Kelkheim: Mit „Herzblut in der Freizeit“ das Interesse an Landwirtschaft wecken

Die Wähners betreiben erstmals ein Maislabyrinth in Kelkheim.
Kelkheim. Eigentlich sollte es die Eröffnung des ersten Maislabyrinths in der Möbelstadt sein. Doch mittags gießt es wie aus Eimern. Anna Wähner kommt mit Schuhen voller Schlamm aus dem Irrgarten. Sie ist trotz des Wetters gut gelaunt. Denn im Inneren des einen halben Hektar großen Maisfelds hat knapp ein Dutzend Kinder seinen Spaß. Unter dem Pavillon schnitzen sie Kürbisse, zuvor haben sie schon das Labyrinth erkundet, die elf Stationen gefunden, das Lösungswort gebildet. Und dabei zum Beispiel auch erfahren, dass das weltweit größte Maislabyrinth sieben Fußballfelder misst oder wie viele Eier ein Huhn so in etwa im Jahr legt.
Denn Wähner, die in Kelkheim wohnt und in Liederbach noch ein großes Kürbisfeld zum Selberernten betreibt, ist vor allem der Hintergrund ihrer Projekte wichtig. Die Irrgarten-Spaziergänger sollen einiges zur Landwirtschaft erfahren, vor allem die Kinder erläutert bekommen, woher die so wichtigen Lebensmittel stammen.
Wildschweine wüten, Areal sinnvoll nutzen
Die 46-Jährige, die ihre Projekte im Nebenerwerb betreibt und bis zur Elternzeit hauptamtlich in einer Klinik-Verwaltung gearbeitet hat, hat selbst Tücken erfahren. Das Feld unterhalb des Gimbacher Hofes ist ein beliebtes Ziel bei Tieren aus Wald und Feld. Hasen und Rehwild futtern die Kürbispflanzen, Wildschweine machen sich breit. Deshalb überlegten sie und ihr Mann Dirk, wie sie das Areal sinnvoll anders nutzen können. Sie kamen auf den Mais und dann schnell auf ein Labyrinth. Drei Tage mit vier Leuten haben sie gebraucht, die Wege mit Hand und Harke anzulegen.
Den Liederbacher Pascal Fischer, der einen deutlichen größeren Irrgarten in der Nachbargemeinde betreibt, kennen sie und haben sich abgesprochen. So gibt es bei den Wähners auch keinen Verkauf von Essen und Trinken sowie keine Kindergeburtstage in dieser Form. Margret Schiela, Wirtin des Gimbacher Hofes, habe sich über die Belebung gefreut und die Parkplätze zur Verfügung gestellt. Geöffnet ist allerdings mit Rücksicht auf das Lokal montags, dienstags, donnerstags und freitags jeweils von 13 bis 18 Uhr. Wichtig ist dem Duo, das von fünf Kindern aus der Familie unterstützt wird, dass die Preise erschwinglich bleiben: 3,50 Euro für Kinder, 5 für Erwachsene und 3 Euro in einer Gruppe. Kürbisse suchen und schnitzen können die Besucher dann ebenfalls.
Mais, Kürbisse und Äpfel: Diese drei Herbstfrüchte wollen die Wähners bei ihrem Premierenprojekt miteinander kombinieren. Zum Schutz vor den Tieren wurde ein Elektrozaun drumherum angebracht. Zier- und Speisekürbisse können weiterhin auch dort die ganze Woche gekauft werden. „Wir hoffen auf viele ehrliche Kunden“, sagt Dirk Wähner in Erinnerung daran, dass nicht jeder immer den passenden Obolus in den Münzschlitz legte. Inzwischen aber ist jeweils ein Kassierer an Ort und Stelle.
Die Blumen- und Kürbisfelder in Kelkheim und Liederbach, insgesamt an die sieben Hektar, betreiben die Wähners zusammen mit Sonja Pfeiffer. Auch deren Familie packt mit an. Gemeinsam ergänzen sie sich zum Beispiel bei der Nutzung von Geräten und beim Personal. Sollte bei Ernte oder Feldbestellung mehr Hilfe nötig sein, rückt die Schwanheimer Feuerwehr mit an, die im Gegenzug Kürbisse gratis erhält. „Es macht uns allen Spaß“, sagt die wieder junge Mutter einer ein Jahre alten Tochter. Die kleine Leonie sei schon mittendrin und dürfe - wenn sie richtig laufen kann - Zierkürbisse ernten. Von den Feldern leben könnte die Familie nicht. „Das ist Herzblut in der Freizeit“, betont Anna Wähner, die seit 2007 aktiv ist.
Und die somit schon viele Höhen und Tiefen erlebt hat. Inzwischen seien die Ernten deutlich geringer als noch vor zehn Jahren. Auf der einen Seite setzten die trockenen Sommer den Kürbissen zu, eine Pflanze trage längst weniger Früchte. In diesem Jahr kam zwar ausreichend Regen, nach dem heißen Mai konnten die Gewächse aber nicht mehr bestäubt werden, berichtet Wähner. Auch bei ihrer recht kleinen Landwirtschaft sei der Klimawandel schon sehr zu spüren. Somit könne sie in diesem Jahr zwei Großkunden - das „Taunus-Wunderland“ und ein Frankfurter Gartencenter - nicht mit Kürbissen beliefern. Doch die Familie habe sich darauf eingestellt, dass die Lage durch die Wetterkapriolen knifflig wird.
Neue Kürbis-Arten fest eingeplant
Jetzt aber hoffen die Wähners weiter auf eine gute Labyrinth-Saison, die bis Halloween Ende Oktober laufen soll. Und für 2024 kündigen sie schon eine geplante Wiederholung an. Auch werden sie dann einen weiteren Anlauf unternehmen, neue Kürbissorten anzubauen - zum Beispiel den türkischen Honigkürbis, den „Buon Gusto“ oder den „Grizzley Bear“. In diesem Jahr waren solche Versuche noch fehlgeschlagen. Aber das Interesse am Kürbis sei bei den Leuten ungebrochen, wissen sie. So hat die Familie den Optimismus nicht verloren. Auch nicht mit kiloweise Schlamm an den Schuhen bei der Irrgarten-Premiere . . .