Nach 50 Jahren: Streit endet für Offenbacher Mieter mit Rausschmiss

Albrik Schäfer lebt seit 1969 in derselben Wohnung. Ein Streit über Untervermietung endet mit der Kündigung.
Albrik Schäfer lebt seit 50 Jahren in der Luisenstraße 85. Zunächst wohnte er im ersten Stock mit seinen Eltern, später mit seiner Mutter, die er bis zu ihrem Tod 2016 pflegte. Die Miete wurde immer pünktlich bezahlt, es habe nie Schwierigkeiten gegeben, sagt er. Dennoch droht dem 64-Jährigen die Räumung zum 30. November. Der Vermieter will die 120-Quadratmeter-Wohnung sanieren und neu vergeben. Das böte ihm die Möglichkeit, die Miete drastisch zu erhöhen. Aktuell liegt der Quadratmeterpreis bei sehr günstigen 3,46 Euro.
Seit fast drei Jahren zieht sich der Streit mit Anwälten und vor Gericht hin. Schäfer sagt, er habe Angst, obdachlos zu werden. Die Situation zermürbe ihn, er sei depressiv geworden und nehme Medikamente. Er vermutet, sein Vermieter wolle ihn loswerden, um eine Luxussanierung zu machen.
Plötzlich die Kündigung
Schäfer bezog 2016 eine Erwerbsminderungsrente von 748 (heute 814) Euro. Die Miete mit Nebenkosten konnte er sich nach dem Tod der Mutter nicht mehr leisten. Das Sozialamt zahlte zwar ein halbes Jahr lang einen erhöhten Betrag, jedoch nur bis März 2017. Die Behörde riet ihm zu einem Wohnungswechsel beziehungsweise einer Untervermietung. Schäfer suchte nach einer kleineren Unterkunft. Aber ohne Erfolg. Er fand jedoch einen Untermieter, es war ein Freund.
Das Problem: Der Vermieter sagte zwar nicht kategorisch Nein, sondern forderte zunächst nähere Informationen zum Untermieter und eine Beteiligung an den Einnahmen der Untervermietung. Später verlangte er eine weitere Kaution. Briefe gingen hin und her. Am 31. März 2017 kam wieder Post: Anwalt Manuel Feise teilte ihm die fristlose Kündigung mit.
Schäfer soll den Vermieter vorsätzlich getäuscht haben
Schäfer habe den Vermieter vorsätzlich getäuscht, weil er die Wohnung früher als behauptet „teilweise“ untervermietet habe. Damit sei das mietvertragliche Vertrauensverhältnis „unwiederbringlich zerstört“. Feise zufolge hat Schäfer die Kündigung selbst verschuldet. „Hätte er sich gegenüber unserem Mandanten rechtschaffen verhalten, so wäre es zu keiner Kündigung gekommen.“
Das stimmt jedoch nicht. Bereits drei Wochen nach dem Tod der Mutter hatte der Vermieter im August 2016 Schäfer schriftlich gekündigt. Das sei sein gutes Recht, dem Erben eines Mieters den Wohnraum zu kündigen, heißt es in dem Brief. Der Mieterbund, an den sich Schäfer gewandt hatte, wies dies als unzutreffend zurück und teilte Anfang Dezember 2016 mit, es sei eine Untervermietung zum 1. März 2017 geplant.
Zweite Instanz entscheidet auf Räumung
Im Februar schloss Schäfer einen Vertrag mit dem Untermieter, nachdem der Mieterbund ihm signalisiert hatte, er habe Anspruch auf eine Genehmigung. Anfang März erfolgte der Einzug. Wenig später erhielt Schäfer die fristlose Kündigung. Dagegen wehrte er sich und bekam vor dem Amtsgericht Offenbach recht. Er habe wegen seiner finanziellen Lage ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung. Die Richterin sah es nach einer Zeugenaussage als erwiesen an, dass der Untermieter erst nach Einholung des Einverständnisses in die Wohnung eingezogen sei.
Auch in der Person des Untermieters sah das Gericht keinen Grund, die Erlaubnis zu versagen. Der Vermieter hatte argumentiert, dieser sei psychisch erkrankt. Damit störe er den Hausfrieden und sei ihm nicht zumutbar. Das Gericht wies das als „pauschal“, weil nicht belegt, zurück. Zudem sei das Antidiskriminierungsgesetz zu beachten, wonach ein Untermieter nicht wegen einer Behinderung abgelehnt werden dürfe.
Landgericht Darmstadt folgt der Argumentation
In zweiter Instanz entschied das Landgericht Darmstadt dagegen, Schäfer müsse die Wohnung bis zum 30. November räumen und außerdem die Kosten des Rechtsstreits in Höhe von 6472 Euro tragen. Es folgte der Argumentation Feises, Schäfer habe sich „vertrags- und treuwidrig“ verhalten und das Informationsrecht des Vermieters missachtet. Ihm wurde vorgehalten, dass der Untermieter bereits vor dem 1. März persönliche Gegenstände in die Wohnung gebracht und sich dort auch öfter aufgehalten habe, „wenngleich nicht zum Zweck der Übernachtung“.
Eine Revision wurde nicht zugelasssen. Schäfer ist verzweifelt. Das Urteil beruhe auf Diffamierung und Lüge, sagt er. Es sei ungerecht, auch weil der Vermieter in der Wohnung über seiner eine Untervermietung akzeptiert habe. Er will nun prüfen lassen, ob es doch noch eine Möglichkeit gibt, das Urteil anzufechten.
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