Anlieger hoffen auf eine Baustraße

Familie Ciba und Katharina Ahl schwant Böses, wenn sie an das neue Bauvorhaben am Haus am Landgrafenteich denken. Sie rechnen mit einer enormen Verkehrsbelastung und reichlich Lärm.
Die Roland-Krug-Straße, die von der Kurstraße in Richtung dem Haus am Landgrafenteich führt, ist nicht besonders breit, etwa fünf Meter, an manchen Stellen etwas offener. Parkende Pkw bilden auf der rechten Seite eine Kette, auf der gegenüberliegenden Seite ist Halteverbot. Ein paar Personen - teils in Rollstühlen - bewegen sich ortsauswärts. Einige Minuten später kommt ein älteres Ehepaar in Nordic Walking-Ausrüstung auf dem Gehsteig entlang, weicht auf die Fahrbahn aus. Auch vor dem Haus am Landgrafenteich, in dem die Behindertenhilfe Wetterau ansässig ist, sind fast alle Parkplätze besetzt, viele Autos stehen auf der Straße. Die Fahrbahn ist zugleich Radweg, der R4 führt hier entlang.
Wohnraum für 200 bis 275 Personen
Das Haus am Landgrafenteich, gebaut 1978, soll bald Vergangenheit sein und in Etappen abgerissen werden. 2021 hat die Adolf Lupp GmbH und Co. KG die Immobilie von der Behindertenhilfe Wetterau gekauft und plant auf dem 2,4 Hektar großem Areal ein neues Wohngebiet mit 102 Einheiten in Einzel-, Doppel-, Mehrfamilienhäusern und einem Appartementhaus sowie eine Betreuungseinrichtung für die Behindertenhilfe mit Inklusions-Café und einer Kindertagesstätte.
In dem neuen Komplex könnten 200 bis 275 Personen wohnen. Die Zufahrt ist über die Roland-Krug-Straße geplant. Laut Verkehrsuntersuchung sind 117 Stellplätze und täglich zusätzliche 900 Fahrten für Wohnen, Wohnheim, Kita und Gewerbe einkalkuliert. Im Flächennutzungsplan ist der Bereich bisher als Sonderkurfläche ausgewiesen, soll nun in ein allgemeines Wohngebiet umgewandelt werden. Bis 3. Februar lag der Vorentwurf des Bebauungsplans »Die Kurstraße« in Bad Salzhausen öffentlich aus.
Familie Ciba hat 2017 das letzte Haus von der Kurstraße kommend auf der rechten Seite gekauft und bangt insbesondere vor der Verkehrsproblematik. Auf der Roland-Krug-Straße sei aufgrund der Enge und Auslastung eigentlich nur ein einspuriger Verkehr möglich, ist das Ehepaar überzeugt. Komme der Baustellenverkehr hinzu, sei über mehrere Jahre mit einer großen Behinderung und einer enormen Lärmbelästigung zu rechnen. Und das nicht nur für die Anwohner, vermuten sie. Ein Rückstau könnte bis zur Einfahrt Kurstraße/Roland-Krug-Straße reichen und insbesondere für Krankentransporte zu den Kliniken zum Verhängnis werden. Dass das Haus am Landgrafenteich komplett neu und größer ersetzt und nicht saniert werde, können die Anwohner in Anbetracht des allgemeine Rufs nach Ressourcenschonung nicht verstehen.
Eine Bushaltestelle ist nicht geplant
Katharina Ahl hat vor einigen Jahre ein Baugrundstück in der Roland-Krug-Straße gekauft. Neben den Auswirkungen auf Natur und Umwelt, der Nutzung und anderem kritisiert auch sie die Berechnung des künftig zu erwarteten Verkehrs. Die kalkulierten Zahlen sieht sie als viel zu niedrig und viele Stellen als nicht nachvollziehbar an. Sie vermisst die Berücksichtigung der Kliniken und glaubt auch nicht daran, dass der Einfluss des geplanten Wohngebiets West auf die Verkehrssituation nur - wie in der Untersuchung beschrieben - »geringfügig« sei. Auch die Anzahl der Fahrten für den Kindergarten und für alltägliche Besorgungen hält sie für zu knapp. Laut Untersuchung erhöht sich das Verkehrsaufkommen in der Roland-Krug-Straße um 325 Prozent. Eine Bushaltestelle ist auf dem Gelände, das bestätigt die Stadt Nidda auf Anfrage dieser Zeitung, nicht geplant.
2015 fragte Katharina Ahl bei der Stadt nach, welche Möglichkeiten sie habe, mit einem geplanten Haus auf ihrem Grundstück deutlich näher an die Straße zu rücken. Mit dem Hinweis auf das Stadtbild wurden ihr keine großen Hoffnungen gemacht. Ähnliche Einschränkungen hatte Familie Ciba erfahren, als es um die Verkleidung ihres Carports ging. Der Blick in den Park dürfe nicht verstellt werden, um dem Kurcharakter zu entsprechen. Das »Lupp-Village« wie sie das Projekt bezeichnen, wirke klotzig und würde zum Beispiel deutlich näher an die Straße gebaut als das bisherige Gebäude. Katharina Ahl: »Es geht nicht, dass der Bauherr allen anderen etwas zumutet und er sich selbst herausnimmt.«
Sowohl Familie Ciba als auch Katharina Ahl fordern mindestens eine Baustraße für die Zeit der Arbeiten. Die sehen sie über einen Feldweg, der über das Gelände der Familie Lupp führt, realisierbar, ebenso wie dessen weitere Nutzung als offizielle Zufahrt. Die Aussage von Sina Lupp im August, dass ihre Baustelle den Ort nicht tangiere und nur drei Personen unmittelbar davon betroffen seien, stößt Walter Ciba bitter auf.
