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Vortritt für Einsatzkräfte im Supermarkt

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Thomas Gagel, Marktleiter des Rewe in der Homburger Straße in Hofheim, freut sich, dass die Aktion jetzt immer mehr Nachahmer findet.
Thomas Gagel, Marktleiter des Rewe in der Homburger Straße in Hofheim, freut sich, dass die Aktion jetzt immer mehr Nachahmer findet. © Maik Reuß

Die Kampagne „Rettungsgasse an der Kasse“ ist im MTK angekommen.

Main-Taunus -Nur 60 Sekunden Ausrückzeit habe man, sobald der Alarm ertönt, sagt Stephan Racky vom DRK-Kreisverband Main-Taunus - das mache das Einkaufen während der Dienstzeit schwierig. Da müsse eben manchmal der Rettungswagen direkt vor der Tür eines Supermarktes parken, damit man schnell wieder im Fahrzeug sitzt und zu einem Einsatz fahren kann. „Über einen Parkplatz in ,Poleposition würden sich bestimmt einige Kollegen freuen“, bekräftigt auch Jan Hörber, Rettungssanitäter auf der Malteser Rettungswache in Eppstein: „Ein Stellplatz, der groß genug für einen Rettungswagen oder Sprinter ist, bringt nicht nur Vorteile für uns, sondern zum Beispiel auch für Handwerker.“

„Leider fehlt es vielen an Zivilcourage“

Wichtiger noch sei, dass die Kollegen an der Kasse vorgelassen werden, so Racky. „Das gilt auch für die Tankstelle, denn einige Fahrzeuge müssen zweimal täglich betankt werden, da muss man rasch bezahlen können.“ Auch die Johanniter haben einschlägige Erfahrungen gemacht, wie Jörg Karl erzählt: „Bislang lief es oft darauf hinaus, dass wir unser Essen beziehungsweise unseren Einkauf im Geschäft zurücklassen müssen. Leider fehlt es vielen Menschen an Zivilcourage, uns Mitarbeiter aus dem Rettungsdienst mal vorzulassen.“ Für seinen Kollegen Patrick Goronzy geht es dabei nicht nur um einen kleinen Gefallen, sondern um ein Zeichen des gesellschaftlichen Miteinanders und der Anerkennung für den gesamten Rettungsdienst, der täglich rund um die Uhr für alle im Einsatz ist: „Das Vorlassen an der Supermarktkasse wäre hier ein erster Schritt als entgegenkommendes Dankeschön. Die meisten Kunden lassen aber am Kassenband die ältere Dame eher vor als einen Rettungsdienstler.“

Dass Rettungskräfte an der Kasse vorrangig bedient werden, lag bisher also eher im Ermessen einzelner Kunden oder Angestellter. „Schön wäre natürlich, wenn man von der Zivilgesellschaft als Rettungsdienstler ,gesehen‘ würde. Oft müssen unsere Einkäufe in den Zwölf-Stunden-Schichten im Laden liegenbleiben, weil durch das erhöhte Einsatzaufkommen keine Zeit für größere Pausen bleibt, ein Einsatz nach dem Nächsten folgt und in der Kassenschlange prompt der Melder geht.“ Wenn jemand in Rettungsdienstkleidung einkaufen geht, habe dieser eben keine Pause, sondern sei im Dienst und müsse bei einer Alarmierung sofort zum Fahrzeug.

Adrian Broghammer, Notfallsanitäter und Leiter Malteser Rettungsdienst Main-Taunus-Kreis, erinnert sich an seinen persönlichen Negativrekord: „Ich brauchte mal drei Anläufe, um meine Einkäufe zu bezahlen und mitzunehmen. Netterweise hatte das Supermarktpersonal die Waren in der Zwischenzeit kühl gestellt. Eine Rettungsgasse an der Kasse würde uns sicherlich die eine oder andere Extrarunde ersparen.“

Geübte Praxis in der Homburger Straße

Denn das, was sich auf Autobahnen etabliert hat, um Rettungskräften das schnelle Erreichen des Einsatzortes zu ermöglichen, hält erst langsam in Supermärkten Einzug. Die Idee dazu hatte voriges Jahr ein Rewe-Marktleiter in Freigericht (Main-Kinzig-Kreis, MKK), und sowohl Kunden als auch der Landrat zeigten sich begeistert. Bis Ende Juni beteiligten sich im MKK bereits rund zwanzig Einzelhandelsbetriebe. Inzwischen hat Rewe alle Märkte in der Region Mitte, also auch im Main-Taunus-Kreis, aufgefordert, die Kampagne „Rettungsgasse an der Kasse“ umzusetzen, und entsprechende Bodenaufkleber und Plakate zur Verfügung gestellt. Für Thomas Gagel, Marktleiter in der Homburger Straße in Hofheim, also in unmittelbarer Nähe von Polizeistation, Feuerwache und Rettungswache des DRK, ist diese Vorgehensweise schon lange selbstverständlich: „Seit mindestens sechs Jahren handhaben wir das bereits so, dass wir sofort eine zweite Kasse öffnen, wenn Einsatzkräfte hier einkaufen.“ Seine Mitarbeiter würden darauf achten, wer den Markt betritt oder in der Schlange steht, und die Beamten oder Retter nach vorne winken. Nun freut er sich, dass die Idee des Kollegen flächendeckend umgesetzt werden soll, auch wenn sie nicht bei allen gut ankommt: „Gerade ältere Kunden wollen das oft nicht akzeptieren.“

Eric Klief, Notfallsanitäter der Malteser Rettungswache Eppstein, hat im Hofheimer Markt schon oft eingekauft: „Diese Rettungsgasse nutzen wir gerne, aber wenn wir Glück haben, lassen uns die Menschen auch ohne einen solchen Hinweis vor. Das nehmen wir dankend an.“

Ein freundlicher Umgang miteinander sowie mehr Respekt und Solidarität mit den Einsatzkräften seien immer hilfreich, meint auch Broghammer. „Wir stehen mit unseren Rettungswagen ja auch nicht absichtlich im Weg. Wenn wir in zweiter Reihe parken, dann steckt in der Regel ein Notfall dahinter. Ein bisschen mehr Geduld würde vielen Menschen gut tun.“

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