Kelkheim/Liederbach: „So lange es geht, bleibe ich ,Bio-Biker’“

Verein „Taunus-Express“ wächst und ist sehr aktiv.
Kelkheim/Liederbach. Vor dem Haus weht die Fahne vom „Taunus-Express“ munter im Wind. In der Garage hat Hausherr Jürgen Huß gerade die Handschuhe übergestreift. Allerdings nicht, um für den Kelkheimer Radsportverein eine Tour zu machen, sondern um seinem zweiten Hobby nachzugehen: der Reparatur von Fahrrädern. Bei diesem Problem-Vehikel hat sich der Zug der Gangschaltung verhakt, stellt Huß schnell fest. Am nächsten Tag wolle er die Ersatzteile besorgen und das in die Reihe bringen.
Sein Sohn Björn und der Reporter staunen. Mit seinen 74 Jahren ist der Liederbacher nicht nur sportlich topfit und fährt beim „Taunus-Express“ vorne mit. Huß kennt sich aus mit der Materie und kann zur Radsaison einige Tipps geben (Text rechts). So wie auch der Verein immer offen für Neulinge ist. Natürlich würden Rennen gefahren, aber ebenso Touren für jeden sportlichen Radler, betont Björn Huß, der in Bremthal wohnt und Vorsitzender ist. An jedem Donnerstag in der Saison trifft sich das Team um 18 Uhr auf dem Kirchplatz in Münster zu Ausfahrten. Wer schnuppern will, ist willkommen. Unter 01 74 / 1 03 90 00 ist der Radler-Chef außerdem für Fragen rund um den Club zu erreichen.
2009 ging das Team erstmals beim Radrennen „Eschborn-Frankfurt“ an den Start, ein Jahr später wurde der Verein gegründet. Einmal schafften sie es sogar, Oldie Jürgen gemeinsam mit Windschatten-Hilfe auf Platz eins seiner Altersklassenwertung zu begleiten. In diesem Jahr will der Liederbacher neue Rennen fahren. So hat Huß eine Tour ist Österreich im Blick. Ebenso wie der Verein am Drei-Länder-Giro in Nauders am 25. Juni mit einigen Leuten teilnehmen wird.
Ganz wichtig seien aber auch die Aktivitäten in der Taunus-Region, die ja dem Club seinen Namen gegeben hat, betont der Vorsitzende. Deshalb habe er es sehr bedauert, dass die Radtouristik-Fahrt (RTF) des Radsportbezirks Frankfurt/Main-Taunus im April abgesagt wurde. Huß hat eine Initiative gestartet. In einer Mail rief er die Vereine der Region dazu auf, enger zusammenzuarbeiten, sich zu unterstützen. Damit die nächste RTF nicht am fehlenden Personal scheitern muss. Und es sei weiterhin der Traum, eine eigene RTF auf die Beine zu stellen. Die Resonanz auf seine Nachricht sei positiv gewesen, berichtet er. Noch sei der „Taunus-Express“ ein recht junger Verein, es fehlten die Erfahrungen und Kontakte.
MTK-Markt, Touren und der RTF-Traum
Durch Aktionen und Werbung hat sich das etwas geändert. Im Vorjahr sammelte der Club Erlebnisse bei der Radfahr-Messe in Frankfurt, am 8. Juli will er beim „Markt der Vereine“ im Landratsamt für Kelkheim vertreten sein. Die „Tour d’Express“ mit einer Ausfahrt im Herbst 2022 kam gut an, ist wieder geplant. Ebenso die Vereinsmeisterschaft und der Spaßwettbewerb um die „goldene Ananas“. Der Club kann sich bereits über Zuwachs freuen. Im Vorjahr waren es 24 aktive Fahrer, nun stehen schon 29 auf der Liste - darunter 6 sportliche Frauen. Vier noch etwas ambitioniertere Lizenzfahrer zählen zum Team. Die Mischung aus Sport und Spaß ist es, worauf der „Taunus-Express“ abzielt. Vor einigen Wochen war die Saisoneröffnung bei der RTF in Ilbenstadt. Künftig werden sie auch mit einem neuen Trikot unterwegs sein. Und sie haben ein vereinseigenes Müslirezept, das sie auf ihrer Homepage veröffentlichen wollen.
Was sagen sie zum neuen E-Bike-Trend? Das sei schon „ein wahrer Boom“, so Vater Huß. Aber auf jeden Fall sei es besser, die Menschen setzen sich aufs Rad als gar nicht. Für sich betont der 74-Jährige: „So lange es geht, bleibe ich Bio-Biker.“ Und beiden ist es vor allem wichtig, dass sich die Radfahrer „vernünftig verhalten und gegenseitig Rücksicht nehmen“. Bei Autofahrern haben sie durchaus ein Umdenken festgestellt, die 1,50 Meter Abstand zu Radlern auch tatsächlich einzuhalten.
Nachholbedarf sehen die Verantwortlichen vom „Taunus-Express“ bei so manchen Strecken. Es sei eine „Katastrophe“, dass es noch immer keinen Radweg von Hofheim nach Eppstein und dann weiter nach Bremthal gebe, so Huß. Die Niederlande sind ihnen leuchtendes Beispiel. Vorstellbar wäre für Björn Huß, mit der Volkshochschule mehr fürs Radfahren zu werben und sensibilisieren. Dort ist er im Kontakt. Es gibt viel zu tun - nicht nur für Vater Huß mit dem Schraubenzieher an defekten Drahteseln.
Tipps der Radler und vom Tüftler
Die ersten Kilometer mit dem Rad haben viele schon zurückgelegt. Doch die Saison wird nun erst richtig beginnen. Der Verein „Taunus-Express“ hat dazu einen Tipp für eine Route, die er auch zum „Markt der Vereine“ am 8. Juli in Hofheim anbieten will. Sie ist geeignet für sportliche Rennradler und nennt sich „Kletterparty“. Die Strecke ist 47 Kilometer lang, weist 760 Höhenmeter auf. Von Hofheim geht es zunächst über Lorsbach, Eppstein, Vockenhausen und Ehlhalten bis nach Heftrich. Zurück führt sie über Lenzhahn, Niederseelbach, Niedernhausen, Niederjosbach, Bremthal, Wildsachsen und Langenhain. Ein Klassiker, den die Kelkheimer für geeignet halten. Laut Björn Huß wird gerade im Herbst/Winter auch gerne der „Grüngürtelradweg“ Frankfurt genutzt, mit interessanten Zielen und einer variabel anpassbaren Strecke. „Der MTK liegt optimal für flache Strecken oder bissige Anstiege. Somit kann man sich für alle Trainingsziele vorbereiten. Ried/Rheingau/Hintertaunus/Wetterau - dort ist alles möglich, was das Radlerherz strahlen lässt.“
Sein Vater Jürgen ist der Tüftler - auch er hat Tipps zum Saisonstart parat. Das Rad freue sich ebenso über einen Frühjahrsputz wie die Wohnung. Es sei immer sinnvoll, nach dem Rechten zu schauen. Wobei sein Check eine Inspektion durch eine Fachwerkstatt nicht ersetzen könne.
Am Anfang stehe eine gründliche Reinigung, wobei Huß den „verlockenden“ Hochdruckreiniger dort nicht empfehlen kann, vielmehr den Eimer mit Schwamm und warmem Wasser sowie Fahrradreiniger. Mit einem Tuch werden Reste entfernt. Sollte die Kette Spuren von Flugrost aufweisen, helfe ein spezielles Pflegeöl. Ihr Verschleiß lässt sich mit einer Kettenlehre kontrollieren.
Bei Scheibenbremsen sollte Öl nicht in Richtung der Bremsen gesprüht werden - am besten gehe es indirekt mit einem Tuch, so Huß. Damit sei auch die Kette gut zu reinigen. Die Kettenschaltung mit den kleinen Rollen muss gut gereinigt werden, das gehe mit dem Schlitzschraubenzieher und der zurückgezogenen Kurbel am Hinterrad, rät Huß. Danach kann etwas Kriechöl aufgetragen werden.
Bei den Reifen ist das Profil zu prüfen. Bei Rissen oder wenig Gummi sei ein Austausch zu empfehlen, so der Hobbyradler. An den Felgen müssen die Achsen fest und sicher sitzen, das kann über die Schnellspanner kontrolliert werden. Auch müssen die Räder frei und gerade laufen.
Mechanische Bremsen sollten immer leichtgängig sein. Kriechöl an den Zügen und Bremskörpern könne hier helfen, sagt Huß. Bei Felgenbremsen können die Belege gut anhand der Rillen überprüft werden. Ein spezieller Bremsreiniger hilft in Sachen Sauberkeit. Bei hydraulischen Bremsen kann sich Luft in die Flüssigkeit mischen - Huß rät, dies einer Werkstatt zu überlassen.
Wichtig sei es auch, den festen Sitz der Kurbeln und Pedalen zu überprüfen. Gleiche gelte für die weiteren Verschraubungen am Rad. Und natürlich sollte die Beleuchtung funktionieren. red
