Am liebsten malt Bernd Raab mit Aquarell- und Acrylfarben

»Ich schaue ganz anders durch die Welt«, beschreibt Bernd Raab die Auswirkung der Malerei auf sein Leben. Der Vorsitzende des »Kunst- und Kulturkreises Kraniche« kam dazu durch einen Zufall.
Bernd Raab sitzt in den 1990er Jahren in Italien bei einem Kunden und wartet auf dessen Erscheinen. Zwei zart gemalte Aquarell-Bilder einer Pinie und einer Zypresse fangen den Blick des gelernten Fliesenlegers. Georgio Morandi ist der Künstler. Raab nimmt Block und Stift, zeichnet die Motive nach. Es ist der Beginn einer großen Leidenschaft.
Seit drei Jahren Vereinsvorsitzender
»Ich habe mich von den Gemälden inspirieren lassen«, sagt Raab heute. Der 73-Jährige steht im Atelier seines Hauses in Altenstadt-Rodenbach zwischen über 100 Gemälden. Er hat sie alle selbst gemalt. Überall liegen Zeichenblöcke, Leinwände, Pinsel und Farbpaletten. Die kreative Atmosphäre ist spürbar.
Nach diesem Erlebnis in Italien hat Raab zahlreiche Kurse bei »namhaften Künstlern« belegt, wie er sagt. »Und auf einmal waren Galerien, Malereibücher und Kunstvereine interessant«, blickt er zurück. So kam er 2002 zum »Kunst- und Kulturkreis Kraniche« in Florstadt. »Ich hatte es ja auch nie weit von Rodenbach nach Florstadt.« Seit drei Jahren ist er Vereinsvorsitzender der »Kraniche«.
Nach Rodenbach kam Raab durch die Liebe. 1969 lernte er dort beim Karneval seine jetzige Frau kennen. »Sie trug eine Matrosenmütze und ein gestreiftes Shirt. Ich habe sie zum Tanzen aufgefordert«, erzählt er. Als sie verschwand, um pünktlich zu Hause zu sein, wusste er weder ihren Namen noch etwas anderes über sie. Über eine gemeinsame Freundin konnte er den Kontakt dann aber doch herstellen. »Dann glühten die Telefonleitungen«, sagt er und lacht. Im selben Jahr heirateten die beiden, Raab war damals 19 Jahre alt. Ein Jahr darauf wurde er Vater. Mittlerweile hat er zwei Enkel und zwei Urenkel.
Aquarell verzeihe am wenigsten Fehler
Die meisten Gemälde, die in Raabs Atelier stehen oder im Haus verteilt an den Wänden hängen, sind Aquarell- oder Acryl-Gemälde. Besonders Aquarell habe es ihm angetan. »Ich mag die Herausforderung. Aquarell ist nicht ohne. Die Technik verzeiht am wenigsten Fehler. Bei Acryl zum Beispiel malt man im Zweifel einfach drüber.«
Um sich diesen Herausforderungen immer wieder zu stellen, übernimmt Raab bei den Workshops der »Kraniche« die Station Aquarell. Die anderen drei Stationen - Pastell, Töpfern und Zeichnen - übernehmen andere Vereinsmitglieder. Besonders junge Menschen möchten Raab und die anderen 42 »Kraniche« dabei für sich und die Kunst gewinnen. So oder so sei aber jeder willkommen - »ungeachtet jeglicher Behinderungen. Wir wollen allen Menschen eine Chance geben.«
Bei Raab können sich die Teilnehmer an der Aquarell-Technik mit nicht deckenden Wasserfarben probieren. Austesten sei dabei die oberste Priorität. »Ganz zur Not, dreht man’s um und macht’s neu«.«
Durch die Malerei ist der Blick des 73-Jährigen im Alltag »deutlich geschärfter«, wie er sagt. Formen und Perspektiven zu erfassen, Licht und Schatten zu erkennen. Raab hält seine Eindrücke neben Leinwänden auch auf Fotos fest.
Von Landschaften bis zu Abstraktem
Mit seinen eigenen Werken mache er so viele Ausstellungen wie möglich. Die »Kraniche« hingegen haben einmal im Jahr eine große Ausstellung. Sie findet in diesem Jahr am Wochenende vom 13. bis 15. Oktober im Bürgerhaus Stammheim statt. Das Thema ist »Sehnsucht«.
Um seinen eigenen Stil zu kreieren, gehe Raab gern in Galerien. »Ich brauche immer Bewegung und Innovation. Der eigene Stil entwickelt sich ja auch permanent weiter«, sagt er. Neben Landschaften und Stillleben bringt er auch gern abstrakte Motive auf die Leinwand. »Wer die Grundlagen beherrscht, kann auch abstrakt malen.«
Mal mache er eine Vor-Skizze, bei anderen Malereien kämen die Ideen intuitiv. So oder so ist für ihn aber der schönste Moment der, bevor er mit dem Malen beginnt. »Der Reiz einer weißen Leinwand ist wahnsinnig groß«, sagt Raab. »Sie baut Spannung in mir auf, loszulegen.«
INFO: Teil 13 der Serie (Mit-)Menschen
Jeden Tag begegnen wir Menschen, die uns zwar vertraut sind, die wir aber gar nicht kennen. Ihre Geschichten, Berufe oder Hobbys bleiben uns verborgen. Wir haben uns vorgenommen, das zu ändern. In unserer Serie »(Mit-)Menschen« wollen wir einige dieser Wetterauer vorstellen.