„Foto trifft Kaffee“ im Café

Foto- und Film-Club will Kunstschaffende zum Nachahmen animieren.
Kriftel -Gemütlich einen Kaffee schlürfen und dabei in Ruhe Kunst betrachten, das geht jetzt auch in der Obstbaugemeinde. Unter dem Motto „Foto trifft Kaffee“ zeigen Mitglieder des Foto- und Film-Clubs Kriftel aktuelle Arbeiten in „Harry’s Café“ am Bahnhof. Auf die Idee ist der Vorsitzende, Bernd Reimann, gekommen. „Wir fotografieren viel und gern. Es wäre schade, wenn die Fotos auf der Festplatte verstauben“. Die Ausstellung sei eine Chance, ein neues Format auszuprobieren und Kunst im halb öffentlichen Raum zu zeigen. Das gelte nicht nur für die Clubmitglieder: „Wir möchten versuchen, hier eine Fläche für Kunstschaffende zu etablieren“.
Für Café-Chef Hartmut Neumeier kam Reimanns Anfrage zum richtigen Zeitpunkt. „Gerade nach der Corona-Auszeit müssen wir Künstlern Möglichkeiten bieten, ihre Werke zu präsentieren, und Menschen einen Ort, um zusammenzukommen“. Sein Kaffeehaus soll zu einem „Art Café“ werden, um sich von der Masse, von all den Ketten abzuheben. Die Räumlichkeiten hat er bereits eigenhändig mit vielen Holzelementen künstlerisch designt.
Reimanns Sorgen, eine „reduzierte“ Ausstellung mit acht Bildern könne nicht ankommen, waren unbegründet: Die Vernissage am Freitag war bestens besucht. Die ausgestellten Fotos sind auch in einer virtuellen Galerie auf der Homepage zu sehen. „Gehängt entfalten sie aber eine ganz andere Wirkung“, bekräftigt der Vorsitzende. Der Plan ist, die Bilder regelmäßig durch neue zu ersetzen.
Regelmäßige Exkursionen
Ein Schwarz-Weiß-Foto, das sofort ins Auge fällt, trägt den Titel „Nix los“. Ingrid Steinmel hat einen leeren Bahnsteig an der neuen S-Bahn-Haltestelle Gateway Gardens am Flughafen aufgenommen. Die parallelen, im Hintergrund aufeinander zulaufenden schnurgeraden Gleise sind ein Paradebeispiel perspektivischer Darstellung. Im Vordergrund bilden geschwungene Sitzbänke einen Kontrast. „Mich interessiert, wie ich es hinbekomme, etwas Dreidimensionales zweidimensional abzubilden sowie das Spiel von Licht und Schatten“, erläutert Steinmel. Entstanden ist das Foto im März auf einer der Exkursionen, die der Club regelmäßig gemeinsam unternimmt. Seit zwei Jahren ist Steinmel dabei. Sie fotografiere mit einer „Einsteiger Spiegelreflex-Kamera“, die die FFC-Mitglieder anfangs augenzwinkernd als „Kindergerät“ bezeichnet hätten.
„Aber nicht die Kamera macht das Bild, das Problem steht dahinter“. Vorkenntnisse und eine spezielle Ausrüstung benötige man für den Club nicht, unterstreicht Reimann. Egal ob Anfänger oder Könner, jeder sei herzlich willkommen. „Man sollte einfach Spaß am Entdecken mitbringen und daran, etwas zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Das ist echt spannend“. Bei den Clubabenden werden die Fotos besprochen und Möglichkeiten aufgezeigt, was man beispielsweise kompositorisch verändern könnte.
Spaß am Entdecken
Spaß am Entdecken hat auch Heidi Seelig. Ihr Ausschnitt von der Decke des Bahnsteiges hat sie bewusst dunkler bearbeitet, um die urbane Atmosphäre herauszukitzeln. Bernd Reimann arbeitet bei seinem Werk mit dem Titel „Klarinette auf Samt“, das bei einem Workshop zum Thema Musikinstrumente herauskam, bewusst mit Schärfe und Unschärfe. „Mich fasziniert nicht die Qualität eines Gegenstandes, sondern was ich fotografisch daraus machen kann“.
Ein weiterer Aspekt hat den FFC-Vorsitzenden zu „Foto trifft Kaffee“ bewegt. So richtig viel Gastronomie gäbe es ja in Kriftel nicht. Er hoffe, dass Harry’s Angebot angenommen werde: „Es ist ein schönes Café, es muss bleiben“.