gagern und Filmemacher Johannes Romeyke von der Agentur Musealis in Weimar Antworten geben. So lang ist etwa der Film „Die Freiherren von Gagern - Wegbereiter der parlamentarischen Demokratie“, der nun fertig und unter anderem über das Portal You-Tube abrufbar ist. Es ist neben einem Theaterstück mit Michael Quast, einer Ausstellung im Mai, zu der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erwartet wird, dem Buch „Gagern. Pioniere der deutschen Demokratie“ des Kelkheimers Torsten Weigelt und der Sanierung der Gagern-Gräber ein weiterer Beitrag zu 175 Jahren Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche.
Fotos, Experten und Schauplatz-Szenen
Fünf Tage war Romeyke mit einem Kollegen in Kelkheim unterwegs, hat Material in mehr als zehnfacher Länge des Films gesammelt, mit der Drohne den Ort und den Staufen von oben in Szene gesetzt, im Museum vor der Büste des Familienoberhaupts Hans Christoph von Gagern Fachleute zu Wort kommen lassen. Als die Anfrage von Ideengeberin und Kulturamtschefin Beate Matuschek kam, habe er das Thema als „total spannend“ und für ihn in Teilen auch noch unbekannt empfunden, so Romeyke. Und schnell in Hornau gemerkt: „Ich habe den Eindruck, dass die Geschichte der Gagern gelebt wird, hier tief verwurzelt ist.“ Sehr beeindruckt habe ihn die private Gagern-Bibliothek des Kelkheimers Hans Grimm.
Der ist angetan vom Film und rät bei der Premierenvorstellung im Kino, diesen Beitrag auch den Schulen zugänglich zu machen. Damit dadurch das Demokratie-Verständnis gestärkt werde. Diese sei eine bedeutende Errungenschaft, betont auch Film-Unterstützer Matthias Bonczkowitz, und fügt an: „Da gilt es, immer für die Demokratie zu kämpfen.“
So wie es die Gagern vor rund 200 Jahren auch getan haben. Sie hätten „zu den profiliertesten Politikern“ gezählt, sagt Matuschek im Einspieler-Interview. „Es ist erstaunlich, mit welcher Vehemenz sich die Familie einsetzte und mitgestaltete.“ Der Zuschauer wird mit Bildern von Alois Steyer in das alte Hornau geführt, ein Dorf mit damals nur 250 Seelen. Buch-Autor Weigelt weiß, dass mit den Gagern im Hofgut „der Hauch der großen, weiten Welt eingezogen ist“. Und in der großen Familie sei die Rückkehr der drei politischen Brüder immer so etwas wie „Ferien auf dem Bauernhof gewesen“.
Zu Wort kommt auch Frank Möller von der Universität Greifswald, der seine Habilitationschrift über Hans Christoph von Gagern geschrieben hat. Dessen Haltung sei „ein Produkt der Aufklärung“ gewesen, geprägt von Vernunft. „Die Familie war erstaunlich tolerant zu dieser Zeit“, weiß Möller. Mit dem Hofgut und seinen vielen Gästen als „geistig-politisches Zentrum“.
Karriere machte Heinrich, später sieben Mal wiedergewählter Parlamentspräsident, zunächst über die Burschenschaften. Er sei groß gewesen, ein Adliger, der bei Waterloo gekämpft habe - für Möller das Beispiel einer „jungen Generation, die sich abheben wollte“. Quast nennt ihn einen „Apostel einer neuen Zeit“.
Dem auch manche Frau zu Füßen lag. Historikerin Helma Brunck geht im Beitrag auf die Rolle der Damen ein, die zuerst noch hinter der Kanzel der Paulskirche versteckt waren, später eine eigene Galerie erhielten. Brunck hat bald ein Buch über Clothilde Koch-Gontard fertiggestellt, das eine besondere Frau vorstellt. Sie habe ihren Kunst-Salon zu Hause in einen politischen Treffpunkt verwandelt, den auch die Gagern gerne besuchten. Und kaum eine Sitzung des Parlaments verpasst. Bruncks Buch soll dann im zweiten Halbjahr auch in Kelkheim vorgestellt werden.
Für Ersten Stadtrat Dirk Hofmann ist der Film ein „wichtiger Stein, um das Mosaik zu vervollständigen“. Während Kelkheim schon längst das Paulskirchen-Jubiläum lebe, sei es in Frankfurt noch in den Gedankenspielen. „Schön, was er filmerisch herausgekitzelt hat“, freut sich Matuschek über das Ergebnis. Es zeige, welcher „Think-Tank“ der deutschen Demokratiegeschichte damals hier gearbeitet habe. Und auch die Hornauer Gagern-Kennerin Christa Wittekind ist angetan.
Für Jürgen Moog, Vorsitzender des Museumsvereins, ist klar: „Die Familie von Gagern muss in das Museum.“ Der Film habe durch seine besonderen Schnitt- und Blende-Techniken neben dem fachlich-historischen auch einen hohen „Unterhaltungswert“, lobt Moog. Neben der Stadt- und der Möbelgeschichte gehöre die Demokratie-Entwicklung aus Hornau als dritte Säule künftig dazu.
Film auf einigen Kanälen
Der Film kann auf dem Internet-Portal You-Tube angeschaut werden unter dem Link: https://www.youtube.com/watch?v=qH55ba0WEtE . Zudem will das Museum ihn in seine Videothek übernehmen, die Hessische Staatskanzlei hat Interesse, auch die Initiative „Orte der Demokratiegeschichte“.