Hier stehen die 17 Augen des Gesetzes

Rund um den Schwalbacher Marktplatz hängen Kameras, die das gesamte Gelände erfassen. Ziel ist es, das Sicherheitsgefühl der Passanten zu verbessern und Kriminelle abzuschrecken.
Die wochenlange Buddelei am Marktplatz hat schon seit geraumer Zeit ein Ende. Seltsame Masten und Glas-Gebilde fallen seither auf. Ob am unteren Marktplatz, am oberen Marktplatz oder unweit der Seniorenwohnanlage – gut verteilt sind sie zwischen dem Limeszentrum und den Ausläufern der Einkaufszeile in Höhe des „bunten Riesen“. Kenner wissen es: Es handelt sich um Videokameras. „Die Anlage ging am 17. Dezember in Betrieb“, bestätigen Schwalbachs Bürgermeisterin Christiane Augsburger und Polizeisprecher Johannes Neumann. Die sogenannte „Video-Schutzanlage“ umfasst Kameras an 17 Standorten. Sie erfassen den gesamten Marktplatz, den Busbahnhof und den Parkplatz des Einkaufszentrums Limes.

Diese brandneue Anlage löst die bisher drei Videokameras ab, die das Polizeipräsidium Westhessen als Sofortmaßnahme schon zuvor eingerichtet hatte. „Sie ist einer von sieben Punkten eines Sicherheitspakets, das die Stadt und das Polizeipräsidium Westhessen im Juli 2017 vereinbart hatten“, erläutert die Bürgermeisterin. Stadt und Polizei erarbeiteten das Konzept, nachdem 2017 eine Problemklientel von einigen Dutzend jungen Menschen immer wieder für Ärger gesorgt hatte. Als Brennpunkt kristallisierte sich der Marktplatz heraus. Drogenhandel, Vandalismus und Auseinandersetzungen mit der Polizei prägten das unrühmliche Geschehen.
Sieht man von der noch nicht aufgeklärten Mülltonnen-Brandserie 2018 ab, beruhigte sich die Lage in Schwalbach aber. Einige Hitzköpfe landeten sogar vor Gericht. Gänzlich aus der Welt geschafft sind die Probleme jedoch noch nicht.
Die Stadt hatte vor, die Kameras Ende Oktober 2018 in Betrieb zu nehmen. Dieser Fahrplan hat sich nicht ganz einhalten lassen. „In das private Leben der Menschen rund um den Marktplatz werden Polizei und Ordnungspolizei aber keinen Einblick haben“, betonen die Initiatoren, die das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen stärken, Kriminelle abschrecken und die Kameraaufnahmen nach möglichen Straftaten zur Aufklärung nutzen wollen. Dass die Privatsphäre rund ums Überwachungsgebiet garantiert ist, gewährleiste „die Technik, insbesondere durch Verpixeln von Fenstern, Balkonen und Schaufensterscheiben“.
Damit alle geltenden Vorschriften eingehalten werden, waren der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit sowie der polizeiliche Datenschutzbeauftragte in die Planungen einbezogen. Sie kontrollierten das System, bevor es kurz vor Weihnachten an den Start ging. „Es gab keine größeren Probleme, lediglich an wenigen Stellen musste noch gepixelt werden“, teilt Christiane Augsburger auf Kreisblatt-Anfrage mit.
Es geht um Vorbeugung
Die Stadt und die Polizei einigten sich inzwischen auf einen offiziellen Eröffnungstag der „Video-Schutzanlage“: Sie werden der Presse voraussichtlich am 10. Januar Einzelheiten des Projektes schildern und eine erste Zwischenbilanz ziehen. Auch Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte Interesse bekundet, dem Termin beizuwohnen. Doch sein Kommen ist derzeit unwahrscheinlich. Angesagt hat sich der Präsident der Polizei Westhessen, Stefan Müller. Er hatte sich schon 2017 eingeklinkt, als seine Beamten und Schwalbach sich daran machten, der Stadt eine neue Sicherheitsarchitektur zu verleihen.
Schwalbach wurde zur Modell-Kommune beim Präventionsprojekt „Kompass“. Ziel des Landes Hessen ist es, die Städte und Gemeinden mit der Polizei und den Bürgern besser zu verdrahten. Gemeinsam wollen sie besprechen, was der Sicherheit im jeweiligen Ort gut tut. Dafür stehen verschiedene Bausteine zur Verfügung. Ein Kernelement in Schwalbach ist der „Schutzmann vor Ort“: Der Polizeibeamte Christian Schneider ist eigens abkommandiert, sich auf Schwalbach zu konzentrieren, Kontakte zur Verwaltung und zur Politik zu pflegen sowie enger an Vereine, Kirchengemeinden, Jugendgruppen und Bürger heranzurücken. Der Innenminister, die Polizei und die Stadt betonen, die Ängste und Sorgen der Menschen ernstzunehmen, obwohl in Hessen die Kriminalitätsbelastung abgenommen habe und die Aufklärungsquote steige. Schwalbachs Bürgermeisterin hob dabei schon mehrfach hervor, dass die neue Videoanlage am Marktplatz nicht dazu diene, Menschen zu überwachen. Es gehe darum, sie zu schützen und die Bilder gegebenenfalls zur Aufklärung zu begutachten. Deswegen bezeichnen die Stadt Schwalbach und die Polizei das Kamera-Projekt als „Video-Schutzanlage“. Um diese Anlage zu installieren, mussten Kabelschächte angelegt und Masten aufgestellt werden. Die Arbeiten hatten im August 2018 begonnen.
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