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Abend, der nachklingen wird: Peter Orloff und Schwarzmeer-Kosaken begeistern in Altenstadt

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Trotz reduzierter Besetzung geben Peter Orloff und die Schwarzmeer-Kosaken in der Altenstädter Sankt-Nikolai-Kirche ein bemerkenswertes Konzert. © Ingeborg Schneider

Es war ein Konzertabend, der wie gemacht ist für die Adventszeit. Peter Orloff und die Schwarzmeer-Kosaken begeisterten in der evangelischen Sankt- Nikolai-Kirche Altenstadt.

Sie machten aus der Not eine wahre Tugend und empfingen dafür begeisterten stehenden Applaus: Peter Orloff und seine Schwarzmeer-Kosaken gastierten trotz krankheitshalber reduzierter Besetzung mit einem eindrucksvollen Konzert voller geistlicher und weltlicher Glanzlichter in der Altenstädter Nikolai-Kirche.

Von A-cappella-Gesängen bis zu virtuosen tänzerischen Instrumentalstücken, die Ilya Kurtev auf dem Bajan-Akkordeon vortrug, von Kirchenchorälen bis hin zu russischen Volksliedern und Balladen, von der russischen Sprache über Italienisch und Deutsch bis hin zum traditionellen Kirchen-Slawisch erklang ein breites Spektrum an Melodien, das dem Chor ebenso wie den markanten Solostimmen Raum zur Entfaltung bot und mit großem Können, oft meditativer Konzentration, dann aber auch wieder mit lebhaften schauspielerischen Einlagen dargeboten wurde.

Blick auf die Entwicklung

»In diesem Ensemble, das ich in der Nachfolge meines Vaters Nikolai S. Orloff übernommen habe, singen von jeher Russen und Ukrainer gemeinsam. Wir praktizieren das, was die Politik noch lernen muss«, stellte Peter Orloff gleich zu Beginn des Konzertes klar. Der Schlagerstar der 70er Jahre ist quasi mit den Schwarzmeer-Kosaken unter der Leitung seines Vaters großgeworden, der als evangelischer Theologe und Pastor dem alten russischen Adelsgeschlecht derer von Orlow entstammte und in den Wirren der Oktoberrevolution nach Lemgo in Nordrhein-Westfalen emigrierte. Mit 14 Jahren, 1958, sang der junge Peter, eigentlich Pjotr Nikolajewitsch von Orlow, als weltweit jüngster Kosak in den Reihen der Männer mit, die sich nach den freien Reitereien des Ostens benannt hatten und, im Gegensatz zu den Don-Kosaken, als Synodalchor der russisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, bis heute überwiegend in Gotteshäusern auftreten. Ab 1993 übernahm Peter Orloff wachsende Verantwortung in dem Ensemble, dessen Gesamtleiter und Kosakenanführer (»Ataman«) er seit 1996 ist. »2019 waren wir nach insgesamt 8000 Konzerten auf dem Höhepunkt unserer Karriere angelangt - als die Pandemie erbarmungslos zuschlug«, erläuterte Orloff. »Es ist uns nach dieser langen Pause eine große Freude, wieder für Sie singen und spielen zu dürfen.«

Verwandtschaft der Völker

Dem geistlichen Schwerpunkt der Schwarzmeer-Kosaken entsprechend begann der Abend mit dem »Otsche nasch«, dem orthodoxen Vater unser in einer Komposition von Nikolai Rimsky-Korsakoff. Es folgte Dimiti Bortnijansikis »Ich bete an die Macht der Liebe«, später der kraftvolle Segenswunsch »Mnogaja ljeta - Auf viele Jahre«, der das Kirchenschiff erbeben ließ, das Weihnachtslied »Adeste Fidelis - Herbei, o ihr Gläubigen« und »Die Legende von den zwölf Räubern«, deren Anführer Kudijar sich wandelt und ins Kloster geht. Viele Lieder, wie »Eintönig klingt das Glöckchen«, die »Abendglocken« und »Es steht ein Soldat am Wolgastrand« sind nach jahrzehntelangem Wirken der Schwarzmeer-Kosaken und verwandter Ensembles nahezu ins deutsche Liedgut übergegangen: Leises Mitsingen und Mitwiegen in den Reihen unterstrichen diese musikalische Verwandtschaft der Völker, die, so hatte es den Anschein, auch die Machtgier eines irregeleiteten Präsidenten nichts anhaben kann.

Herausragend, auch bei den weltlichen Liedern wie der »Legende von Stenka Rasin«, »O sole mio«, »Kalinka« und dem Gefangenenchor aus der Oper »Nabucco« von Giuseppe Verdi, sind die weit tragenden, geschulten Stimmen des Ensembles: Ungebrochen und strahlend der Bariton des 78-jährigen Peter Orloff, beeindruckend und oft in der Rolle des Vorbeters/Popen oder Erzählers der Bass von Stefan Arininsky, Orloffs Stellvertreter. Vladimir Kuzmenko und Fjodor Kunitsky erklommen als Tenöre mühelos und glasklar schwindelnde Höhen und präsentierten italienischen Belcanto, während Bassbariton Tihomir Androlow bei der »Petersburger Schlittenfahrt« auch seine tänzerischen Qualitäten unter Beweis stellte.

Soziales Engagement

Alle Schwarzmeer-Kosaken sind exzellent ausgebildete Profisänger, die teilweise als Solisten sowie als Gesangsdozenten wirken. Ein weiteres Merkmal des Ensembles ist sein soziales Engagement in Form der Stiftung »Bruderhilfe«, die einst Nikolai S. Orloff ins Leben rief.

Mit der Weihnachtshymne »O du fröhliche« und »Guten Abend, gut‹ Nacht«, beschlossen die Männer einen wundervollen Konzertabend, der noch lange in den Besuchern nachklingen wird.

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