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Anja Zimmer stellt Nachkriegsroman »Hoffnung aus Papier« vor

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Buchautorin Anja Zimmer (links) sowie ihre musikalische Begleitung, Erika Drogi-Haas und Frank Gabian, erfreuten viele Besucher im Schottener Heimatmuseum. © pv

Liebe, Freundschaft und Hoffnung: Darum dreht es sich in Anja Zimmers Nachkriegsroman »Hoffnung aus Papier«. Den hat sie im Rahmen einer Lesung im Schottener Heimatmuseum vorgestellt.

Schotten (red). Wieder einmal hat der Vogelsberger Kultur- und Geschichtsverein ins Heimatmuseum zu einer Veranstaltung eingeladen.

Die liebevoll gestalteten Räume bildeten den perfekten Rahmen für die gut besuchte Lesung von Anja Zimmer aus ihrem Roman »Hoffnung aus Papier« - begleitet vom Gesang von Erika Drogi-Haas mit ihrem klaren und ausdrucksvollen Sopran und dem Bass und der Gitarre von Frank Gabian.

Anja Zimmer erzählt in ihrem Buch die Geschichte ihrer Großeltern, unterteilt in verschiedene Episoden.

Die einzelnen Teile des Vortrags wurden durch passende Liedbeiträge miteinander verbunden. Zimmer stammt aus Lauter, einem Stadtteil von Laubach, im Buch »Klarenbach« genannt.

Bewegendes Flüchtlingsschicksal

Nach dem bekannten Lied »Lili Marlen« erzählt sie vom Abschied ihres Opas Reinhard von Frau und Kind - ihrer Mutter - der nach einem Heimaturlaub wieder in den Krieg ziehen muss.

Er wird begleitet von seinem Freund Paul, der sich in eine Frau verliebt hat, die von Treue wenig hält. Schon als sie ihm aus dem Fenster zum Abschied winkt, hat sie einen neuen Liebhaber im Haus. Passend dazu folgt das Lied »Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre« von Marlene Dietrich.

Dann steht eines Abends bei Pauls Eltern ein Flüchtling aus Breslau vor der Tür. Es ist die hochschwangere Maria, deren Kind kurz darauf auf die Welt kommt.

Der Pfarrer kommt, um das Kind zu taufen, aber Maria ist katholisch - und so ein Kind kann der protestantische Geistliche unmöglich taufen. Das übernimmt dann die praktisch veranlagte Hulda, die auch geholfen hatte, das Kind auf die Welt zu bringen.

Allerdings gibt es noch ein Problem, wie Maria dem neuen Pfarrer - der alte ist in Rente gegangen - gesteht. Das Kind ist unehelich. In der Nachkriegszeit ein unverzeihlicher Makel. Sie wurde vom Sohn ihres Arbeitgebers, einem adligen Grundbesitzer im Osten, verführt. Aber er lässt sie brutal im Stich.

Bei Pauls Eltern findet sie aber eine liebevolle Aufnahme und das Geheimnis der unehelichen Geburt wird von ihnen gewahrt. »Ich hab geträumt vor langer Zeit« - die deutsche Version von »I dreamed a dream« aus dem Musical »Les Misérables« beschreibt zutreffend ihre Gefühle.

Überleben steht an erster Stelle

Nach der Pause geht die Handlung in der Nachkriegszeit weiter. Eingeleitet wir dieser Teil durch das Lied »Sag mir, wo die Blumen sind«, und Zimmer schildert kurz die traumatischen Erlebnisse von Opa Reinhard in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, wo er auf den Rheinwiesen ohne festes Dach über den Kopf interniert war, bei völlig unzureichender Nahrung.

Zum Glück hatte er seine Plane nicht weggeworfen wie viele andere, sodass er in der Lage war, mit drei anderen ein Schutzzelt gegen Regen und Kälte zu errichten, wobei sie noch einen Schicksalsgenossen aufnahmen, der quer am Eingang lag.

Wieder zu Hause steht das Überleben an erster Stelle. Im Dorf war zwar nichts zerstört, aber die Landwirtschaft lag darnieder und musste erst mühsam wieder in Gang gebracht werden.

Die desillusionierten und ausgemergelten Kriegsheimkehrer mussten wieder Tritt fassen. Mit dem berührenden Lied: »Pur ti miro« von Monteverdi aus der Oper »Poppeas Krönung« wurden ihre Gefühle beschrieben.

Wirsthaus als Nachrichtenbörse

Im Dorf gibt es einen zentralen Treffpunkt, die Wirtschaft von Agathe, einer überzeugten Nationalsozialistin, die bis zum Einmarsch der Amerikaner an den Endsieg glaubte.

Hier ist die Nachrichtenbörse des Ortes, wobei alle Neuigkeiten, unter dem Siegel der Verschwiegenheit weitererzählt, sofort die Runde machten.

Insofern ist Agathe zu Tode beleidigt, als sie die Nachricht einer bevorstehenden Hochzeit im Ort erst ganz zum Schluss erreichte. Sie wird von zwei GIs abgeführt, als sie, angestachelt von dem Dorf-Faktotum Hulda, den Nazigruß zeigt.

Mit »Bei mir bist Du schön« und einer Zugabe endete der nachdenkliche aber zugleich vergnügliche Abend.

Die Vorsitzende des Geschichtsvereins, Jutta Kneißel, dankte den Vortragenden, aber auch den Initiatoren des Förderprogramms der Bundesregierung »Demokratie leben«, ohne deren Unterstützung diese Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre.

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