Hornau: „Lebt jeden Tag, habt Freude am Leben“

Besondere Parkinson-Selbsthilfegruppe hat eine neue Leiterin und eine treue beratende Ärztin.
Hornau. „Ihr habt nur Parkinson. Es ist gut behandelbar, die Lebenserwartung ist gut. Lebt jeden Tag, habt Freude am Leben.“ Starke Sätze, die Rommi Born, da ausspricht. Und sie weiß, was sie da sagt: Seit 1992 beschäftigt sich die Ärztin mit Parkinson, ist am Klinikum Hanau in der Neurologie angestellt. Und kommt ein paar Mal im Jahr ins Vereinshaus Hornau. Dort bietet sie verschiedene Beratungen für die Parkinson-Selbsthilfegruppe Main-Taunus/Kelkheim an. Mal für jeden einzelnen Patienten, gerne mit Angehörigen, mal in der Gruppe.
Langer Kontakt zum Klinikum Hanau
An diesem Vormittag stehen wieder Termine an. Kerstin Peters hat die Liste vor sich. Eigentlich sollten acht Personen vorbeischauen, es habe aber leider ein paar Absagen gegeben, sagt die neue Leiterin der Gruppe. Es gebe für die Beratungen durchaus eine Warteliste. Denn das Angebot ist besonders. Born berichtet, sie kenne keine andere Klinik in der Region, die den Selbsthilfegruppen diese Möglichkeit kostenfrei biete. Der frühere Chefarzt Horst Baas kannte die Kelkheimer Gründerin Gudrun Schwab - so kam der Kontakt zustande. Und ist bis heute geblieben, denn auch der neue Leiter Sven Thonke steht dahinter, stelle sie für diese und viele andere Parkinson-Sprechstunden in Gruppen frei, freut sich Born.
Denn sie weiß: Hier im kleinen Kreis, fernab von sterilen Klinik-Mauern, rede es sich einfach freier, offener. „Sie können Fragen stellen, die sie beim Arzt nicht stellen würden“, so Born und fügt an: „Wir lassen uns hier einfach Zeit.“ Wichtig sei es, Ruhe auszustrahlen. Und gut, wenn das Ganze nicht so einen Vortragscharakter hat. Denn da seien ihr die Patienten auch schon eingeschlafen. In einer offenen Runde erzählen sie wacher, „was ihnen am Herzen liegt“.
So ging es auch Kerstin Peters. Es habe schon einige Anzeichen auf Parkinson gegeben, die bei der Krankenschwester zunächst auf Überarbeitung zurückgeführt worden seien. Als ihre „Hand anfing zu flattern“, war der heute 60-Jährigen klar: Parkinson. Die Bestätigung durch einen Neurologen folgte im März 2022. Von Bad Oeyenhausen in Westfalen war sie nach Lorsbach in die Nähe der Tochter und Enkel gezogen. Auch wenn sie es geahnt habe, „hat mich das trotzdem geschockt“, erzählt Peters offen. Sie suchte nach einer passenden Selbsthilfegruppe - und fand sie im Vereinshaus Hornau. Das vor 29 Jahren bereits initiierte Angebot habe ihr sogar so gut gefallen, dass sie nur wenige Monate später schon die Leitung übernahm.
Sie ist auf Heidrun Jung gefolgt, die vier Jahre lang die Gruppe mit nun rund 60 Mitgliedern führte. Jungs Mann Alois hat seit gut 15 Jahren Parkinson. Sie bleibe Stellvertreterin, müsse sich aber mehr um ihren Gatten kümmern, sagt sie und freut sich nach einigen Abgängen in den Pandemie-Zeit nun wieder über Neulinge und auch eine Verjüngung der Initiative. Wünschen würde sich Jung aber extra Sprechstunden für die Angehörigen. Ein wichtiger Aspekt, sieht Peters ebenso den Bedarf an zusätzlicher Selbsthilfe für Pflegende. Meist nehmen aber die Partner und Betreuer auch an den Angeboten der Gruppe teil.
Und davon gibt es in der Initiative, die dem Parkinson-Bundesverband angehört, eine ganze Menge. Jeden Mittwoch um 14.30 Uhr leitet die Physiotherapeutin Barbara Buschbeck, Tochter von Gründerin Gudrun Schwab, die Gymnastik im Vereinshaus. Nach 45 Minuten ist entweder Opernsängerin Petra Lampe mit einem Atem- und Stimmtraining an der Reihe, es gibt Gehirnjogging auch mit Spielen oder mal eine Kaffeerunde. Freitags bietet die Gruppe noch Wassergymnastik im Königsteiner Schwimmbad an. Schnuppern sei jederzeit möglich, betont Peters, die für Fragen und auch Anmeldungen unter 01 70 /5 98 29 58 dankbar ist. Und die schon mal den Vortrag einer Ärztin zu Augengymnastik in diesem Jahr ankündigt.
„Bewegung ist das A und O“
Peters weiß: „Bewegung ist das A und O.“ Es sei wichtig, sich nicht zurückzuziehen, „in der Öffentlichkeit zu bleiben“. Die Gruppe könne hier unter Gleichen viel auffangen, die ärztliche Beratung mit ausreichend Zeit sei eine wichtige Ergänzung - und keine Konkurrenz, wie Medizinerin Born betont: „Eine zweite Meinung, das kann man sicher immer einholen.“ Ihre Hilfen reichen von Fragen zum Essen und den Medikamenten bis zu grundsätzlichen Dingen.
So hat Peters erst am 11. April am „Welt-Parkinson-Tag“ von einem Wissenschaftler gehört, in gut zehn Jahren könnte die Krankheit heilbar sein. „Das warten wir erstmal ab“, sagt die Lorsbacherin dazu und trifft damit genau die Einschätzung der Hanauer Ärztin. In den 30 Jahren, in denen sie damit zu tun hatte, so Born, habe es „wenig ganz Neues“ gegeben, sich eher „bekannte Dinge weiter entwickelt“. Deshalb könne sie auch „nicht wirklich von Heilung sprechen“. Jede Behandlung sei individuell, für jeden Patienten gelte ein spezieller Plan. Wer sich daran halte, noch dazu die gut ergänzenden und motivierenden Angebote der Selbsthilfegruppen nutze, der habe eine gute Perspektive, sagt Born, die gerne nach Hornau kommt. Und deren Arbeit hier mit einem Blumen- und Süßigkeiten-Gruß stets gewürdigt wird.
Peters hat mit der Leitung der Gruppe ihr erstes größeres Ehrenamt gefunden und gibt sich kämpferisch nach ihrer noch recht frischen Schock-Diagnose. Auch wenn vieles etwas langsamer gehe, setze sie sich aufs Fahrrad, „um die Angst zu nehmen“. In Groß-Gerau hat sie sogar von einer Parkinson-Tischtennisgruppe erfahren. Und in Hornau hatte es mal Tango gegeben. Interessante Ansätze, um aus einer sehr aktiven Gruppe vielleicht noch ein bisschen mehr zu machen.