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1000 Jahre Burkhards im Zeitraffer

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Frank Wolf (r.) und Sven Winkler stellen die Chronik des 1000-jährigen Burkhards vor, die von einem vierköpfigen Festausschuss zusammengetragen und vorgelegt wird. © Stefan Weil

Während des Kommersabends präsentierten die Organisatoren des Jubiläums einen humorvoll vorgetragenen Rückblick auf das Leben von etwa 50 Generationen in dem Vogelsbergdorf.

Burkhards (sw). Mit einer kurzweiligen Kommersveranstaltung begannen am frühen Samstagabend in Burkhards die Feiern anlässlich des 1000-jährigen Bestehens des größten Niddertalortes. »Zweimal haben wir den Veranstaltungsreigen verschieben müssen«, so der frühere Ortsvorsteher und »Chefplaner« Frank Wolf. »Leider konnten einige der ursprünglichen Mitstreiter nicht mehr dabei sein«, bedauerte Wolf. Er bedankte sich bei allen, die bei den Vorbereitungen und schließlich den beiden Veranstaltungen - am Sonntag war der Festumzug abschließender Höhepunkt - Ideen und Beiträge eingebracht hatten.

Einen « großen Dank« sprach er an die »Jugend des Ortes« aus. Denn nur mit der Unterstützung der agilen jungen Mitglieder des Kirmesclubs und des Jugendclubs »Holzschoppe« habe das Fest dennoch stattfinden können.

Mit großen Respekt und einem dicken Lob würdigten Frank Wolf und Sven Winkler, sein Nachfolger an der Spitze des Ortsbeirates, die Leistung des vierköpfigen Festausschusses für »Historie, Chronik und Festprolog«. Arnold Haas, Edgar M. Böhlke, Annika Stauch und Sarah Part hatten mit akribischer Recherche, Herzblut, Durchhaltewillen und Fachverstand eine 212-seitige Chronik über das 1000-jährige Dorf aufgelegt. Das sehr gelungene Werk mit vielen historischen Fotos und Abbildungen von Zeitdokumenten sowie erklärenden und informativen Texten ist als Festbuch zum Preis von 28 Euro erhältlich.

In einführenden Gedanken widmete sich Schauspieler Edgar M. Böhlke der Zeit. Der 83-Jährige, der schon seit vielen Jahren in Burkhards lebt, beleuchtete die menschliche Wahrnehmung aus zwei unterschiedlichen Ansätzen. »Nicht selten haben wir den Eindruck, dass die Zeit rast. Während ich gerade spreche, ist der Anfang meiner Rede schon Vergangenheit.« Aus diesem Blickwinkel seien 1000 Jahre Burkhards nur ein winzig kleiner Moment in der Geschichte der Menschheit, die in die Steinzeit bis zweieinhalb Millionen Jahre zurückreiche. »1000 Jahre bedeuten aber etwa 50 Generationen von Menschen, die hier mit allen Höhen und Tiefen des Daseins gelebt haben und gestorben sind. So gesehen, ist das plötzlich ein unvorstellbar langer Zeitraum.«

Im Jahr 1020 wurde Burkhards erstmals urkundlich erwähnt. Damals führten zwei wichtige Handelsstraßen entlang der Nidder. »Der Heilige Bonifatius wurde durch das Niddertal auf seinem letzten Weg von Mainz nach Fulda getragen«, erinnerten die Redner. Ab 1450 gehörte Burkhards zur Grafschaft Ziegenhain. Aus dieser Zeit stammt der achteckige Stern, der das für die 1000-Jahr-Feier von dem Ortenberger Heraldiker Michael Schröder entworfene Dorfwappen schmückt.

Mit sehr anschaulichen alten Aufnahmen, die auf der großen Leinwand präsentiert wurden, versetzten die beiden Redner die Gäste in die entbehrungsreiche Zeiten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. »Burkhards war von Landwirtschaft geprägt. Auch damals gab es schon Naturkatastrophen. Die Bauern hatten oft Schwierigkeiten, ihre Familien satt zu bekommen«, sagte Frank Wolf. Moderne, leistungsstarke und komfortable Maschinen wie heutzutage gab es damals noch nicht. Pferdefuhrwerke und Ochsenkarren waren die Transportmittel der Wahl.

Älteren Menschen werden noch »Feldschützen« bekannt sein. In einer Dienstanweisung aus dem Jahr 1904 wurden detailliert Strafen dargestellt, für den, der sich unerlaubt an Feldfrüchten verging. Sven Winkler erinnerte an die Kirche in Burkhards. Im Oktober 1755 wurde das heutige Gebäude in der Dorfmitte geweiht und mehr als 200 Jahre später umfassend saniert.

Das Schulgebäude, in dem seit dem Umbau das Dorfgemeinschaftshaus untergebracht ist, wurde im Jahr 1902 als Volksschule eingeweiht. Erst 24 Jahre später wurde Burkhards an die öffentliche Stromversorgung angeschlossen.

Ausführlich kam auch das wirtschaftliche Leben zur Sprache. Es gab mehrere Öl- und Getreidemühlen, und Burkhards verfügte über das Privileg, Märkte abhalten zu dürfen. Viele Handwerksberufe finden sich noch heute in Dorfnamen wieder, wie Schmied, Müller, Glaser, Wagner oder Bäcker.

In ihrem humorigen Vortrag kamen Sven Winkler und Frank Wolf auch auf die Gasthäuser zu sprechen, von denen es vor rund 100 Jahren noch sieben im Ort gab. »Es existierte eine Liste von bekannten Trinkern. Denen war verboten, die Gasthäuser zu betreten«, erzählten die Redner zu dem auf der Leinwand gezeigten Abbild des historischen Originals.

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