Liederbach: Rechenzentrum soll kürzer, aber höher werden

Bauausschuss hat Beratungen über Stack-Projekt begonnen - Parkhaus und Wertstoffhof getrennt.
Liederbach. Im Sommer 2022 hatte Coca-Cola seine Zelte in der Gemeinde endgültig abgebrochen. Die viele Jahrzehnte währende und den Ort auch prägende Firma ist Geschichte. Was danach kommen wird, blieb lange danach noch ein Geheimnis. Bis sich die Firma Stack Infrastrucure als neuer Eigentümer der rund 70 000 Quadratmeter großen Fläche im Osten der Gemeinde vorstellte. Und die damit bekannt gab, auch in Liederbach eines von vielen neuen und benötigen Rechenzentren in der Rhein-Main-Region realisieren zu wollen. Die Politik machte mit dem Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan den Weg frei.
Und nun folgen die nächsten planerischen Schritte, wobei die Mandatsträger bei der Umsetzung des Vorhabens schon sehr genau hinschauen wollen. Das wurde bereits in der Sitzung des Bauausschusses vergangene Woche deutlich, als die Politik doch einige Fragen hatte und Bedenken vorbrachte. Am heutigen Dienstag, 7. November (19.30 Uhr, Liederbachhalle), wird nun die Beratung über das Abwägungsdokument zum Bebauungsplan fortgesetzt. In dem Papier haben Behörden, Unternehmen sowie Bürger ihre Anregungen und Bedenken zu dem Projekt zu Papier gebracht. Der Ausschuss wird sie Stück für Stück durcharbeiten und an der einen oder anderen Stelle vielleicht nachschärfen.
Heute zweite Beratungsrunde
Wie Ausschuss-Vorsitzender Jens Nagel (FWG) berichtet, habe es vor der Beratung über die Abwägungen auch Informationen und Diskussionen über das Projekt und die Planung an sich gegeben. In einem ersten Entwurf waren noch drei Gebäude für Rechenzentren abgebildet, nun werden es zwei Komplexe, wovon einer aber kürzer errichtet werden soll. Dafür rümpfte so mancher Politiker beim Blick auf die Gebäudehöhe die Nase. Denn eigentlich sollten sich die Zentren dem benachbarten Firmenpark „Liederkamp“ auf der anderen Bahnseite mit bis zu 21 Metern angleichen. Von bis zu 26 Metern war im Ausschuss aber die Rede, laut Nagel dürften es um die 2 Meter letztlich wohl mehr werden. Es werde allerdings von Stack noch geprüft, ob die Lärmschutzwände auf den Dächern nach innen gesetzt und dann etwas niedriger geplant werden können, berichtet er.
Eine Anregung aus der Politik hat Stack aufgenommen: Die Gemeinde möchte auf dem Areal ein kleines Parkhaus realisieren sowie ihren Wertstoffhof von der anderen Straßenseite dorthin umziehen lassen. In einem ersten Entwurf war das zusammen in einem Gebäude angedacht gewesen, nun soll es laut Nagel getrennt werden - womit aber Parkplätze wegfallen und künftig um die 90 realisiert werden sollen. Der Gemeinde soll bei Wertstoffhof und Parkhaus „die Mitnutzung“ eingeräumt werden, heißt es im Entwurf. Wichtig ist der Kommune und Politik, die Abwärme aus dem Rechenzentrum für eigene Vorhaben - etwa beim geplanten Baugebiet „Westlich Sindlinger Weg“ direkt gegenüber- nutzen zu können. Dafür muss es eine „Übergabestation“ geben.
Modernes Konzept, aber Grundsatz-Kritik
Kritik in der ersten Ausschuss-Runde kam etwa von FWG-Fraktionschef Thomas Kandziorowsky, der sich bei diesem Millionenprojekt schon mehr Vorteile für die Gemeinde erhofft hätte. Zwar schaffe die Kommune hier kein neues Bauland, aber sie mache mit dem B-Plan doch den Weg frei für ein Großprojekt. Denn die alten Gebäude von Coca-Cola sollen abgerissen werden und modernen Neubauten auch mit Begrünung, Photovoltaik und besonderen Kühlsystemen weichen. Artenschutzrechtliche Maßnahmen wie Nisthilfen, die Reduzierung von Vogelschlag und ein „verträgliches Beleuchtungskonzept“ sind laut Plan zudem vorgesehen.
Das US-Unternehmen Stack Infrastructure plant sein erstes Projekt in Deutschland, „um auf dem begrenzten Frankfurter Rechenzentrumsmarkt Kapazitäten zu schaffen, die sowohl den strategischen Anforderungen der Kunden entsprechen als auch durch die Integration nachhaltiger Technologien einen Beitrag zur ökologischen Wirtschaft beitragen“, heißt es. Der Campus soll bestehen aus den beiden Rechenzentren im Norden und Süden des Grundstücks, angegliederten Notstromgeneratoren mit Diesel-Lagertanks, einer Umspann- und Transformatorenstation im Westen, einer Wärmeübergabestation an der Grundstücksgrenze für Wärmenutzung in benachbarten Bereichen, Stellplätzen, Wegen, Umfahrungen, Rückhaltebereichen für Niederschlagswasser, Anlagen zur Löschwasserbevorratung, einem Zufahrtsbereich vom Sindlinger Weg, einem Zaun mit maximal 2,5 Metern Höhe. Die Rechenzentren bestehen aus zwei Geschossen mit Technik- und Datenhallen, Büroetagen, einem Technikbereich auf dem Dach mit einer Stahlkonstruktion für die Kühlaggregate und die elektrischen Anlagen sowie teilweise zweigeschossigen Notstromaggregaten an den Gebäudeseiten mit kombinierten Abluftkaminen.