Sieben geheime Lager warten auf Hobby-Schatzsucher in Kriftel

Die Apps Geocaching und Actionbound sind mehr als eine digitale Schnitzeljagd. Denn sie haben auch einen pädagogischen Kern und helfen Kindern und Jugendlichen beim Lernen.
Kriftel -Zugegeben, von der schönsten Seite hat sich das Jahr 2022 bislang selten gezeigt. Sonnenstunden: Mangelware. Trotzdem empfiehlt es sich, hin und wieder vor die Tür zu gehen. Zum einen, um einem Lagerkoller zu vermeiden. Zum anderen aus gesundheitlichen Gründen. Auch Kindern und Jugendlichen raten Experten, täglich mindestens eine Stunde an der frischen Luft zu verbringen. Wer das Spazierengehen satt hat und mit jedem Stein und Strauch schon per du ist, kann sich vielleicht mal im Geocaching probieren - einer Art moderner Schatzsuche.
Der Name leitet sich einerseits von dem griechischen Wort für "Erde" ab, der Begriff "Cache" kommt dagegen aus dem Englischen und bedeutet "geheimes Lager". Und der Name ist Programm: Beim Geocaching werden nämlich überall auf der Erde irgendwo kleine Behälter in der Gegend versteckt. Per GPS werden die Koordinaten des "Schatzes" übermittelt und dem Spieler online angezeigt. Sogar die jeweilige Route kann, wie bei GoogleMaps, berechnet werden. Dafür braucht es die offizielle Geocaching-App, "c:geo" geht alternativ auch. Beide Apps können kostenlos heruntergeladen werden.
Die Größe der Behälter variiert. Meist stellen Plastik-Brotdosen oder kleine Film-Röllchen, wie man sie von früher kennt, den Cache dar. In Groß, Normal, Klein, Micro oder Nano sind die verschiedenen Container-Größen eingeteilt. Zur Einordnung: Nano hätte etwa den Umfang einer Ein-Euro-Münze.
Ein Bewertungssystem zeigt Größe und Schwierigkeitsgrad des Caches an. Hinweise über die App helfen bei der Suche. Tipp: Einen Stift mitnehmen! Denn: Wird man fündig, kann man seinen Erfolg in einem analogen Logbuch vor Ort festhalten. Oder sich eben digital in der App eingetragen.
"Beim Geocaching vereint sich digitale und analoge Welt", sagt Lydia Rauh von der mobilen Beratung. Auch die Diplom-Soziologin kennt die App und weiß um die positiven Effekte auf Kinder und Jugendliche: "Sie lernen so, dass man mit Smartphones nicht nur Inhalte konsumieren, sondern die Welt erkunden kann; am besten mit der Familie oder mit Freunden".
Suche nach dem schwarzen Döschen
Über drei Millionen Caches gibt es weltweit, in Deutschland alleine fast 500 000. Und in der Obstbaugemeinde warten sieben "geheime Lager" auf Hobby-Schatzsucher. Hinzu kommen 15 sogenannte "Mystery Caches", bei denen die Koordinaten des Verstecks erst in einem Rätsel ermittelt werden müssen, und zwei "Multi-Caches". Auch hier muss der Sucher - über mehrere Orte - die finalen Koordinaten zunächst erarbeiten. Die klassischen Caches werden auf der virtuellen Karte grün angezeigt, Mystery-Caches blau mit weißem Fragezeichen, "Multis" orange. Die grauen sind nur für Premium-Mitglieder, sie kosten extra.
Übrigens: Der Cache "Verbindungen" beim Krifteler Bahnhof ist seit rund einem Jahr aktiv, das Logbuch aber noch jungfräulich und wartet auf seinen ersten Eintrag. Verzweifeln muss an der Suche danach keiner; das kleine schwarze Döschen lässt sich laut App leicht finden (Schwierigkeit 2,0 von 5, Größe: Micro).
Eine andere kostenlose App ist "Actionbound". Man darf sie sich ein bisschen wie die "Mystery-Caches" beim Geocaching vorstellen. Das Online-Portal und Ratgeber für Eltern "Internet ABC" schrieb: "Früher gab es Schnitzeljagden, heute gibt es Geocaching. Und jetzt gibt es mit Actionbound eine kostenlose App, die das Beste aus beiden Welten vereint.".
Wird beim Geocaching primär die Neugierde geweckt, ist der Anwendungsbereich von Actionbound aufgrund der vielen Features deutlich vielfältiger. Es ähnelt der klassischen Schnitzeljagd, kann aber auch ein simples Frage-Antwort-Quiz sein. Die App kommt deshalb sogar in Museen oder bei Campus-Touren von Erstsemestern zum Einsatz. Oder wie an der Krifteler Lindenschule: beim Medien-Training für den richtigen Umgang mit dem Internet und den digitalen Geräten.
Tatsächlich hat Actionbound einen didaktischen Ursprung: Entwickelt wurde die App von zwei deutschen Studenten für ihre medienpädagogische Abschlussarbeit. Sie soll spielerisch Lerninhalte vermitteln, Medienkompetenzen aufbauen; und nicht zuletzt einfach Spaß machen.
So funktioniert's: Über das Suchfeld den Namen des jeweiligen Bounds eingeben. Bis zu fünf Sterne zeigen an, wie abwechslungsreich, interessant, spaßig, schwierig oder lehrreich er ist. Punkte für erfüllte Aufgaben werden vergeben, die dafür benötigte Zeit gestoppt. Erst wenn eine Aufgabe, bzw. ein "Bound" (englisch für "Schranke"), abgeschlossen ist, geht es weiter.
Kostenlos und interaktiv
Das Familienzentrum Kriftel hat schon solche Rallyes erstellt. Eine Aufgabe lautet etwa: Bewege dich zum berühmtesten Baum Kriftels. Ein Pfeil gibt die Himmelsrichtung vor, ein Radar misst die Entfernung zum Ziel; GPS-Karte und Kompass helfen, nicht die Orientierung zu verlieren.
Übrigens: Beide Apps sind nicht nur kostenlos, sondern auch interaktiv. "Sie bieten den Kindern oder Jugendlichen die Gelegenheit, selbst kreativ zu werden, indem sie für andere Schnitzeljagden entwerfen", sagt Rauh. Caches können ebenso von jedem versteckt werden, wie Bounds erstellt (siehe Info-Box).
Extra: Rücksicht nehmen auf Mensch und Tier
Über die Actionbound-Homepage können unkompliziert eigene Rallyes erstellt werden; etwa für Geburtstage oder Junggesellenabschiede. Platzierte "Caches" müssen vom Betreiber autorisiert werden; ebenfalls über die offizielle Geocaching-Website. Es gilt: Safety First! Also Bahngleisen fernbleiben und nur bei Tageslicht suchen, von Rechts wegen sind Privatgrundstücke tabu. Häufig geht es über Stock und Stein. Doch: Tiere dürfen nicht gestört und Pflanzen müssen geschützt werden. rku