100 Würmer pro Kubikmeter
Wetteraukreis (red). Um die Bedeutung guter Böden als Lebensgrundlage und deren Erhalt ging es während eines Info-Abend im Plenarsaal des Kreishauses in Friedberg. Das Netzwerk »Wetterau im Wandel« hatte mit der Volkshochschule dazu eingeladen.
Die Wetterau ist geprägt von landwirtschaftlichen Flächen. Gleichzeitig suchen immer mehr Menschen Wohnraum. So müsse man stets zwischen einer zumutbaren Versieglung des Bodens und dessen Erhalt abwägen, sagte Kreisbeigeordneter Matthias Walther (CDU), als er die Zuhörer begrüßte. Es gelte, sorgsam mit dem Boden umzugehen und ein Bewusstsein in der Bevölkerung dafür zu schaffen.
Das sei auch Ziel der seit 2011 bestehenden Initiative »Wetterau im Wandel«, sagte Wolfgang Dittrich, der als Referent des evangelischen Dekanats Wetterau die Geschäftsführung des Netzwerks übernimmt. »Wir wollen gemeinsam den sozialökologischen Wandel vorantreiben. In der Wetterau haben wir Böden bester Qualität, für deren Erhalt wir eine Verantwortung haben.«
Was gute Böden ausmacht
Was solche »guten Böden« ausmacht, erklärte Florian Schwinn, Journalist und Autor des Buches »Rettet den Boden«. Er nahm die Gäste mit auf eine Reise in den Boden. »In einer Handvoll Erde leben mehr Organismen als Menschen auf der Erde«, erklärte er. In einem Kubikmeter gesundem Boden seien das etwa im Schnitt 30 Hundertfüßler und bis zu 1000 Billionen Bakterien. Beispielhaft würden für einen guten Boden immer wieder die Regenwürmer genannt, weil sie gut sicht- und zählbar sind. »Viele Regenwürmer bedeuten einen guten Boden«, sagte Schwinn. Mindestens 100 Regenwürmer müssten es pro Kubikmeter sein.
Gleichzeitig gehe an vielen Stellen Boden kaputt, nicht nur durch Versiegelung, auch durch Erosion, bei der Wasser oder Wind den Boden abtragen. Schwinn betonte die Bedeutung des Aufbaus und Schutzes von Humus. Der dunkle Oberboden sei wichtig für die Versorgung der Pflanzen mit Nährstoffen wie Stickstoff oder Phosphor, aber auch für die Porenverteilung und damit für den Luft- und Wärmehaushalt des Bodens.
Eine Untersuchung in Niedersachsen habe gezeigt, dass dort im Schnitt 1,4 bis 1,2 Tonnen Humus pro Hektar im Jahr verloren gehen. Bis ein Millimeter Humus neu aufgebaut sei, dauere es Jahrzehnte.
Bildungsprojekt »Weltacker«
Was also tun? Ideal wäre es, so Schwinn, ganz ohne schwere Geräte auf den Feldern zu arbeiten und immer eine Zwischenfrucht anzubauen, die den Boden bedeckt, ihn durchwurzelt und Futter für Regenwürmer liefert.
Dass es Hoffnung für die Bodenregeneration gebe, betonte Andreas Gattinger, Professor für ökologischen Landbau an der Uni Gießen. Wichtig sei es, Wissen über die Bedeutung der Böden bereits in Kitas, Schulen und relevanten Ausbildungsberufen einzubringen. Und noch einen anderen Aspekt hob er hervor: Der Boden binde CO2, das sei wichtig für den Klimaschutz. »Das hat allerdings auch Grenzen und ist kein Allheilmittel, irgendwann ist eine Sättigung erreicht.« Man dürfe die Einsparung von CO2 also nicht allein der Landwirtschaft aufbürden.
Thema des Abends war auch der »Weltacker«. Monika Brenninger hatte im Netzwerk auf dieses Bildungsprojekt aufmerksam gemacht. Überlegt wird nun, einen »Weltacker«, der aufzeigt, welche Ackerkulturen in welcher Menge weltweit erzeugt werden und vor welchen ökologischen und sozialen Herausforderungen man bei der Ernährung und der Landwirtschaft der Zukunft steht, auch in der Wetterau anzulegen. »Das könnte ein Bewusstsein schaffen für die Themen regionale Erzeugung und Bodenschutz«, sagte Werner Ruf (Rosenschule Ruf).