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Kelkheim: Stolzes Startkapital für einen neuen Treffpunkt

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Gabriele Kamm (links) und die Zweite Vorsitzende Monika Berkenfeld von "Miteinander leben in Kelkheim" freuen sich mit Felix Gottschlich über den Preis - zu dem auch dieser Tischkicker gehört.
Gabriele Kamm (links) und die Zweite Vorsitzende Monika Berkenfeld von "Miteinander leben in Kelkheim" freuen sich mit Felix Gottschlich über den Preis - zu dem auch dieser Tischkicker gehört. © wein

Verein "Miteinander leben" legt 7000-Euro-"Hero-Preis" der Rothenberger-Stiftung gut an.

Fischbach. Christian Heine, Vorstand der Rothenberger AG, räumt eine Wissenslücke ein. Den Verein "Miteinander leben in Kelkheim" habe er bisher nicht gekannt, schätze aber nun dessen Engagement. Das gilt für den gesamten Konzern sowie dessen Stiftung "Tools for Life". Die lobt seit 2014 den "Hero"-Preis aus, die Stiftung kürt also ihren persönlichen Helden des Jahres. Durch die Corona-Krise hat sich die Verleihung für 2019 verschoben - doch umso zufriedener nehmen die Lokalmatadoren des Kelkheimer Vereins den Preis entgegen. Der ist mit stolzen 7000 Euro dotiert - und einen Tischkicker gibt es als "Bonbon" obendrauf.

Das Fußballspiel kann der Club gut gebrauchen. Sein Ziel ist es, geflüchtete Menschen jeden Alters in der Möbelstadt zu integrieren. Dazu hat "Miteinander leben" das neue Projekt "Integration und Miteinander brauchen einen Ort" gestartet. Zweite Vorsitzende Monika Berkenfeld stellt es vor - und jedem im Saal ist schnell klar, dass dieses Geld hier gut angelegt ist. Felix Gottschlich von der Stiftung betont, dass die Initiative auf nachhaltige Projekte setzt und die Idee des Vereins regelmäßig unterstützen könnte.

Ein Raum für jeden in der Stadtmitte

Was genau ist angedacht? "Miteinander leben in Kelkheim" sucht einen Raum in möglichst zentraler Lage in der Stadtmitte. Es soll Treffpunkt für jedermann werden, auch eine Informations- und Beratungsstelle. Ein Ort, "an dem Integration, Miteinander und Vielfalt gelebt werden kann", sagt Berkenfeld. Eine Begegnungsstätte, die auch für interessierte Vereine offen sein könnte. Eine erste Umsetzungsidee gab es bereits.

Gabriele Kamm wird es freuen. Sie ist Mitglied des Vereins, der 2017 gegründet wurde. Doch die Kelkheimerin hat bereits 2008 begonnen, sich zu engagieren - lange, bevor die Flüchtlingswelle nach Deutschland schwappte. Kamm half bei der Hausaufgabenbetreuung, knüpfte Kontakte mit Familien. Durch den Auszug vieler Menschen aus den Gemeinschaftsunterkünften in eigene Wohnungen kommt ihr weiterhin eine wichtige Rolle zu. Denn die Sozialarbeiter seien nicht mehr zuständig. Also betreut die aktive Helferin inzwischen gleich vier Gruppen - darunter eine alleinerziehende Mutter, eine Frau in Ausbildung mit ihrem krebskranken Vater und zwei Familien mit vier und fünf Kindern. Viele könnten sich inzwischen auch selbst helfen, weiß Kamm. Andere wiederum bräuchten ihre Unterstützung noch dringend.

Ihr Engagement ist der Stadt nicht verborgen geblieben. Und als "Tools for Life" im Rathaus nachfragte, da fiel zunächst der Name Kamm. Doch die Unterstützung sollte einem Verein zufallen - so kam "Miteinander leben in Kelkheim" ins Spiel. Rothenberger-Personalleiterin Hildegard Eisen freut sich besonders, dass ihr Vorschlag zum Zuge gekommen ist. Sie hebt hervor, dass der Konzern ohnehin schon viel für Geflüchtete tue. Zu Beginn gab es eine Kleidersammlung, eigene Deutschkurse, und unter den 20 Auszubildenden haben Menschen mit anderer Herkunft alle Chancen. "Das sind Bausteine", so Eisen. "Damit können wir nicht die ganze Welt verändern."

Stiftungschefin Sandra Rothenberger ist bei der Verleihung zwar nicht dabei, meldet sich aber per Video-Botschaft. "Genießen Sie den Tag, es ist Ihr Tag", hebt sie das Engagement hervor. "Miteinander leben" steht für die Integration direkt an Ort und Stelle - Werte, die auch "Tools for Life" in den jeweiligen Projektländern lebe (siehe Text rechts). Gottschlich geht auf Details ein und verweist auf eine weitere Rothenberger-Initiative mit dem Titel "Integration no Separation!" Für den "Hero" seien die Mitarbeiter stets aufgerufen, Vorschläge einzureichen.

"Wir waren überrascht und froh", sagt Monika Berkenfeld zum Preis. Sie erinnert an die Anfänge mit dem runden Tisch Flüchtlingshilfe in Kelkheim. Die Frage: "Wie können wir noch besser zusammenarbeiten?" wurde über die Arbeitskreise in den jeweiligen Unterkünften zum Teil beantwortet. 2017 dann die Vereinsgründung. "Unser Name ist unsere Vision", hebt Berkenfeld hervor, auch wenn der Titel oft als sperrig empfunden werde.

Arbeit wandelt sich: "Bürger dieser Stadt"

Die Arbeit indes habe sich gewandelt. "Viele sind nicht mehr die Geflüchteten, sondern Bürger dieser Stadt. Sie sind angekommen und wissen sehr gut, wo das Rathaus ist, können Anträge ausfüllen, sind im Sportverein - eben Teil unserer Gesellschaft", sagt die Zweite Vorsitzende. Um die Menschen zum Beispiel auch selbst ins Ehrenamt zu integrieren, sie aktiv mitgestalten zu lassen, soll nun der Treffpunkt kommen. Mit Spiel- und Computer-Ecke, kleiner Teeküche und ausreichend Platz, um vielleicht auch den schicken Tischkicker nutzen zu können.

Die Rothenberger-Stiftung "Tools for Life" wurde 2008 gegründet und will Menschen in aller Welt "Hilfe zur Selbsthilfe" geben. Drei Punkte sind dem Team um Vorsitzende Sandra Rothenberger dabei wichtig: der Zugang zu sauberem Wasser, die Nutzung von "grüner Energie, also Sonne, Wind und Wasser, sowie Bildung und Ausbildung. Millionen von Menschen seien noch immer nicht verbunden mit sauberem Wasser, weiß Felix Gottschlich, Projektmanager der Stiftung. Die Stiftung strebe in den Ländern eine "Zusammenarbeit auf Augenhöhe" an, die Menschen sollen ihren Teil beitragen. Langfristige Partnerschaften, auch in Kooperation mit anderen Organisationen, und hohe Transparenz seien wichtige Ziele, so Gottschlich. Über die Weihnachtsspende unterstützt die Stiftung mit ihrem "Hero" andere Initiativen.

Es gibt viele besondere Projekt-Beispiele. Unter anderem in einem Dorf in Sierra Leone steht einer von 30 Brunnen, die "Tools for Life" mitgefördert hat. "Die Brunnen wurden im Rahmen eines Projekts gegen weibliche Genitalverstümmelung gebaut. Sie erleichtern den Frauen die Hygiene und verhindern, dass sie mehrere Kilometer laufen müssen, um Wasser zu holen. Zusätzlich wurden Schulungen in mehreren Dörfern zu dem Thema Genitalverstümmelung abgehalten", berichtet Gottschlich. Ein aktuelles Projekt nennt sich "Indigene Light". Das indigene Volk der Cabécar im Regenwald in Costa Rica ist nicht an das staatliche Stromnetz angeschlossen. Um sie mit sauberer Energie zu versorgen, fördert die Kelkheimer Stiftung den Bau von Solaranlagen in zehn entlegenen Bergdörfern mit 15 000 Euro. Zudem werden einige Cabécar zu Solartechnikern ausgebildet. "Langfristig soll es den Gemeinden möglich sein, die Anlagen selbst zu betreiben. Die Solarenergie schützt zudem den umliegenden Regenwald wirksam vor Abholzung und Emissionen", teilt die Stiftung mit.

Die Corona-Krise hat das Engagement ein wenig gebremst, weiß Gottschlich. Doch machte das Team aus der Not eine Tugend: "Tools for Life" lässt Schutzmasken produzieren. Das Geld wird für Essensspenden für Menschen in Sierra Leone verwendet. Zudem vertreibt die Stiftung das "Burning Heart", eine Solarlampe, die unter anderem an Hirtenjungen in Lesotho gehen soll. "Wir waren nicht untätig", hebt Gottschlich hervor. Das zeigt auch der Jahresbericht von "Tools for Life". Er weist für 2019 neun geförderte Projekte aus mit einem Volumen von gut 95 000 Euro. Es wurden 1250 Menschen mit Trinkwasser, 700 mit Energie versorgt und 600 ein Zugang zu Bildung ermöglicht. Zwei Kelkheimer Botschafter haben in Indien jungen Leuten technische Kniffe erklärt.

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