Alles für das liebe Federvieh

Mutter, Vater, zwei Kinder und viele Hühner. Bei Familie Krebs in Ober-Seemen ist die Geflügelhaltung ein Projekt für alle. Gestartet mit vielen Ambitionen und wenig Wissen, sind sie heute glückliche Halter glücklicher Hühner.
Es geht lebhaft zu am Küchentisch von Familie Krebs in Ober-Seemen. Aaron, 14 Jahre alt, hat sich in das Hühner-Thema so richtig reingeschafft. Er kennt sich aus mit den Rassen und mit der Zucht. mit dem Brutverhalten und mit der Haltung sowieso. Seine Schwester Leticia (9) weiß auch eine ganze Menge, und so fallen sich die Geschwister immer wieder ins Wort, wenn sie erzählen, wie das alles kam mit den Hühnern. Denn die sind »ein Familienprojekt durch und durch«, sagt Mutter Katja Krebs. »Ein sehr zeitaufwendiges zudem«, fügt sie hinzu. Da werden Küken schon mal auf der Wärmflasche oder unter dem Rotlicht gehutscht, wenn die Glucke das Nest verlassen hat und sich nicht mehr so recht um ihre Kinder kümmert. »Mit Liebe«, so Katja Krebs, wird Hühnerfutter zubereitet. »Karotten, frisch gepflückte Brennnesseln, hartgekochte Eier, alles zerkleinert, und Haferflocken, das schmeckt ihnen am besten«, weiß Leticia.
Alle vier sind eingebunden in die Aufzucht und die Pflege des Federviehs, das hinter dem Haus am Ortsrand ein wahrlich glückliches Leben führt in einem großen Auslauf mit viel Grün und hohem Gras sowie mit einer »Luxusherberge« auf vier Rädern.
Holpriger Start
Hühner, erzählt Familienvater Stefan Krebs, gab es auf dem Hof seiner Eltern schon früher. Es war Aaron, der die Geflügelhaltung auf dem Anwesen wiederbelebt hat. Ein Corona-Projekt. Er finde Hühner »faszinierend. Es gibt viele verschiedene Rassen, die sind so schön, besonders die alten Rassen«, schwärmt der Junge.
Der Start war holprig. Die ersten Hühner von Familie Krebs waren Hybriden, gezüchtet, um Eier zu produzieren, aber nicht, um zu brüten. Weil die Hennen partout nicht glucken wollten, griff die Familie zur Kunstbrut und legte Eier in einen Brutautomaten. Die waren jedoch gar nicht befruchtet. Der Hahn war zu alt. »Wir hatten wirklich gar keine Ahnung«, sagt Katja Krebs und muss lachen. Eine Arbeitskollegin gab ihr daraufhin 15 befruchtete Eier, aus denen schließlich acht Küken schlüpften. Ein Hahn, »Blitz« genannt, entpuppte sich als Henne und ist heute als »Blitzine« die letzte Überlebende dieser ersten Brut.
Aaron hatte sich inzwischen so belesen, dass er »richtig« züchten wollte. Alte Rassen, die noch ein natürliches Verhalten zeigen. Dazu trat er in den Rassegeflügelzuchtverein Kefenrod ein. »Den Gerhard (Kempel, stellvertretender Vorsitzender, Anm.d.Red.) habe ich permanent mit Fragen gelöchert.« Von erfahrenen Züchtern bekam Aaron befruchtete Eier der Rassen Wyandotten und Brahma, ließ sie ausbrüten und zog die Küken auf. Aber rasch musste er erkennen, dass die Rassegeflügelzucht ein aufwendiges und diffiziles Hobby ist, das einen Schüler, der noch andere Interessen hat, schnell überfordern kann. »Viel Zeit, Energie und Geld« brauche es dafür, sagt Aaron. »Man muss richtig viele Küken haben, wenn man das Optimale aus der Zucht herausholen will. Und man muss die Rassen getrennt halten und die Hühner zudem noch nach Farbschlägen sortieren.« Seine Ambitionen hat er dennoch nicht aufgegeben, sondern nur aufgeschoben.
Corona-Projekt Hühnerwagen
Heute lebt in dem großen Gehege eine bunte Hühnerschar, in der sich die Rassen gemischt haben, und die ganze Familie Krebs erfreut sich an den Farben und der Vielfalt des Gefieders. »Hauptsache, es sind schöne Tiere«, findet Leticia. Und Stefan Krebs ergänzt: »Das ist genau das, was wir wollen, gesunde Hühner, die sich natürlich verhalten und ein artgerechtes Leben führen können.« Dafür hat er - noch so ein Corona-Projekt - einen großen Hühnerwagen gebaut, in dem es an nichts fehlt. Bevor die Hühner dort eingezogen sind, haben Aaron und Leticia ihn mit einer Übernachtungsparty eingeweiht.
Nicht nur Familie Krebs hat Spaß daran, Zeit im Gehege zu verbringen und die Tiere zu beobachten. Freilandhühner sind auch auf dem Land inzwischen ein seltener Anblick. Spaziergänger mit Kindern steuerten deshalb gerne das Grundstück an, berichtet Katja Krebs.
Die Hühner versorgen die Familie nicht nur mit Eiern, sondern auch mit Fleisch. Die Eier reichen für die Familie und ein paar nahe Verwandte. Manchmal bekommen Nachbarn etwas ab. »Wir haben auf jeden Fall mehr Nachfrage, als wir bedienen können«, so Katja Krebs. Im Herbst werden die jungen Hähne geschlachtet. »Die sind so lecker und man hat echt was davon«, sagt Aaron, der sie am liebsten selbst zubereitet. »Nur das Ausnehmen ist bisschen eklig.« Trotz des intensiven Kontaktes mit den Tieren - für Aaron und Leticia ist das der normale Lauf der Dinge. Die Hühner haben ein schönes Leben und irgendwann kommen sie zum Schlachter. Nur Jimmy, der goße Brahma-Hahn, wird eines natürlichen Todes sterben. Er sei »total gechillt« im Umgang mit Mensch und Tier, beschreibt ihn Katja Krebs, und mit zwei Jahren zum Schlachten sowieso zu alt.