Ein Verein für „Kettenbeisser“

Ein Aufruf in einem Forum hatte vor neun Jahren Folgen. Inzwischen ist einer der wenigen Radsportvereine der Region auch international unterwegs.
„Hi an alle Kettenbeisser/innen, suche zur Vorbereitung auf die Jedermannrennen-Saison 2009 noch 2 - 5 Leute, die Lust haben, sich für das ,Kommende‘ vorzubereiten.“ Diese Anfrage von Björn Huß in einem öffentlichen Radsport-Forum war der Anfang. Hier legte der damalige Kelkheimer und heutige Bad Sodener den Grundstein für das Radsport-Team Taunus-Express (TE), das seinen Sitz in der Möbelstadt hat. Die Anzeige fruchtete schon, denn inzwischen hat sich ein größerer, fester Kern gebildet, der das blau-weiße Trikot des TE durch ganz Europa trägt.
Nicht hochprofessionell
Der damalige Initiator und Vorsitzende Björn Huß hatte sich vor vier Jahren nicht ganz allein auf die Strecke zu einem Verein gemacht. Gemeinsam mit seinem Vater Jürgen sowie Thorsten Peinelt und Christoph Daum war er auf den Straßen und Wegen der Region unterwegs. Das Quartett wollte etwas mehr als gemeinsame Trainingstouren, ein Verein sollte es schon sein – aber eben nicht ganz so professionell und groß wie etwa die bekannten Nachbarn aus Sossenheim. Beides ist gelungen: Der Verein lebt – ist allerdings auch überschaubar bei 14 aktiven Mitgliedern.
Hier seien interessierte Neulinge willkommen, betont Jürgen Huß, der mit 68 Jahren der Oldie im Team ist. „Wir wollen für jeden da sein, der Spaß am Radfahren hat.“ Der Liederbacher hat das allemal: Drei- bis viermal in der Woche sitzt er fest im Sattel, spult im Jahr schon einige tausend Kilometer ab. Er hat mit Radtouristik-Touren, etwa bei Coca-Cola in seiner Heimatgemeinde, angefangen und die Familie infiziert: Sohn Björn (40) ist mit im Team, Ehefrau Brigitte machte als Schriftführerin im Vorstand mit und ist zumindest als eher gemütliche „Landschaftsfahrerin“ auf zwei Rädern unterwegs. Und Tochter Tanja passt als aktive Triathletin in Eppstein auch gut ins Bild der sportlichen Familie Huß.
Doch Jürgen Huß betont, dass im Taunus-Express Platz für Radfahrer mit unterschiedlichsten Ambitionen und fahrbaren Untersätzen ist – Hobbyrennen, Tourenfahrten, Lizenz-Wettbewerbe, Cross-Maschine, Mountainbike, Rennrad. „Wir verbinden den sportlichen Ehrgeiz mit dem ursprünglichen Spaß am Radfahren“, beschreibt es der Verein. „Aus Bekannten im Internet wurden wir zu Freunden.“ Froh sind sie, mit dem Taunus „eines der schönsten Radfahrreviere Deutschlands“ vor der Haustür zu haben. Deshalb ist das Heimrennen am 1. Mai auch der Höhepunkt im Jahr. Auch an einer Protestfahrt nach dem ausgefallenen Wettbewerb 2015 hatte sich der Taunus-Express aktiv beteiligt. Denn Jürgen Huß stellt klar, dass Radsport-Veranstaltungen wie das Rennen am 1. Mai nicht wegen des weltweiten Terrors sterben dürfen. Auch wünscht er sich mit den Teamkollegen einen von Doping freien Radsport und bei den Profis weniger Taktik durch Rennleiter. „Lasst sie fahren, dann würde manches Rennen anders aussehen“, findet Huß.
Gegenwind stärkt
Die Philosophie des Vereins Taunus-Express wird an einem besonderen Erlebnis deutlich, das der bereits pensionierte Bankkaufmann gemacht hat. Beim Münsterland Giro sei das ganze Team für ihn gefahren und zusammengeblieben. So konnte der Oldie unter die Top Ten in seiner Klasse kommen. „Eine coole Sache“, findet Huß. Manchmal aber gelte auch freie Fahrt. Das ist vor allem bei den Lizenzfahrern der Fall, die schon ambitionierter sind. So hat sich Mitglied Tatsuto Nakamura schon zweimal für die Weltmeisterschaft der Lizenzfahrer qualifizieren können – wo es schon in den semiprofessionellen Bereich hineingeht. Der TE „dampft“ also nicht nur in Deutschland, was auch ein Blick in den Jahreskalender zeigt: Da steht der Eichsfelder Radsporttag ebenso auf der Liste wie „Rund um Düren“, der Sauerland Giro, die Main-Spessart-Rundfahrt, der „Gran Fondo“ in Dänemark oder der Rad-Welt-Pokal in Österreich.
Jürgen Huß hat sich viele Termine vorgemerkt – ebenso wie sein Sohn. Gemeinsam im Generationen-Duo unterwegs zu sein, das funktioniere schon ganz gut, findet der Papa. Kein Wunder, bei der Einstellung des gesamten Teams, wie sie Huß formuliert: „Gegenwind stärkt den Charakter.“