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Anklage: Schwerer Fall von Vergewaltigung

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VON MICHAEL GIERS

Büdingen. Ein schwerer Fall von Vergewaltigung in der Ehe wurde vor dem Amtsgericht Büdingen unter Vorsitz von Richterin Barbara Lachmann eröffnet. Er zeigte schon zu Beginn auf, mit welch aufwendigen Maßnahmen sich die deutsche Justiz konfrontiert sieht, wenn es sich bei den Betroffenen um Menschen aus dem arabischen Sprachraum handelt.

In diesem Fall ging es nach der Prozessordnung sogar ans Eingemachte: Darf das mutmaßliches Opfer während des Verfahrens das Zeugnisverweigerungsrecht für sich in Anspruch nehmen? Dies steht einer Ehefrau im Prozess gegen ihren Mann normalerweise zu. Oder aber gilt eine Ehe, die im Irak geschlossen wurde, hierzulande nur im Zusammenwirken mit deutschen Dokumenten als eine solche? Dies stellte Staatsanwalt Tom Bayer in den Raum. Die Frau am Zeugentisch ließ jedenfalls wissen, sie würde, wenn dies tatsächlich möglich ist, nichts zur Sache sagen. Der Staatsanwalt hingegen verwies darauf, dass dies so einfach nicht gehe, weil ein vom deutschen Staat anerkanntes Gültigkeitsdokument für die Ehe nicht vorliege.

Abbruch der Beweisaufnahme

Der Richterin blieb nichts anderes übrig, als die Beweisaufnahme abzubrechen, um in dieser Sache rechtssichere Klarheit zu erlangen. Ob das gesamte Verfahren neu angesetzt werden muss, wird sich zeigen, denn eine Fortführung müsste innerhalb der nächsten drei Wochen erfolgen (so gibt es die Prozessordnung vor), was bei der Festsetzung schwierig wird, weil etliche Beteiligte betroffen sind - neben den Zeugen auch zwei Dolmetscherinnen und eine neu verpflichtete Rechtsanwältin, die sich noch in die Aktenlage einarbeiten muss. Sie wurde vom Gericht aktuell bestellt, weil die Ehefrau zuvor nicht wusste, dass dieses Verfahren auch auf ihr eigenes Schicksal und das ihrer Kinder Auswirkungen haben könnte. Deswegen hatte sie zunächst auf Rechtsbeistand verzichtet.

Welch naive Auffassungen von deutschem Recht der 39-jährige Angeklagte, der sich in der Hünfelder Vollzugsanstalt in Strafhaft befindet, an den Tag legt, wurde während seines Auftritts auf der Anklagebank im Büdinger Amtsgericht deutlich. Richterin Lachmann musste ihn mehrfach maßregeln, weil seine Einlassungen weder vom sachlichen Inhalt als auch von der Lautstärke beim Ton zu akzeptierende Grenzen übertrafen. Sein kurioser Vorschlag an die Vorsitzende: Wenn man bei der ganzen juristischen Aufarbeitung vor Gericht halt nicht weiterkomme, möge man ihn doch mit seiner gesamten Familie in den Irak abschieben. Und zwar sofort. Die Ehefrau will das aber auf gar keinen Fall.

Mögliches Strafmaß

Denn dabei vergaß der bullige Mann mit dem Bürstenhaarschnitt offenbar, dass auf ihn nach der durch den Staatsanwalt erstellten Anklage eine saftige Haftstrafe warten könnte. Paragraf 177 des Strafgesetzbuchs hinsichtlich sexuellen Übergriffs, sexueller Nötigung und Vergewaltigung besagt nämlich: Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt, wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Da hier auch die Körperverletzung (Paragraf 223) Anwendung finden könnte, soll nach Auffassung von Staatsanwalt Bayer Paragraf 52 zum Tragen kommen: Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

Wobei das, was in Büdingen passiert sein soll, und vom Staatsanwalt in kurzer und prägnanter Form vorgetragen wurde, ziemlich brutale Züge aufweist. Demnach sei die Familie an jenem Tag deswegen zusammengekommen, um mit den Vätern von Ehefrau und Ehemann in der arabischen Heimat telefonisch zu besprechen, wie es weitergehen soll in der Beziehung auf Büdinger Boden. Nach diesem Telefonmeeting habe sich der Beschuldigte die Kleidung ausgezogen und seine Frau unter Anwendung erheblicher Gewalt, insbesondere im Gesicht, zum Sexualverkehr gezwungen. Das mutmaßliche Opfer habe dabei lautstark und vielfach um Hilfe gerufen, was erst nach Erduldung der Pein und durch das Eintreffen von Polizeikräften umgesetzt werden konnte.

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