Umstrittene Polizeikontrollen in Offenbach stoßen auf heftige Kritik

Beamte vom Haus des Jugendrechts durchsuchen Jugendliche in der Stadt und im Landkreis. Die Linke wirft der Polizei vor, sie erhöhe den „Repressionsdruck“.
Offenbach - Der „Repressionsdruck“ in Offenbach werde erhöht, sagt Sven Malsy. Der Stadtverordnete der Linken kritisiert die Kontrollen von Jugendlichen, die die Polizei am Montag vergangener Woche in der Stadt und im Kreis vorgenommen hat. Die Beamten kontrollierten auf Offenbacher Plätzen und in Parks sowie unter anderem an Stationen der S-Bahn-Linie 1 und an einem Badesee im Landkreis 61 Jugendliche, 46 davon durchsuchten sie.
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Insgesamt sieben Strafanzeigen
Die Einsatzkräfte fanden Utensilien für die Zubereitung und den Konsum von Drogen und stellten sieben Strafanzeigen. „Die durchgeführten Maßnahmen waren ein voller Erfolg“, teilte Einsatzleiter André Csukas mit – und kündigte weitere Kontrollen „insbesondere von Jugendlichen“ an. „Unsere düsteren Befürchtungen sind wahr geworden“, stellt Sven Malsy fest. Denn an den Durchsuchungen waren Beamte beteiligt, die im Offenbacher Haus des Jugendrechts arbeiten, das im Januar eröffnet wurde. „Wir haben befürchtet, dass bei dem Projekt nicht die Hilfe für die betroffenen Jugendlichen im Vordergrund steht“, sagt der Linken-Politiker, dessen Fraktion den Stadtverordnetenbeschluss zum Haus des Jugendrechts damals abgelehnt hatte.
Problematische Auswirkungen?
Die aktuellen Polizeikontrollen zeigten, dass die Arbeit des Hauses anscheinend nicht nur dazu diene, „bestehende Verfahren abzuschließen“ – da durch die Kontrollen „eine ganze Reihe“ neuer Verfahren eröffnet worden seien. Jugendliche verlören so ihr Vertrauen in staatliche Einrichtungen, moniert Malsy.
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Das Offenbacher Haus des Jugendrechts ist die hessenweit vierte Einrichtung dieser Art. Die Beteiligten von Jugendstrafverfahren arbeiten dort eng zusammen: Staatsanwaltschaft, Polizei und auf Jugendhilfe im Strafverfahren spezialisierte Sozialarbeiter der Stadt sowie der Täter-Opfer-Ausgleich der Diakonie. Die Zusammenarbeit soll zu schnelleren Verfahren führen – auch, damit den Jugendlichen der Bezug zwischen Fehlverhalten und Bestrafung klarer wird als in herkömmlichen Verfahren, die sich oft lange hinziehen. Auch die präventive Arbeit steht laut Justizministerium im Fokus.
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Michael Cordey, stellvertretender Kommissariatsleiter im Haus des Jugendrechts, wundert sich über die Kritik. „Ich kann nicht verstehen, dass die Linke mit einem erhöhten Kontrolldruck ein Problem hat“, sagt er. Für das Sicherheitsgefühl der Menschen seien doch genau solche Aktionen wichtig. Auch glaubt Cordey nicht, dass die Kontrollen das Vertrauen in die Institutionen trüben, da auch Gespräche Teil davon seien. „Wir haben die Gelegenheit ergriffen, um uns noch mal ins Gedächtnis der Jugendlichen zu rufen.“
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Cordey ist voll des Lobes für das Haus des Jugendrechts. Die Polizei könne sich intensiver um einzelne Fälle kümmern als zuvor im Kommissariat. Er habe die Erfahrung gemacht, dass man gerade bei Ersttätern durch schnelle Verfahren viel bewirken und sogar kriminelle Laufbahnen verhindern könne.
„Ich werde nur kontrolliert, weil ich Ausländer bin“
Auf politischer Ebene stehen die Offenbacher Linken mit ihrer Kritik am Vorgehen der Polizei recht alleine da. Während CDU und SPD die Kontrollen von Jugendlichen durch Beamte vom Haus des Jugendrechts klar befürworten, äußern die Grünen Verständnis für die Sorgen der Jugendlichen. „Ich werde nur kontrolliert, weil ich Ausländer bin“ – diesen Eindruck hätten in Offenbach viele Jugendliche, erzählt Grünen-Sprecher Wolfgang Malik, der auch Präsident des für seine integrative Arbeit preisgekrönten Boxclubs Nordend ist. Dass die Polizei kontrolliere, sei ihr Job, doch Transparenz müsse stets oberstes Gebot sein: „Es wäre sinnvoll, den Jugendlichen zu erklären, warum man sie kontrolliert.“ Malik selbst lädt regelmäßig Beamte in den Boxclub und ins Jugendzentrum Nordend ein, damit Jugendliche ihnen Fragen stellen können. „Das waren immer wirklich gute Diskussionen.“
Dominik Schwagereit, Fraktionsvorsitzender der Offenbacher FDP, sagt, die „Irritation der Linken“ sei nachvollziehbar. Reguläre Polizeikontrollen mit der begrüßenswerten Arbeit des Hauses des Jugendrechts zu verquicken sei „ungünstig“.
von Fabian Scheuermann
Unter einem Dach
Das Haus des Jugendrechts in Offenbach hat im Januar in der Kaiserstraße seinen Betrieb aufgenommen. Es ist nach zweien in Frankfurt und einem in Wiesbaden das vierte in Hessen. Weitere sind in Hanau und Kassel geplant.
Kurze Wege zwischen den Beteiligten in Jugendstrafverfahren sollen im Haus des Jugendrechts gewährleistet sein. Die Staatsanwaltschaft arbeitet in Offenbach mit fünf Stellen, die Polizei mit 22 und die Jugendhilfe der Stadt mit zwei, dazu kommt die Diakonie.
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