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Kelkheim: 18-Jähriger initiiert Bücherei-Bau in Ghana

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Von: Frank Weiner

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Noah Braunwarth unterstützt die einheimischem Helfer beim Wasser- und Material-Tragen für sein Herzensprojekt.
Noah Braunwarth unterstützt die einheimischem Helfer beim Wasser- und Material-Tragen für sein Herzensprojekt. © privat

Noah Braunwarth hat sich im Freiwilligendienst besonderem Projekt verschrieben / Spendenaktion läuft.

Kelkheim. „Leider wissen die Kinder nicht, was das Wort Bibliothek bedeutet.“ Das sagte mir Nicolas Coleman Cobbinah, Lehrer an der Kunkumso High School in Ghana, zu Noah Braunwarth, als der Kelkheimer ihm von seiner Liebe zu Büchern und Bibliotheken in Deutschland erzählte. Und dieser Satz löste bei den jungen Mann eine Initialzündung aus: „Ich denke, dass jedes Kind das Recht hat, neue Welten kennenzulernen und sich durch Bücher weiterzubilden.“ Deshalb wird der 18-Jährige mit Hilfe von Spendern eine Bibliothek in Kunkumso bauen, die Arbeiten dafür sind bereits im vollen Gange.

„Schon als Junge haben mich zwei Dinge fasziniert: das Lesen und in der Natur unterwegs zu sein“, blickt der junge Mann bei der Kommunikation mit dieser Zeitung per Mail zurück. Aber der drohende „Klimakollaps“ bereite ihm große Sorgen. „Unser aktueller Lebensstil zerstört den Planeten Erde und seine Schönheit - unwiderruflich. Und was unternehmen wir Menschen im Kampf gegen den Klimawandel? Anstatt gemeinsam das Ruder rumzureißen, führt die Menschheit vermeidbare Kriege. Heute mehr denn je“, findet er klare Worte.

Auch Wilderer-Suche im Nationalpark

Und so hat sich der Kelkheimer aufgemacht, „nach dem zu suchen, was ich tun kann“, wolle seinen Beitrag leisten. Also ging es nach der Schule raus in die Welt. Als Partner stieß Braunwarth auf den Freiwilligendienst „Kulturweit“, der unter Trägerschaft der Unesco im Ausland ein Freiwilliges Ökologisches Jahr anbietet. Es sei eine Organisation, die „sich den Anliegen der Menschen vor Ort stellt“ und helfe, „kulturelle Grenzen zu überwinden, Vorurteile abzubauen, neue Perspektiven kennenlernen und dabei einen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu leisten“. Nach der Zusage ging es nach dem Abitur in das Biosphärenreservat Bia-Tawaya, einen Regenwald im Westen Ghanas. Hier lebt und arbeitet Braunwarth seit September in der Verwaltung des Nationalparks.

Neben Patrouillen im Wald auf der Suche nach Wilderern besteht seine Arbeit nicht zuletzt aus Vorträgen zum Thema Klimawandel und Artenvielfalt an den umliegenden Schulen. „Mir war bereits im Vorfeld klar, dass die Ausstattung der Schulen in den ländlichen Regionen Ghanas nicht mit meinen Erfahrungen aus Deutschland vergleichbar sein würde. Nichtsdestotrotz gebe ich zu, ein wenig schockiert gewesen zu sein.“ Während das Niveau des Lernstoffs ziemlich hoch sei, bereiten vor allem fehlende Sach- und Schulbücher Probleme. „Eine ganze Jahrgangsstufe lernt aus einem einzelnen Buch. Mit anderen Worten: außer dem Lehrer hat weit und breit niemand Schulbücher“, erzählt der 18-Jährige. Lesematerial gebe es oft auch nur in den großen Städten, und selbst da sei es vergleichsweise teuer. „Die Lehrer betrachten diesen Mangel als ein strukturelles Problem, das individuelle Bildung, den Austausch kulturellen Wissens und die Sensibilisierung für Bedrohungen des Regenwalds massiv erschwert.“

Der Kelkheimer mit der Liebe zum Buch dachte sich: „Da muss sich doch was machen lassen.“ Und fing an, das Projekt Bibliothek zu planen. Mit Platz neben Unterrichtsstoff auch für Bücher über die lokalen Traditionen und das angrenzende Biosphärenreservat sowie seine Bedeutung, die kostenlos ausgeliehen werden können, und deren Verwaltung langfristig vom Lehrerpersonal übernommen wird.

Das Projekt stieß auf Interesse, die Bauarbeiten laufen bereits planmäßig. „Das ganze Dorf packt mit an, und es sieht ganz so aus, als würde die Bibliothek bald Realität sein“, berichtet Braunwarth, der für sein Werk allerdings auf Spenden hofft. Deswegen hat er ein Crowdfunding gestartet. Hilfen erreichen das Projekt über www.gofundme.com Stichwort: „Building a library in Kunkumso“.

Studium geplant zu Umweltschutz

Für den jungen engagierten Mann ist klar: „Die Bibliothek löst weder den Klimawandel, noch stoppt sie einen der aktuell tobenden Kriege. Gerade Letzteres macht das Leben durch enorme Kostenerhöhungen bei Lebensmitteln für die Menschen in Ghana sehr teuer.“ Dennoch ist er überzeugt, mit seinem Freiwilligendienst in Ghana etwas bewegen zu können. „In den vergangenen drei Monaten, die ich hier verbringen durfte, habe ich viele Gesichter Ghanas kennengelernt. Ob Shopping-Center und Hochhäuser neben Blechhütten oder Luxusautos neben überfüllten Dreirädern, die soziale Schere in Ghana geht dramatisch auseinander.“ Ungleiche Bildungschancen seien eine Ursache davon. Braunwarth: „Mit der Bibliothek, die zu einer nachhaltigen Bildung beitragen kann und dem Wunsch Einheimischer entspringt, möchte ich einen Beitrag dazu leisten, dass Lebenschancen für Mensch wie Natur steigen.“

Und wie soll es für ihn nach dem Jahr Aktivität und Hilfe in Ghana weitergehen? „Mir ist klar, dass es zum effektiven Kampf gegen den Klimawandel mehr braucht, als nur einen Freiwilligendienst. Deswegen möchte ich mich auch in Zukunft für Natur- und Umweltschutz einsetzen. Für mein Studium ab Herbst 2023 halte ich deswegen aktuell Ausschau nach einem Studiengang, der nachhaltige Entwicklung mit wirtschaftlichen Prozessen verknüpft“, berichtet Braunwarth. „Doch für den Moment gehört meine Aufmerksamkeit voll und ganz Kunkumso, dem kleinen Dorf im Westen Ghanas“, fügt er noch an und möchte natürlich die Ausleihe der ersten Bücher in „seiner“ Bibliothek noch live miterleben.

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