Aschenbrödel schwarzhumorig

Schotten (sw). »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel« - Wer kennt es nicht, das kultige Weihnachtsmärchen, 1973 als Film in der damaligen Tschechoslowakei und in der DDR gedreht. Die Originalfassung gehört alljährlich zum festen Weihnachtsprogramm der Fernsehsender.
Die rührselige Geschichte um den Prinzen auf Brautschau, das liebe Aschenbrödel und die böse Stiefmutter einmal ganz anders erzählt - das konnten die Besucher bei einem »bezaubernd heimeligen Abend« im Vulkaneum mit »Aurora DeMeehl & Herr Schmidt« (Jochen Werner und Hans-Joachim Schmidt) erleben. Das Comedy-Duo aus Darmstadt gastierte mit seinem Travestietheater bereits im Juli im Alteburgpark.
Für die Weihnachtszeit hatten sie ein neues, mehr als 90-minütiges Programm mitgebracht, neben »Aschenbrödel« noch neu getextete adventliche Lieder und herzerwärmende, aber auch herzzerreißende Geschichten und Einblicke in das Privatleben der starken Frau, die hinter dem Weihnachtsmann steht.
Gutherzige Stiefmutter
»Drei Schüsse auf Aschenbrödel« - das Duo hat nicht nur den Titel umgeschrieben. Auch die Charaktere der tragenden Personen. Aschenbrödel ist jetzt die Böse, die verwöhnte Tochter des Gutsherrn, der Aschenbrödels Stiefmutter, eine gutherzige Frau, durch eine Kontaktanzeige im »Winzerjournal« gefunden hat. Aschenbrödel, die sich nichts sagen lässt, geht der Stiefmutter ständig auf die Nerven.
Die beschließt, die störrige Stieftochter los zu werden. Als Aschenbrödel am Teich mit der Wäsche beschäftigt ist, ist die Gelegenheit günstig. Die Stiefmutter zielt mit der Armbrust, doch nicht gut genug. Statt Aschenbrödel, wie erhofft, fällt ein unschuldiges Eichhörnchen vom Ast.
Doch damit nicht genug. Die Stiefmutter will das schwierige Kind unter die Haube und damit aus dem Haus bringen. Gelegenheit dazu ist beim Ball im königlichen Schloss, bei dem Aschenbrödel die Braut des Prinzen werden soll. Dabei nutzt »Kleinrösschen«, das ebenfalls eine Auge auf den Prinzen geworfen hat, die Situation, um die Mitbewerberin auszuschalten. »Sie holt aus ihren Handtäschen das geladene Taschenarmbrüstchen«, liest Aurora de Meehl aus dem Märchenbuch vor. Doch der Schuss geht erneut fehl. Ein Page wird getroffen, das böse Aschenbrödel bleibt verschont.
Ein Ende mit Querschläger
Es kommt zum Höhepunkt des Märchens in der Neufassung - den dritten Schuss. Den veranlasst der Prinz selbst. Aschenbrödel hat zur Bedingung für eine Hochzeit gemacht, dass ihr der Bräutigam alle Wünsche erfüllt. »Das hatte ich mir anders vorgestellt. Ich bekomm Panik«, sagt der frustrierte Heiratsanwärter. Er beauftragt seinen Chefkanonier, während des Saluts für die Hochzeitsgesellschaft ihn durch einen Querschläger zum Witwer zu machen.
Doch auch dieser Plan geht nicht auf. Der Querschläger trifft nicht seine Braut Aschenbrödel, sondern den Dom. Das ehrwürdige Gebäude stürzt ein und begräbt alle Gäste unter sich. Königin Aschenbrödel aber überlebt.
Aurora DeMeehl ist auch die starke Frau, die mit dem Weihnachtsmann verheiratet ist. »Ich räkelte mich an Heiligabend im knappen Babydoll auf einem Bärenfell. Da kam er mit Getöse durch den Kamin«, erinnert sich der Komödiant. »Der hatte dann ein bisschen Intimdurchblutung und kam durch den engen Schacht nicht mehr zurück.« Inzwischen seien sie ein glückliches Paar mit einem kleinem Häuschen am Nordpol und ein paar Tiefkühltruhen wegen dem Klimawandel. »Die lassen wir immer offen stehen, damit’s ein bisschen kühler ist.«
Vielseitig ist auch das Liedrepertoire, das das Duo anstimmt und dabei die Besucher zum Mitsingen motiviert. Zur »Glühweinkerb« (Weihnachtsmarkt) in Darmstadt mit einem örtlichen Akteur passt das Seefahrer-Shanty »What shall we do with the drunken Sailor« mit dem neuen Refrain »Trink noch einen Glühwein, Norbert, das kann gar nicht schaden«.
Auch vor drastischen Wortspielen scheut das Duo nicht zurück. In Anspielung auf die vielen Schönheitssalons bekommt das Kinderlied »In der Weihnachtsbäckerei« einen neuen Anstrich: »In der Fratzenschneiderei« geben Jochen Werner und Hans-Joachim Schmidt vor - am Ende ihres sehr unterhaltsamen kurzweiligen Abends, der eine Bereicherung des kulturellen Angebotes in Schotten darstellt.