Auf Weg in die Moderne

Bad Nauheim (hms). Im Badehaus 3 wurde am Freitag die neue Ausstellung mit Objekten der Sammlung Geißler eröffnet. Es ist die Fortsetzung und Erweiterung der Stilwende 1900 mit einem Ausblick auf die Moderne um 1930. »Bad Nauheim ist mit seinen Jugendstilanlagen nach wie vor Anziehungspunkt. Da dürfen solche wertvollen Räume wie die Badehäuser nicht leer stehen«, sagte Landrat Jan Weckler, Schirmherr der Ausstellung Stilwende 2.
0. Er dankte dem Jugendstilverein, dass dieser sich des Erbes annehme. Auch das Jugendstilforum leiste überregional wertvolle Arbeit, wie man im Badehaus 3 sehe. Dies sei es wert, weiterentwickelt zu werden.
Tatsächlich wächst die Aufmerksamkeit für die Ausstellungen der Sammlung Geißler - dies ist die dritte - stetig, was an den Besuchern weit über die Wetterauer Grenzen erkennbar ist. Der Kurort war früher in aller Welt berühmt, denn auf einem der alten Ausstellungsplakate ist sinngemäß zu lesen: Wenn Sie etwas über Bad Nauheim erfahren wollen, schauen Sie hier - mit dem Vermerk New York - vorbei.
Gerhard Bennemann, Vorsitzender des Jugendstilvereins, wollte von Frank Thielmann, dem Vorsitzenden der Stiftung Sprudelhof, wissen, wie es mit dem Badehaus 3 weitergehen werde. Dieser bekannte sich klar zur Nutzung durch das Jugendstilforum und schloss die Überlegung an: »Die Frage ist, wie sich die Stiftung selbst in der Trägerschaft sinnvoll engagiert. Das entscheidet das Kuratorium.« Erster Stadtrat Peter Krank bestätigte seine volle Unterstützung als Kulturdezernent.
Thielmann, der einen kurzen Abriss über den Stand der Baumaßnahmen im Sprudelhof anfügte, stellte in Aussicht, dass mit der Restaurierung des Badehauses 7 das dortige Fürstenbad und die Solebehälter als Industriedenkmal erhalten und gezeigt werden würden. Es seien jetzt schon wieder Gästeführungen durch den Sprudelhof möglich.
Nach so viel positiven Aussichten gab Sammler und Kurator Manfred Geißler einen Überblick über die »Stilwende 2.0 - Wege in die Moderne«. Er betonte, es gebe nicht den einen Jugendstil, sondern viele und immer wieder eine Wende. Mit zerbrechlichen Schönheiten, wie sie zur Vernissage im Foyer mit zwei Frauenfiguren zu sehen waren, beginnt der erste Raum.
Ausgangspunkt ist München, wo die Zeitschrift »Die Jugend« herausgegeben wurde, von der der Jugendstil seinen Namen hat. Es folgt Darmstadt. Erst vor Kurzem habe er ein seltenes Besteck des Designers Joseph Maria Olbrich erworben. Geißler, selbst Wahlkölner, fühlt sich den folgenden westdeutschen Werkstätten sehr verbunden. Den größten Raum nimmt das Schmuck und Silberkabinett mit einer Vielzahl von Gürtelschließen ein.
Im gegenüberliegenden Flur geht es nach Frankreich und England. Reich bestückt sind die Vitrinen mit zauberhaften Glasobjekten aus Nancy. Stolz zeigt Geisler eine Lampe mit Tiffanyschirm aus der Pariser Galerie L’Art Nouveau, die zu Beginn der 20. Jahrhunderts den Alleinvertrieb für Tiffany hatte. Er habe sie erst vor wenigen Tagen erworben und könne sie nicht mehr in die Ausstellung integrieren. Den Abschluss macht eine Preview auf die Moderne mit Bauhaus-Reflexionen, Modegrafiken und der Leihgabe eines Original Freischwinger-Stuhls.
Eine Besonderheit stellte die Historikerin Anja Kircher-Kannemann vor: Die auf Tafeln zu Exponaten und Wirkungsstätten eingefügten Lebensläufe von kreativen Frauen. »Die neue Frau war verknüpft mit Sportlichkeit und Unabhängigkeit, in ihrer kreativen Arbeit wurde sie aber übersehen«, erzählt sie. In Wien tat man sie ab als »Wiener Weiberl Kunst« obwohl 180 Frauen in den Werkstätten arbeiteten. Die Textilkünstlerin Ella Margold zum Beispiel entwarf das Corporate Design von Bahlsen, obwohl ihr Mann Emanuel Josef den Auftrag erhalten hatte. Einige Dosen sind ausgestellt. Und auch die berühmteste Tiffanylampe stammt von einer Frau aus seiner Werkstatt.
Inspiriert von diesen verschwiegenen Frauen und den Wäscherinnen im Kurbad hat Kircher-Kannemann einen Zusatzraum gestaltet, der die Frau nach der Jahrhundertwende in Bad Nauheim dokumentiert. Stilgerecht fügten sich in die Vernissage der Pianist Georg Klemp mit einem Stück von Maurice Ravel ein und die Tanzgruppe »Magic Women« mit einem Charleston. Bennemann verabschiedete danach noch Hiltrud Hölzinger, die sich nach vielen Jahren aus dem Vorstand zurückzieht.

