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Kelkheim: Die Retter der Technik-Spielwiese

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Robert Langfeld spielt mit dem großen, historischen Computer eine Runde Schach.
Robert Langfeld spielt mit dem großen, historischen Computer eine Runde Schach. © wein

Im privaten "Technikum 29" tut sich weiterhin einiges, aber Lagerräume werden gesucht.

Hornau. Roland Langfeld nimmt am großen PDP-Rechner Platz. Es ist ein Computer von anno dazumal. Aber die Rarität hatte schon ihre Qualitäten. Langfeld bringt den Kasten in Gang und tippt Zahlen auf der Tastatur. Gleichzeitig setzt er den Bauern auf einem Schachbrett nach vorne. Einen Moment später reagiert der alte Computer und druckt seinen Zug auf dem Endlospapier im Drucker aus. So könnte Langfeld jetzt eine Partie Schach spielen.

Duo hält Müllers Erbe am Leben

Was heute jedes Smartphone kann, war in den Anfangszeiten der Computer selten. Um die technischen Wunderwerke nach dem Krieg bis in die 1970er Jahre für die Nachwelt zu retten, hatte Heribert Müller 2005 in der ehemaligen Filiale der Nassauischen Sparkasse in Hornau das "Technikum 29" als Museum eröffnet. Computerfreunde, Tüftler, Kinder und Jugendliche konnten sich hier umschauen, an Führungen teilnehmen. Dann starb Müller im April 2018. Zwar ist es seitdem ein wenig ruhiger geworden um das "Technikum 29". Doch ein Duo arbeitet mit Helfern daran, das Erbe lebendig zu halten.

Müllers Sohn Sven Köppel ist inzwischen Eigentümer der Immobilie "Am Flachsland". Da er aber nicht in der Region wohnt, übernimmt Roland Langfeld die Arbeit vor Ort. Der promovierte Physiker war Forschungsleiter bei Schott in Mainz und sammelt zu Hause in Frankfurt alte Computer und Radios. Einmal nahm der heute 63-Jährige an einer Führung von Müller im "Technikum 29" teil. "Da war mir klar: Hier möchte ich mithelfen", erinnert er sich. Ihm mache es Spaß, sich auf dieser riesigen Technik-Spielwiese auszutoben. Auch Vorträge und Führungen zu leiten, geht Langfeld, der noch als Unternehmensberater aktiv ist, ebenso gut von der Hand.

Und so hat sich einiges getan im Technikmuseum, seitdem das Duo Köppel/Langfeld vor gut einem Jahr zum Startschuss für einen Neuanfang eingeladen hatte. Wichtigster Punkt war die Einigung der Erbengemeinschaft, so dass Enthusiast Köppel die Sammlung und das Gebäude, mit einer vermieteten Wohnung im Obergeschoss, führen kann. Rund 20 Interessenten konnten als Helfer gewonnen werden, sie kommen zum Teil aus Hamburg, Mannheim und Karlsruhe. Bis zum Februar gab es mehr als zehn öffentliche Führungen mit zusammen über 150 Besuchern.

Dann kam Corona. Die Pandemie hat auch das "Technikum 29" etwas ausgebremst, Führungen waren in Gruppen nicht mehr möglich, Reparaturen wurden zurückgefahren. Nur Einzelpersonen, wie ein Sammler alter Röhrenrechner aus England, erhielten Zutritt. Doch hinter den Kulissen konnte es weiterlaufen, eine Inventur lief, es gab Spenden von Geräten oder Teilen. Helfer um den Hausmeister Ralf Kircher kümmerten sich um den Garten.

Laut Langfeld soll erst einmal kein Verein für das Museum gegründet werden: "Wir sind noch auf der Suche nach der richtigen Form." Klar ist für den Verwalter aber auch: Das große Ziel ist es, "die Einmaligkeit dieses Museums zu erhalten, zu demonstrieren und dokumentieren". Dabei will sich das Team auf die alten Großrechner und -maschinen konzentrieren, sich von den Radios, Fernsehern und moderneren Computern trennen. Kleine Zettel zieren inzwischen die meisten Geräte - Grün zeigt in vielen Fällen die Funktionstüchtigkeit an. Es gibt Infos zur Technik und einen QR-Code als Umleitung auf die Homepage. So verfügt das Museum über eine Tabelliermaschine, die als einzige weltweit Wurzeln berechnen kann. Oder über einen Schulungscomputer, der die Funktionsweise erklärt.

Platz für Sichtung wird gebraucht

Das Netzwerk funktioniert inzwischen sehr gut. Der Kelkheimer Jürgen Straub hat Olivetti-Geräte repariert, eine Gruppe hat die Fernschreiber auf Vordermann gebracht und im Keller ein Netzwerk aufgebaut, über das sich ins Internet verbunden werden kann. Auch mit dem IBM-Museum steht das "Technikum 29" in Kontakt. Eine Anfrage aus China, die einzigartige Sammlung in das "Reich der Mitte" zu verlagern, haben die Macher indes abgelehnt. "Das kann es nicht sein", ist Langfeld der Erhalt der einzigartigen Stücke hier in Hornau wichtig.

Geplant ist es, nach dem Lockdown auf jeden Fall wieder Führungen anzubieten. Ein pädagogisches Konzept gibt es indes nicht, so dass Touren für Schulen erst einmal nicht auf dem Programm stehen. Langfeld kann sich Aktionen zu Themen vorstellen - wie eine Fernschreiber-Präsentation oder einen Musik-Abend mit dem Pianola, dem noch funktionierenden automatischen Klavier.

Die Retter des "Technikums" wünschen sich auch Unterstützung. Noch sind viele Objekte von Müller in Depots gelagert, erst ein kleiner Teil ist gesichtet. Im Sommer war darin das Hochwasser. Kurzfristig müssen die Dinge raus, so dass Räume für wenigstens ein Jahr gesucht werden. Auch im Gebäude wollen Langfeld und Köppel Platz für weitere Raritäten schaffen.

Infos und Kontakt

Informationen gibt es per Mail an kontakt@technikum29.de oder: www.technikum29.de

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