»Alle Menschen sind willkommen«

Gedern (red). Die Abu Bakr Moschee im Frankfurter Stadtteil Hausen gilt als die schönste in der Stadt. Jetzt haben Mitglieder des Gederner Kirchenvorstandes dem Gotteshaus, dessen Minarett schon von Weitem zu sehen ist, und seinem Trägerverein, der Islamischen Gemeinde Frankfurt, einen Besuch abgestattet. Vermittelt hat den Kontakt Gemeindemitglied Reino Seipel.
Er ist Bauleiter für das neue Gemeindezentrum der Moschee.
Dorthin führte Mohamed Seddadi, Geschäftsführer der Islamischen Gemeinde, die Gruppe zunächst. Ausgestattet mit moderner Kommunikationstechnologie in sämtlichen Räumen, findet im Gemeindezentrum nicht nur Koran-Unterricht statt, sondern auch Nachhilfeunterricht und gerade aktuell Kurse zur Abiturvorbereitung.
Diese Angebote stünden grundsätzlich allen Menschen offen, unabhängig von ihrer Religion, sagt Seddadi. Geleitet werden sie von Muslimen und Nicht-Muslimen, ehrenamtlich, wie auch Seddadi ehrenamtlich als Geschäftsführer arbeitet. Er begründet das gesellschaftliche Engagement seiner Gemeinde aus der Religion heraus. Im Islam habe soziales Handeln einen hohen Stellenwert.
Vermittler zwischen den Kulturen
Der große Gebetsraum der Moschee spiegelt Vielfalt wider. Der türkisfarbene Teppich ist aus der Türkei, aus Spanien sind die Fliesen und aus Marokko kommt der Steinmetz, der die Ornamente in der Kuppel in 18-monatiger Handarbeit gefertigt hat. Zum Freitagsgebet, dem wichtigsten der Woche, versammeln sich dort 1000 Menschen und mehr.
Die Islamische Gemeinde fühle sich der Integration verpflichtet, betont Seddadi. Er selbst gibt dafür ein gutes Beispiel. Der aus Marokko stammende Sozialdemokrat, Vater dreier erwachsener Kinder, ist Ortsvorsteher in Hausen, Mitglied der kommunalen Ausländervertretung der Stadt Frankfurt, Koordinator des Koordinationsrates der Moscheen in Frankfurt und Koordinator für Integrationskurse, um nur einiges zu nennen. Regelmäßig bietet er in der Moschee Führungen an und lädt zum Gespräch ein, sei es mit Schulklassen, Parteien, Vereinen oder eben Menschen anderer Konfession, wie dem Kirchenvorstand aus Gedern: »Wir sind ausgebucht bis 2025.«
Seddadi versteht sich als Vermittler zwischen den Kulturen und bemüht sich um Aufklärung auf beiden Seiten, etwa wenn es in Schulen um Fragen der Religionsausübung junger Muslime geht oder grundsätzlich um Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Frauen müssen in der Abu Bakr Moschee kein Kopftuch tragen.
Auch der große Gebetsraum steht Frauen offen. Allerdings gibt es einen weiteren Gebetsraum nur für Frauen. Seddadi begründet das nicht mit der Religion, sondern mit der Tradition. Diese aufzuweichen, brauche Zeit.
Gut nennt er die Zusammenarbeit mit der Polizei in Sachen Aufklärung: »Der Ruf ›Allahu Akbar‹ (Allah ist groß) bedeutet nicht, dass gleich eine Bombe gezündet wird.« Der Ausdruck sei vielmehr Teil des täglichen Gebets. Er ist allerdings durch die Verwendung von Extremisten bei Anschlägen zu einem Symbol für Gewalt geworden.
Kantine und ein Friseurladen
Zwei Imame, die einzigen Festangestellten des Vereins, beten in der Abu Bakr Moschee, beide aus dem Ausland. In Deutschland ausgebildete Imame, die die gleiche Sprache sprechen und einen ähnlichen Hintergrund haben wie die vielen jugendlichen Muslime, die in die Moschee kommen, seien wünschenswert, für den Verein, der sich komplett aus Spenden finanziert, aber zu teuer.
In der Moschee, zu der auch eine Kantine, ein Lebensmittel- und ein Friseurladen gehören, seien alle Menschen willkommen, egal welchen Glaubens, versichert Seddadi. Bewusst verzichte der Trägerverein auf Geld von staatlichen Institutionen, um sich diese Offenheit zu bewahren und frei zu bleiben von ausländischen Einflüssen.
»Sie haben uns den Islam heute ein ganzes Stück nähergebracht«, bedankte sich Kirchenvorstandsvorsitzender Bernd Vonalt nach dem fast dreistündigen Besuch bei Mohamed Seddadi.