Auch auf Festplätzen in Hirzenhain und Glauberg wären Zeltstädte für Geflüchtete möglich

In Bindsachsen könnte der Festplatz zur Zeltstadt werden, in der Geflüchtete überwintern. Gleiches wäre auch in Glauberg und Hirzenhain möglich. In Merkenfritz steht der alte Kindergarten bereit.
Zwergenschloss stand mal mit bunten Lettern über der Zugangstür. Einige davon haben bereits das Zeitliche gesegnet. Auf einer Tafel steht in erhabener Schrift: »Diesen Kindergarten hat die Gemeinde mit Hilfe der Hessischen Landesregierung geschaffen. Er dient der Erziehung, dem Spiel und der Erholung, der Bildung, der Gesundheit, dem Wohle der Jugend. Hirzenhain, im September 1974.« Kinder werden in dem schmucken Gebäude mit Türmchen samt Uhr schon seit einigen Jahren keine mehr betreut. Möglicherweise aber bereits in wenigen Wochen Menschen, die eine Flucht hinter sich haben.
Optionen in Hirzenhain
Die Gemeinde Hirzenhain würde im Notfall dem Wetteraukreis den ehemaligen Kindergarten in Merkenfritz als Unterkunft für Geflüchtete zur Verfügung stellen. Dort könnten nach Auskunft von Bürgermeister Timo Tichai etwa 20 bis 22 Personen unterkommen. Eine weitere Option ist der Hirzenhainer Festplatz: Das Areal wäre geeignet, um Zelte und Container aufzubauen, in denen der Kreis Flüchtlinge im Winter unterbringen könnte, wenn es erforderlich wäre. Tichai, ein ruhiger und betont sachlicher Mann, erklärt im Gespräch mit dieser Zeitung: »Ich habe angesichts der aktuellen Situation richtig Bauchschmerzen. Eine Zeltstadt will ich eigentich niemandem zumuten. Weder der Bevölkerung unserer Gemeinde noch den Menschen, die unter Umständen dort monatelang ausharren müssen.«
Der Bürgermeister erzählt die gleiche Geschichte wie die Amtskolleginnen aus Ortenberg und Kefenrod. »Der Wetteraukreis lässt uns gar keine Wahl. Wir sind gezwungen, im Notfall mitzuhelfen.« Tichai möchte nicht falsch verstanden werden: »Wir sind solidarisch und wollen ja helfen. Das machen wir seit Jahren. Es gibt aber Grenzen dessen, was eine Gesellschaft zu leisten imstande ist.« Er fordert klare Entscheidungen auf Bundesebene, damit die kleinsten aller Einheiten, die Kommunen, das schwächste Glied der Kette, endlich entlastet werden.
Hirzenhain zählt zu den Gemeinden, die statistisch gesehen in der Wetterau ein Defizit in der Aufnahme von Geflüchtete aufweisen. Sieben Menschen aus der Ukraine leben aktuell im Rathaus, sechs in Glashütten. In einem Gebäude an der Klostermauer hat zudem der Kreis 16 Menschen aus anderen Kriegs- und Krisengebieten einquartiert. In der Sitzung der Gemeindevertreter am Montag, 12. Dezember (Bürgerhaus Glashütten, 19.30 Uhr), will der Bürgermeister öffentlich zum Thema Stellung beziehen. Im Haupt- und Finanzausschuss sind die Entscheidungen pro Kindergarten und Festplatz, die Tichai gemeinsam mit dem Gemeindevorstand getroffen hat, bereits diskutiert worden.
Festplatz neben Bahnhof
In der Gemeinde Glauburg, die wie Kefenrod und Hirzenhain zu den kleinsten im Wetteraukreis zählt, schildert Rathauschefin Henrike Strauch Ähnliches. Der Landrat erwartet für den Notfall Optionen. Dort kämen eine private Liegenschaft in Stockheim und der Glauberger Festplatz neben dem Bahnhof infrage. »Ein Areal«, so die Bürgermeisterin, »das sich bestimmt gut für Hallen in Leichtbauweise und für Container eignet.« Wie viele Menschen im Winter in der Gemeinde ein Obdach bekommen, wann und ob überhaupt welche kommen - das könne derzeit niemand sagen. »Der Landrat hat keine Zahlen und keinen Zeitpunkt genannt.«
Auch in der Gemeinde Limeshain sollen Menschen aufgenommen werden. Bürgermeister Adolf Ludwig will sich auf Nachfrage dieser Zeitung dazu aber nicht äußern. Somit bleibt die Frage offen, wo im Fall der Fälle in Hainchen, Himbach oder Rommelhausen kurzfristig Unterkünfte geschaffen werden.
In Kefenrod dagegen gibt es auf der Straße, in der Nachbarschaft und in den Betrieben seit einigen Tagen kein anderes Thema, das mehr Emotionen hervorruft. Flugblätter an den Bushaltestellen, am Hofladen und am Sportheim - möglichst viele Menschen sind aufgerufen, an diesem Donnerstag die Zusammenkunft der Gemeindevertretung (Bürgerzentrum Holzwich, Helfersdorf, 19 Uhr), zu besuchen - weil es eben alle betrifft. Die AfD hat sich angekündigt, will am Abend Unterschriften sammeln - mit allen Mitteln wird versucht, den Festplatz neben dem Sportgelände als möglichen Ort für eine Flüchtlingsunterkunft zu verhindern.
Was ist dran an Facebook-Post?
Auf Facebook macht indes ein Post die Runde, der Landrat habe in der Kefenroder Grundschule angerufen und der Schulleitung mitgeteilt, dass die Turnhalle mit Flüchtlingen belegt werde, sollte der Festplatz Bindsachsen auf Ablehnung stoßen. Volkmar Heil, Ortsvorsteher des betroffenen Dorfes, ist fassungslos. »Da werden Ortschaften und Menschen gegeneinander ausgespielt. Kefenrod gerät zum Spielball der Emotionen.«