Der süße Schaum der Vernichtung

Ein giftfreies Heißwasser-Schaumgemisch lässt Pflanzenzellen platzen. Der Cratzenbacher Klaus Förstl setzt auf Unkrautvernichtung ohne Chemie. Er erklärt das neue Verfahren.
Im Frühling geht es wieder richtig los. Nach dem langen und kalten Winter ist zu befürchten, dass das, was viele als Unkraut bezeichnen, sich explosionsartig breitmacht. Gepflasterte Bürgersteige, Höfe und Garageneinfahrten, Beete neben den Gartenwegen wuchern schneller zu, als manche gegensteuern können. Aber dem Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln sind vom Pflanzenschutzgesetz Grenzen gesetzt. Nicht nur viele chemische Substanzen, auch etliche Hausmittel sind verboten.Klaus Förstl, der in Cratzenbach ein Familienunternehmen für Hausverwaltung und Hausmeisterdienst betreibt, setzt seit dem vergangenen Sommer auf Unkrautvernichtung ohne Chemie.
Ohne Chemie
Die Diskussionen darüber, ob Glyphosat als Wirkstoff in Herbiziden weiterhin zugelassen werden solle, habe seine Suche nach Alternativen nur beschleunigt, unterstreicht Förstl im Gespräch mit dieser Zeitung. Denn unabhängig davon ist der Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln auf versiegelten Flächen generell verboten.
Je nach Objekt, das er betreut, blieben da nur natürliche Methoden. „Mähen geht relativ schnell, aber nach spätestens vier Wochen ist alles wieder nachgewachsen“, so Förstl. Das Wegflämmen sei auch nicht ideal. „Man kommt nicht an die Wurzeln. Zudem ist die Asche der beste Dünger und beschleunigt das Pflanzenwachstum sogar noch.“ Der Einsatz des guten alten Fugenkratzers sei wiederum zeitaufwendig ohne Ende. „Vor allem muss man es regelmäßig machen“, so Förstl.
Auf einer Messe stieß er dann auf eine neue Methode und war spontan begeistert. Und was ist das für ein Wunderverfahren? „Wir schäumen eine Mischung aus Mais, Kokos und unraffiniertem Zucker in heißem Wasser auf und tragen es heiß auf“, erläutert Förstl. „Im Grunde hat die Oma es früher nicht anderes gemacht, wenn sie heißes Kartoffel- oder Reiswasser über das Unkraut geschüttet hat“, berichtet der Fachmann. Primär sei die Hitze der ausschlaggebende Faktor. Die hohe Temperatur lasse die Zellen platzen. Als Vergleich zieht der Cratzenbacher das Verhalten von empfindlichem Spinat beim Kontakt mit heißem Wasser heran. „Die Blätter ziehen sich sofort zusammen“.
Auf größeren Flächen verdunste heißes Wasser aber zu schnell. Deshalb die Maisstärke. Die verkleistere, bekomme als Schaum eine größere Oberfläche und halte für ein bis zwei Minuten die Temperatur kurz unter dem Siedepunkt. Das genüge, damit das Unkraut absterbe. Anders als beim Abflämmen würden Sträucher oder Baumrinden und -wurzeln nicht geschädigt.
Heiße Sache
Selbst bei hochgradiger Verunkrautung sei das Verfahren erfolgreich, so sein Eindruck, nachdem er sich im vergangenen Jahr das Gerät angeschafft hatte: „Schon nach der ersten Anwendung sind 60 Prozent des Bewuchses vernichtet, und nach jeder Behandlung wird es weniger.“ Bei Gras funktioniere es sofort, Löwenzahn sei hartnäckiger. Selbst die Herkulesstaude lasse sich entfernen, wenn man den Schaum in den Wurzelstock einbringe.
Wichtig ist Förstl auch, dass das Gemisch nicht giftig ist, weder für Menschen noch für Tiere. Er versichert: „Die verwendeten Komponenten sind in die Betriebsmittelliste für Ökobetriebe eingetragen.“ Seine Frau Melanie Förstl, die im Büro die Stellung hält und die Buchhaltung macht, hat sogar mal am Schaum genascht und erzählt: „Der schmeckt nach gar nichts, denn es sind ganz natürliche Rohstoffe.“ Weil ihre Hühner im Hof frei herumlaufen, käme für sie sowieso nichts in Frage, was den Tieren irgendwie schaden könnte.
Neben den Objekten, die Förstl betreut, gehört auch die Gemeinde Weilrod zu seinen Auftraggebern. Drei Wochen am Stück hat er mit dem neuen ökologischen Heißwasser-Schaumsystem auf allen 13 Friedhöfen der Gemeinde gearbeitet sowie in der Weilstraße.
Übrigens halten auch die Mitarbeiter der Stadt Bad Nauheim mit dieser umweltschonenden Methode ihre Flächen frei von Unkraut.